Gesundheit

Brustkrebs-Operationen in Flensburg: Regionsrat will Möglichkeit nun doch untersuchen

Brustkrebs-Operationen in Flensburg: Regionsrat will Möglichkeit untersuchen

Möglicherweise doch Brustkrebs-OPs in Flensburg

Vejle/Flensburg
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Brustkrebs-Operation
Brustkrebs-Operationen könnten künftig möglicherweise doch in Flensburg durchgeführt werden (Symbolfoto). Foto: National Cancer Institute/Unsplash

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Der Regionsrat in Süddänemark will den Dialog mit den Flensburger Krankenhäusern suchen. Es soll analysiert werden, ob eine gemeinsame Grundlage geschaffen werden kann, Brustkrebs-Patientinnen künftig auch südlich der Grenze zu operieren. Die beiden Grenzland-Parteien wollen sich weiterhin für die Flensburger Lösung einsetzen und sehen sich erneut als Brückenbauer.

Kehrtwende beim Regionsrat Süddänemark (Regionsrådet Syddanmark): Die Region soll nach Beschluss der Mitglieder vom Montag nun doch untersuchen, ob Brustkrebspatientinnen zusätzlich auch in Flensburger Kliniken operiert werden können.

Die Grenzlandparteien, die Schleswigsche Partei (SP) und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), brachten Flensburg frühzeitig ins Spiel, der Gesundheitsausschuss der Region sagte zuletzt jedoch Nein. „Es ist nur richtig und gut so, dass die Region jetzt doch noch einmal überlegt“, so Rainer Naujeck, Vorsitzender der SP, zum „Nordschleswiger“.

„Das ist eine positive Nachricht von der Region und eine Nachricht mit Weitsicht“, sagt auch Christian Dirschauer, parlamentarischer Geschäftsführer der SSW-Landtagsfraktion dem „Nordschleswiger“ am Telefon.

Auf das Nein folgt eine Kehrtwende

Erst vor knapp zwei Wochen hatte die Region zwar betont, sie wolle gern eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit, doch Mette With Hagensen, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, sagte dem „Nordschleswiger“ auch, der Ausschuss sei der Ansicht, dass im Fall der Brustkrebs-Operationen eine Zusammenarbeit mit Flensburg nicht infrage komme. Deutsche und dänische Richtlinien in Einklang zu bringen, hält sie bei derartigen Operationen für hürdenreich. Eine Zusammenarbeit sollte ihrer Auffassung nach nicht in einem solchen Spezialgebiet beginnen.

Zum Hintergrund

  • Ab Dezember werden im Apenrader Krankenhaus keine an Brustkrebs erkrankten Frauen mehr operiert, da schlicht das Personal fehlt.
  • Patientinnen aus den Kommunen Hadersleben (Haderslev) und Tondern (Tønder) werden künftig in Esbjerg (Sydvestjysk Sygehus) behandelt.
  • Patientinnen aus Apenrade (Aabenraa) und Sonderburg (Sønderborg) sollen in Vejle (Sygehus Lillebælt) operiert werden.
  • Das Odense Universitätskrankenhaus (OUH) soll ein weiterer Standort für Patientinnen von der Insel Fünen (Fyn) werden. 
  • Das Krankenhaus Sønderjylland kann weiterhin Aufgaben in der Pathologie, Radiologie und Onkologie übernehmen. 

Möglichkeit der Operation in Deutschland

Zwar ist die Region Süddänemark in der Lage, die Patientinnen aus Apenrade auf die Krankenhäuser in Esbjerg und Vejle zu verteilen, dennoch wird sich die Region in Kürze mit den Flensburger Krankenhäusern in Verbindung setzen, um einen Dialog über eine mögliche Zusammenarbeit bei Brustkrebsoperationen zu führen, heißt es im Bericht der Regionsratssitzung vom Montag. Es gibt jedoch eine Reihe von Überlegungen, die bei Brustkrebsoperationen berücksichtigt werden müssen.

Der Gesundheitsausschuss der Region teilte am Mittwoch mit, dass zunächst eine Umfrage unter den Frauen in Südjütland initiieren werden soll, die in naher Zukunft in Vejle und Esbjerg operiert werden. Die Umfrage soll ermitteln, ob bei den Patientinnen der Wunsch nach einem Angebot in Deutschland besteht, und als Grundlage für die Entscheidung dienen, ob die Region einen Dialog mit den Flensburger Kliniken einleiten soll.

Rainer Naujeck
Rainer Naujeck Foto: Gerrit Hencke

Der SP-Vorsitzende Rainer Naujeck hält die Entscheidung für eine Untersuchung „folgerichtig“. In der Diskussion seien zuvor „alte Argumente“, wie sprachliche Barrieren und rechtliche Rahmenbedingungen, genannt worden. Schon früher hatte es einen Vertrag über die Strahlentherapie dänischer Patientinnen und Patienten in Flensburg gegeben, der im Zusammenhang mit dem Haushalt 2017 gekündigt wurde und Ende 2016 auslief.

Es ist nur richtig und gut so, dass die Region jetzt doch noch einmal überlegt.

Rainer Naujeck

Frauen statt Wirtschaftlichkeit im Mittelpunkt

„Natürlich muss Dänemark in einem solchen Vertrag darauf drängen, dass die Mitarbeiter in Flensburg Dänisch sprechen.“ Am Ende solle es ein freiwilliges Angebot sein und keiner aus der Grenzregion gezwungen werden, nach Flensburg zu gehen, so Naujeck. Vor allem für Frauen im südlichen Teil der Apenrader Kommune würde die Entscheidung für Flensburg eine Erleichterung darstellen. „Es ist sehr wichtig, dass die Patientinnen im Mittelpunkt stehen und nicht die Ökonomie“, so der SP-Vorsitzende.

Er selbst könne nicht beurteilen, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen so einfach übertragbar sind. „Nichtsdestotrotz muss man doch in der Lage sein, die dänischen Regeln dann auch in Flensburg umzusetzen“, so Naujeck. „Deswegen ist es nur richtig und gut so, dass die Region jetzt doch noch einmal überlegt.“

Das ist eine positive Nachricht von der Region und eine Nachricht mit Weitsicht.

Christian Dirschauer

Regionsrat: Eingehende Analyse nötig

Die spezielle Behandlung, die eine Brustkrebserkrankung erfordert, ist laut Region derzeit nur in elf Krankenhäusern in Dänemark nach Genehmigung durch die dänische Gesundheits- und Arzneimittelbehörde möglich. So könne es Unterschiede in den fachlichen Behandlungsrichtlinien zwischen Deutschland und Dänemark geben. „Es bedarf daher einer eingehenden Analyse, bevor festgestellt werden kann, ob es möglich ist, den Eingriff in Deutschland anzubieten“, heißt es in dem Sitzungspapier.

438 Brustkrebs-OPs in 22 Monaten

Das Krankenhaus in Apenrade teilte auf Anfrage mit, dass 438 Brustkrebsoperationen in knapp zwei Jahren, im Zeitraum 1. Januar 2022 bis 31. Oktober 2023 (22 Monate), durchgeführt wurden, bei denen die Patientinnen aus den vier nordschleswigschen Kommunen kamen.

Naujeck sprach in diesem Zusammenhang von einer „schockierend“ hohen Zahl. „Das ist eine Volkskrankheit. Also da gibt es ganz bestimmt auch standardisierte Prozeduren südlich der Grenze.“

Christian Dirschauer
Christian Dirschauer Foto: SSW

Gesundheitsversorgung grenzüberschreitend denken

Christian Dirschauer, parlamentarischer Geschäftsführer der SSW-Landtagsfraktion, sagte dem „Nordschleswiger“ am Telefon, die Gesundheitssysteme beider Länder stünden unter hohem Druck und litten unter Fachkräftemangel. Er hoffe, dass die Gesundheitsversorgung künftig grenzüberschreitend gedacht wird und Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden können. 

Auch Dirschauer sieht in den unterschiedlichen Systemen bis hin zur Abrechnung die größte Herausforderung. „Ich glaube aber auch, dass, wo ein Wille ist, auch ein Weg ist.“ Er werde im Dezember ein Gespräch mit den Klinikleitungen in Flensburg haben, so der SSW-Politiker. „Ich erlebe bislang eine hohe Bereitschaft und offene Türen.“ Blicke man auf die deutschen Krankenkassen, so müsste natürlich das „Tarifsystem zwischen Deutschland und Dänemark übersetzt werden“. 

SSW und SP hatten sich ebenfalls am Montag in der Sache bei einem Arbeitsgruppentreffen beraten. Beide Grenzlandparteien wollen weiterhin für eine grenzüberschreitende Kooperation in diesem Bereich kämpfen. Gemeinsam habe man den Dialog angestoßen, so Naujeck. „Wir sind mal wieder die Brückenbauer.“

 

*Der Artikel wurde am 29. November um 9.30 Uhr um die Umfrage unter Frauen ergänzt

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