Bauprojekt

Apenrader Wohnungsfiasko: Lösung nicht in Sicht

Apenrader Wohnungsfiasko: Lösung nicht in Sicht

Apenrader Wohnungsfiasko: Lösung nicht in Sicht

Apenrade/Aabenraa
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Seit dem 7. Juni sind die sechs Wohnungen am Stegholt nicht mehr betreten worden. Wann die Bewohnerinnen und Bewohner dorthin zurückkehren können, ist noch ungeklärt. Foto: Jan Peters

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Sechs Wohnungen in Strandnähe und mit Fördeblick gelten seit Wochen als unbewohnbar. Die Eigentümerinnen und Eigentümer sind Anfang Juni evakuiert worden. Statiker haben bei der Planung Fehler gemacht, so die Begründung. Jetzt ist jedoch klar, wo mögliche Mängel liegen können. Wer die Verantwortung übernehmen wird, ist jedoch unklar.

Die günstigste Wohnung im Haus am Stegholt, unweit des Apenrader Strandes gelegen, kostete etwa 2,5 Millionen Kronen. Erst kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres sind die sechs Einheiten bezogen worden. Am 7. Juni wurden die Menschen von der Polizei aus dem Haus evakuiert. Die Kommune hatte das entschieden, nachdem das dänische Zertifizierungsunternehmen „Dancert“ gewarnt hatte, dass etwas mit der Statik des Hauses nicht in Ordnung sei.

Was genau dort allerdings „nicht in Ordnung“ sei, durfte „Dancert“ nicht bekannt geben: Es besteht eine Geheimhaltungspflicht.

Die Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer sind seither bei Freunden, Verwandten oder in Hotels untergekommen. Anwalt Jakob Blicher Ravnsbo vertritt sie und forderte kürzlich den Bauherren auf, Verantwortung zu übernehmen.

Hier liegen die möglichen Fehler

Jetzt gibt es jedoch Einblick in den Bericht von „Dancert“. Das berichtet „JydskeVestkysten“. Es fehlt die Dokumentation, dass die Statik des Hauses sicher ist. Die Kräfteverteilung zwischen dem Fundament aus Beton und den drei Etagen aus Holz ist nicht ausreichend überprüft. Es sei nicht bewiesen, dass die Krafteinwirkung der weniger stabilen Wände der oberen Geschosse von den wesentlich steiferen Betonelementen der unteren Etage verarbeitet werden kann.

Der Wohnblock ist unter dem Projektnamen „Strandhäuser“ (Strandhuse) bekannt. Foto: Jacob Schutz/Jydskevestkysten

Zudem empfiehlt „Dancert“, das Verhältnis der Stabilität zwischen der Decke und den tragenden Säulen zu analysieren. Alternativ müsste eine andere Lösung gefunden werden, um die Konstruktion zu sichern. Auch fehle die Dokumentation, dass die Decke über dem Keller, in dem sich die Tiefgarage befindet, stabil genug ist, um die Krafteinwirkung der oberen Etagen zu tragen.

Beispielsweise ist deshalb nicht sicher, dass das Gebäude bei starkem Wind stabil genug ist. Es könnte einstürzen, so die Befürchtung.

Die Kommune Apenrade hat inzwischen einen externen Fachmann beauftragt, der sich die Unterlagen nun genau anschaut.

Schuldfrage ungeklärt

Henning Skriver war der Bauherr des Projekts. Der schiebt jedoch den Schwarzen Peter weiter an das Statikbüro, das für die Berechnungen verantwortlich war. Allerdings gibt es auch dort mehrere Beteiligte: der Statiker, der anfänglich die Berechnungen machte und mindestens einen weiteren, der abschließend seine Unterschrift unter die Statikexpertise gesetzt hatte. Bis heute ist nicht bekannt, was genau mit dem Bau nicht in Ordnung ist.

Die beteiligten Parteien sind sich trotz eines Treffens, das kürzlich stattfand, nicht einig. In einem Punkt gibt es jedoch Konsens: Es fehlt an schriftlichem Material, um den Fall zu bewerten. Aus dem Material sollen die notwendigen Informationen hervorgehen, um die Situation näher zu beleuchten.

Langwieriger Rechtsfall

Ob sich dann eine Schuldige oder ein Schuldiger finden lässt? Das ist schwer vorherzusagen. Es muss geklärt werden, wie schwerwiegend der Fehler ist, der beim Bau der Wohnungen gemacht wurde – und ob es überhaupt einen Fehler gibt, denn der Statiker, der letztlich mit seiner Unterschrift das Okay für das Projekt gegeben hatte, steht immer noch fest hinter seiner damaligen Entscheidung. „Wenn etwas mit dem Gebäude nicht stimmt, dann hätte ,Dancert‘ dem verantwortlichen Statiker die Zulassung entzogen, das ist jedoch nicht geschehen“, sagte Kasper Rønslev Nielsen vom Statikbüro „Rønslev Rådgivende Ingeniører“, von wo die ausschlaggebende Unterschrift für die Bauzulassung kam.

Die Anwälte der Parteien sind derzeit sehr beschäftigt. Sie werden wohl noch länger mit dem Fall zu tun haben, denn solange nicht geklärt ist, wer die Schuld trägt oder ob es überhaupt einen Fehler gibt, gibt es kein Ergebnis.

Verschiedene Szenarien

Da der verantwortliche Statiker das Projekt gutgeheißen hat und auch weiterhin zu dieser Entscheidung steht, muss ein anderer Gutachter das Projekt erneut genehmigen. Dann könnten die Menschen wieder zurück in ihre Wohnungen. Hätte er seine Entscheidung jedoch zurückgezogen, dann würde in letzter Konsequenz für alle Projekte, die er im vergangenen Jahr genehmigt hatte, eine Neugenehmigung notwendig, erklärt Kristian Skovgaard Larsen, der Anwalt des Bauherrn Henning Skriver gegenüber „JydskeVestkysten“. Er vertraue dem Ingenieur jedoch.

Die Schuldfrage zu klären, liegt weiterhin in der Verantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner des Gebäudes. Diese richten sich jetzt auf einen längeren Rechtsverlauf ein. Sie suchen sich mittelfristig eine Wohnlösung, da die Chancen, zurück in ihre Wohnungen zu kommen, derzeit sehr gering sind.

 

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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