Benefizveranstaltung

Deshalb lassen sich Hunderte von Frauen von Kaj gern den Weg zeigen

Deshalb lassen sich Hunderte von Frauen von Kaj gern den Weg zeigen

Deshalb lassen sich Frauen von Kaj den Weg zeigen

Apenrade/Aabenraa
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Frauen bewegen sich für einen guten Zweck: Vor zehn Jahren wurde der „Walk, Talk and Support“ erstmals in Apenrade durchgeführt. Foto: Walk, Talk and Support

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Der „Walk, Talk and Support“ ist eine Veranstaltung für Frauen, die vor zehn Jahren in Apenrade erstmals durchgeführt wurde. Er verbindet Bewegung und Gemeinschaft mit Wohltätigkeit. Nutznießer der Aktion am Mittwoch ist die Skleroseforschung. Und die liegt Kaj Westphal am Herzen.

Über 500 Frauen haben sich bereits für die sogenannte „Walk, Talk and Support“- Veranstaltung am Mittwochabend (3. Mai) in Apenrade angemeldet. Start und Ziel ist das Apenrader Stadion. Die Anmeldung läuft aber noch bis Dienstag um Mitternacht, weshalb die Veranstalter zuversichtlich sind, dass sich noch einige Damen über die Homepage des Zeiterfassungsanbieters Sportstiming möglich.

„Die Wettervorhersage sieht für Mittwoch sehr gut aus. Ideal für einen Spaziergang“, findet Kaj Westphal.  Obwohl er ein Mann ist, hat er keinen „Walk, Talk and Support“- Veranstaltung ausgelassen, seit sie vor zehn Jahren erstmals durchgeführt wurde und eigentlich ausschließlich für Frauen gedacht ist. Er stellt sich als eine Art männliche Leitkuh für die gute Sache zur Verfügung – auf seinem elektrischen Mini-Crosser.

Kaj Westphal verfügt über mehrere Elektro-Fahrzeuge. Seinen Mini-Crosser macht er jedoch für Mittwoch bereit. Dieser Typ E-Scooter hat sich schon mehrfach beim „Walk, Talk and Support“ bewährt, weil er auch mit unebenem Terrain und Anstiegen gut zurecht kommt. Foto: Anke Haagensen

Vor zehn Jahren

Die heutige City-Chefin von Apenrade, Dorthe Bjerrum Hilbig, hatte vor zehn Jahren die Idee zu dieser Veranstaltung. Sie war damals noch Inhaberin des Delikatessenladens „Vin & Gastro“ auf dem Apenrader Storetorv. Der Erlös sollte einem guten Zweck zugeführt werden. Die Wahl fiel auf die Sklerose-Forschung. Inzwischen hat „Cykelnerven“ die Organisation übernommen, unter kräftiger Unterstützung des Apenrader Sklerosevereins. Das Konzept ist unverändert. Frauen gehen fünf oder zehn Kilometer in ihrem jeweils eigenen Tempo, haben dabei Spaß und unterstützen mit großen Teilen ihres Startgelds den guten Zweck.

„Cykelnerven“ – was ist das?

 „Cykelnerven“ ist eine „Bewegung“, der sich landesweit Freizeitradsportlerinnen und -sportler angeschlossen haben, die Veranstaltungen durchführen. Der Erlös wird gezielt der Skleroseforschung zugeführt.

Diagnose: Sklerose

Aus gesundheitlichen Gründen ist es Kaj Westphal nicht möglich, so weite Strecken zu gehen. Selbst kürzere Wege sind mühsam und zudem gefährlich. Aufgrund seiner Medikamente hat er nämlich Osteoporose entwickelt.

Ein Hüftbruch könnte ihn völlig an den Rollstuhl fesseln. Das möchte er möglichst vermeiden. Nicht zuletzt seiner Familie und besonders seiner Frau Jytte zuliebe, verwendet er auch im Haus und auf der Terrasse einen Elektroscooter.

Kaj Westphal leidet unter Sklerose. Die Diagnose erhielt er 2004, nachdem der passionierte Sportler bei einem Fitnesslauf mit Ruderkameraden wegen totaler Erschöpfung kehrt machen musste und sich mühsam nach Hause schleppte.

Dass er die Krankheit schon länger in seinem Körper gehabt haben muss, ist ihm im Nachhinein klar geworden. 1979 ging er wegen Taubheitsgefühle in den Fingern zum Arzt. Trotz intensiver Untersuchungen konnte damals keine eindeutige Diagnose gestellt werden. „Es wurde ja dann auch von allein besser“, erinnert sich Kaj Westphal.

Er vermutet jedoch, dass der plötzliche Tod seines damals 13-jährigen Sohnes Martin 2001 und der damit verbundene psychische Stress bei ihm einen Sklerose-Schub ausgelöst haben könnte. Das ist aber nur seine persönliche Mutmaßung.

Kaj Westphal und seine Frau Jytte werden in diesem Jahr erstmals beide auf der Strecke zu finden sein. In den anderen Jahren hatte sie stets andere Aufgaben. Foto: Anke Haagensen

Berufsunfäig seit 2008

Nach seiner Sklerose-Diagnose konnte er noch einige Jahre in seinem Beruf als Servicetechniker arbeiten. 2008 war jedoch Schluss.

„Ich habe mir dann andere Beschäftigungsfelder gesucht“, sagt Kaj Westphal. Müßiggang liegt ihm nämlich nicht. Er ist in mehreren Gremien und Vorständen tätig. Er ist derzeit stellvertretender Vorsitzender des Sklerosevereins in Apenrade, ist Mitglied des kommunalen Behindertenrats und gehört auch dem Behindertenforum in der Region Süd an. Überdies geht er dreimal in der Woche zum Sport. Erst kürzlich musste er seiner Frau versprechen, das Kraft- und Ausdauertraining zu reduzieren. Drei Stunden am Stück waren dann offensichtlich doch für seinen Körper zu viel. Sie haben sich jetzt auf „nicht mehr als zweieinhalb Stunden“ geeinigt.

Seine Frau Jytte unterstützt ihren Mann nicht nur und bremst ihn auch, wenn nötig, sondern war auch selbst viele Jahre Vorsitzende des Apenrader Sklerosevereins und durch dieses Engagement plötzlich auch Vorsitzende des Apenrader Freiwiligenrates.

Ehefrau erlitt PTBS

Jytte Westphal musste dann aber vor einigen Jahren wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung notgedrungen ein paar Gänge runterschalten. Die Krankheit des Mannes, der plötzliche Tod des Sohnes, die vielen ehrenamtlichen Aufgaben und wohl auch ihr Engagement als Pflegemutter waren wohl auf die Dauer zu viel. Jytte Westphal musste sich gezwungenermaßen eine Auszeit nehmen, hat inzwischen wieder die Kraft und Lust, sich auch für andere zu engagieren. Beim Skleroseverein wirkt sie heute jedoch eher hinter den Kulissen und ist jetzt vorwiegend in der Angehörigengruppe des Sklerosevereins aktiv. Den „Walk, Talk and Support“ wird sie in diesem Jahr zum ersten Mal aktiv mitmachen. „Darauf freue ich mich“, sagt sie. In den anderen Jahren hatte Jytte Westphal stets andere Aufgaben.

Die Teilnehmerinnen sind aufgefordert, sich einen Picknickkorb zu packen. Ob sie ihn vorher oder nachher essen, ist ihnen dann allerdings selbst überlassen. Foto: Walk, Talk and Support

Kajs unverzichtbarer Begleiter

„Du musst deinen Mini-Crosser unbedingt noch putzen!“, lautet die unmissverständliche Aufforderung von Jytte Westphal an ihren Mann Kaj, als er seinen behindertengerechten E-Scooter für ein Foto aus der Garage fährt.

„Nein, nein, das wäre doch vergeudete Kraft. Der wird bei der Fahrt durch die Apenrader Wälder doch nur komplett zugestaubt und dann muss ich wieder putzen“, lautet sein schlüssiges Gegenargument.

Allerdings wird er die Batterie seines Fahrzeugs noch einmal ganz genau durchchecken. Sie muss für die Veranstaltung am Mittwochabend komplett aufgeladen sein. „Voll aufgeladen reicht der Akku für 45 Kilometer. Die Strecke am Mittwoch an sich ist zwar nur zehn Kilometer lang, aber ich muss ja auch erst von zu Hause ins Stadion und anschließend auch wieder zurückkommen können. Und dann fahre ich ja auch auf der Strecke zwischen den Gruppen hin und her, um ihnen den Weg zu weisen. Da kommen ein paar zusätzliche Kilometer zusammen“, sagt Kaj Westphal. An einer Stelle im Wald muss er zudem einen kleinen Umweg fahren, weil sein Mini-Crosser zwar mit unebenem Terrain und auch mit steileren Anstiegen zurechtkommt, aber leider nicht Treppen steigen kann.

Weil er zwischen den unterschiedlichen Gruppen hin- und herpendelt, kommt er auch mit vielen Frauen ins Gespräch. Das macht ihm einerseits großen Spaß, andererseits ist er gleichzeitig auch ein anschauliches Beispiel dafür, warum es wichtig ist, die Skleroseforschung zu unterstützen.

Übrigens: Wer schon einmal beim „Walk, Talk and Support“ in Apenrade mitgemacht hat, sollte darauf achten, dass die Route in diesem Jahr ein wenig geändert worden ist. „Auf Wunsch der Teilnehmerinnen aus den Vorjahren verläuft in diesem Jahr ein größerer Teil der Strecke durch die Apenrader Wälder“, unterstreicht Kaj Westphal. Den genauen Routenverlauf hat er sich noch nicht eingeprägt. „Verirren werde ich mich aber bestimmt nicht. Ich bin in Apenrade aufgewachsen und kenne die Wälder wie meine Westentasche“, fügt er hinzu.

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