Tag der dänischen Verfassung

„Die Loyalitätserklärung ist quasi unser Grundgesetz“

„Die Loyalitätserklärung ist quasi unser Grundgesetz“

„Die Loyalitätserklärung ist quasi unser Grundgesetz“

Bollersleben/Bolderslev
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Grundgesetzfeier in der beschaulich gelegenen Versammlungsstätte „Urnehoved Tingsted" bei Bollersleben Foto: Karin Riggelsen

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Zwei Gastredner gab es bei der traditionellen Grundgesetzfeier an der altehrwürdigen Versammlungsstätte „Urnehoved Tingsted“ bei Bollersleben. Der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, brachte am dänischen Nationalfeiertag die deutsche Minderheit in Relation.

„Vielen Dank für die Einladung…“.

Auf Deutsch begann Hinrich Jürgensen, Vorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), bei der Grundgesetzfeier am 5. Juni an der historischen Versammlungsstätte „Urnehoved Tingsted“ bei Bollersleben seine Ansprache.

Dass er es als Festredner am dänischen Nationalfeiertag tat, schien so manchem der rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörer zu verwundern, um es gelinde auszudrücken.

Jürgensen schwenkte dann umgehend ins Dänische und dann in den nordschleswigschen Dialekt um. Den kleinen Spaß konnte er sich nicht verkneifen, und das Publikum quittierte es mit einem erleichternden Lachen.

Gute Stimmung bei den Gastrednern. Links Hinrich Jürgensen, rechts Benny Engelbrecht Foto: Karin Riggelsen

Schon bei der Grundgesetzfeier vor einigen Jahren in Tingleff (Tinglev) hatte der Hauptvorsitzende für solch einen kleinen „Schreckmoment“ gesorgt.

Selbst auch ein „Sønderjyde"

Er sei selbst ja auch ein Nordschleswiger – ein „Sønderjyde“, der der deutschen Volksgruppe angehört, sagte Jürgensen.

Das BDN-Oberhaupt erwähnte, dass sich seine Familie in der Geschichte des Grenzlandes und vor allem seit der Grenzziehung 1920 nach dem Ersten Weltkrieg in eine deutsche und eine dänische Seite spaltete.

„Verglichen mit anderen Gebieten in Europa war es eine friedliche und beispiellose Grenzziehung, auch wenn Familien wie meine gespalten wurden“, so die Worte des Hauptvorsitzenden.

Es entstand die deutsche Minderheit, die durch die Machtübernahme Hitlers neue Hoffnung auf eine Revision der Grenze schöpfte.

„In der Volksgruppe fand eine Nazifizierung statt, das müssen wir einfach erkennen“, so Jürgensen.

Zeitenwende für die Volksgruppe

Mit der Loyalitätserklärung des BDN von 1945, die ein Personenkreis schon 1943 vorbereitet hatte, als sich ein Ende das Naziregimes abzeichnete, habe sich die Situation für die Minderheit grundlegend geändert, so der historische Exkurs des Hauptvorsitzenden.

Nicht nur am Rednerpult zeigte sich BDN-Hauptvorsitzender Hinrich Jürgensen (r.) bei der Grundgesetzfeier gesprächig. Foto: Karin Riggelsen

„Wie steht die Volksgruppe zum Grundgesetz, wie zur Grenzziehung? Diese Fragen wurde mit der Loyalitätserklärung beantwortet. Die Volksgruppe bekannte sich zum Grundgesetz, zum Grenzverlauf und zum Königshaus“, so Jürgensen.

Diese Erklärung sei das Fundament für das heutige friedliche Miteinander von Mehr- und Minderheit und für eine ausbalancierte Minderheitenpolitik, die ihresgleichen suche.

„Die Loyalitätserklärung ist quasi unser Grundgesetz“, sagte der Hauptvorsitzende.

Gute Minderheitenpolitik ist gute Friedenspolitik. Das ist insbesondere bei uns im hiesigen Grenzland so, und darauf können wir stolz sein.

Hinrich Jürgensen

Wenn man sehe, was gerade in der Ukraine passiert, dann zeige es, wie wichtig ein ausgewogenes Minderheitenmodell wie das im deutsch-dänischen Grenzland für Frieden und Freiheit ist, so Jürgensen. Nicht von ungefähr habe man das Grenzland mit dänischer und deutscher Minderheit gemeinsam als immaterielles Kulturerbe vorgeschlagen. Leider habe die UNESCO dieses Prädikat nicht zuerkannt.

„Das ist schade, denn gute Minderheitenpolitik ist gute Friedenspolitik. Das ist insbesondere bei uns im hiesigen Grenzland so, und darauf können wir stolz sein“, hob Jürgensen abschließend hervor.

Das Grundgesetz im politischen Alltag

Benny Engelbrecht (Soz.) ging in seiner Ansprache weniger auf die Geschichte und Bedeutung des Grundgesetzes ein. Er griff vielmehr deren Anwendung und Umsetzung im politischen Alltag auf, dem er als Folketingspolitiker seit 15 Jahren selbst angehört.

Manchmal nehme die Politik allzu viel Raum ein, und es würde daher den Politikerinnen und Politikern, Bürgerinnen und Bürgern und der Presse gut zu Gesicht stehen, wenn man mal innehält, eine politische Flaute hinnimmt und politische Ansätze nicht künstlich aufbauscht, wie es immer wieder der Fall ist, so Engelbrecht.

Benny Engelbrecht Foto: Karin Riggelsen

Nichtsdestotrotz habe es in der Vergangenheit und in der Gegenwart wichtige politische Entscheidungen gegeben, die auf einer breiten Mehrheit fußten, um Krisen zu bewältigen, sagte der ehemalige Transportminister.

Schulterschluss in Krisen

Jüngstes Beispiel seien die Corona-Krise und Auswirkungen des Ukrainekrieges, sagte Engelbrecht und erinnerte an andere bahnbrechende politische Schulterschlüsse des 20. Jahrhunderts.

Angesichts sich nahender Folketingswahlen ließ Sozialdemokrat Bennybrecht auch etwas Wahlpropaganda aufflackern.

Die jetzige Regierung um Staatsministerin und Genossin Mette Frederiksen sei bereit, weiter Verantwortung zu übernehmen, und dabei auf einen breiten Konsens zu setzen.

Er selbst wolle sich dafür einsetzen, dass sich eine möglichst breite Bevölkerungsgruppe für Politik in den Rathäusern, den Regionen und auf Christiansborg engagiere.

Politik nicht nur mit Akademikern

„Es geht darum, den Leuten zu verdeutlichen, dass man nicht weniger qualifiziert für ein öffentliches Amt ist, nur weil man keine akademische Ausbildung hat.“

Benny Engelbrecht, Hinrich Jürgensen und der Vorsitzender von „Urnehovedselskabet", Per Rasmussen, bei der abschließenden Nationalhymne Foto: kjt

Per Rasmussen, Vorsitzender des veranstaltenden Trägervereins „Urnehovedselskabet“, bedankte sich bei den beiden Referenten und überreichte ein Präsent.

In die Grundgesetzfeier waren bei herrlichem Wetter eine Kaffeetafel und auch Musik und Gesang zweier junger Musikerinnen eingebettet.

  

Für die Gäste der Grundgesetzfeier wurden verschiedene Kuchensorten aufgetischt. Foto: Karin Riggelsen
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