Deutsche Minderheit

Jette Erichsen: Ein Wirbelwind wird 60

Jette Erichsen: Ein Wirbelwind wird 60

Jette Erichsen: Ein Wirbelwind wird 60

Behrendorf/Bjerndrup
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Jette Erichsen wird am 26. Dezember 60 Jahre alt. Foto: kjt

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Sie ist nicht nur in der deutschen Minderheit in Nordschleswig ein bekanntes Gesicht: Jette Erichsen ist ein Energiebündel, dessen Temperament und „Schnackeifer“ ihresgleichen suchen. Am 26. Dezember wird die agile Volksgruppenangehörige 60 Jahre alt. Sie will es allmählich ruhiger angehen lassen, sagt Jette Erichsen im Interview. Doch das ist bei ihr relativ.

Geschenke zu Heiligabend und zwei Tage später dann noch einmal Präsente zum Geburtstag. Diese Konstellation „verfolgt“ Jette Erichsen aus Behrendorf schon ein Leben lang. Am 26. Dezember zum 60. Mal. Die zweifache Mutter und vierfache Großmutter wird am 2. Weihnachtstag 60 Jahre alt.

An einem Feiertag und dann auch noch in den Schulferien Geburtstag zu haben, das sei als Kind eine merkwürdige Sache gewesen, erzählt Jette Erichsen in ihrem idyllisch gelegenen Zuhause am Visgårdvej zwischen Baistrup (Bajstrup) und Behrendorf.

„Ich musste immer bis ins nächste Jahr warten, ehe ich Kindergeburtstag feiern konnte, dann war erst wieder Schule“, erzählt die bald 60-Jährige mit einem Schmunzeln.

Gäste jederzeit willkommen

Dieser Turnus hat sich gehalten. Auch den 60. feiert Jette Erichsen erst Anfang kommenden Jahres bei sich in der Scheune. Dann haben die vielen Freunde eher Zeit.

Doch auch für den 26. Dezember laufen ihre Planungen. Jette hat schon mal viele „Boller“ gebacken und weitere Vorbereitungen getroffen. „Man weiß ja nie, wer alles kommt“, sagt sie.

 

Zum 60. könnten ja Leute auftauchen, weshalb Jette Erichsen schon mal jede Menge Boller gebacken hat. Foto: kjt

Wenn die Bude mit Gratulanten voll sein sollte, dann würde es sie nicht stören. Die kontaktfreudige Frau ist Trubel gewohnt und mag es, Leute um sich herum zu haben.

„Als Teenager und junge Frau habe ich bei Weihnachtshallenfeten auch schon mal wild reingefeiert“, erzählt die Behrendorferin mit einem schelmischen Blick.

Ohne Punkt und Komma

„Wild“ ist sicherlich zutreffend, denn Jette Erichsen ist für ihr energiegeladenes Gemüt bekannt. Ob als Hausmeisterin beim Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig (LHN), wo sie seit mehr als 25 Jahren beschäftigt ist, oder im privaten Leben: Jette Erichsen ist ein omnipräsenter Wirbelwind, immer umtriebig und immer beschäftigt. Und sie hat viel Humor.

Wenn man sie als Quasselstrippe bezeichnen würde, die ohne Punkt und Komma zu reden weiß, dann würde sie selbst am meisten darüber lachen.

Wenn man mit Unikum Jette ins „Schnacken“ kommt, dann dauert es halt etwas länger, und man hat viel zu lachen.

Heimatverbunden

Jette Erichsen wuchs im Einzugsgebiet Behrendorf auf und besuchte den Deutschen Kindergarten Wilsbek (Vilsbæk), bei dessen Gründung ihr Vater Christian die treibende Kraft war. Ihre Schulzeit durchlief sie an der Deutschen Schule Tingleff (Tinglev).

Die Zugehörigkeit zur deutschen Volksgruppe wurde ihr gewissermaßen in die Wiege gelegt und ist für die noch 59-Jährige eine Selbstverständlichkeit.

Sie engagiert sich auf breiter Ebene, ist im Maschinenraum der Minderheit aktiv und unlängst eine Identifikationsfigur.

Für die Schleswigsche Partei war sie viele Jahre die Frontfigur beim Volksfest „Kliplé Mærken“, wo sie auf ihre unnachahmliche Art nicht nur in Wahlkampfjahren auf die Partei und die Minderheit aufmerksam machte.

Auch für den BDN-Ortsverein (Bund Deutscher Nordschleswiger) in ihrem Gebiet sowie für den deutschen Ringreiterverein Baistrup engagiert sich Jette Erichsen seit vielen Jahren, um nur einige Posten zu nennen.

Zukunftsgedanken

Kaum vorstellbar, aber mit ihren bald 60 Lenzen will die Behrendorferin es ruhiger angehen lassen. Den Stand beim „Kliplé Mærken“ betreut sie nicht mehr. Nachfolgerinnen und Nachfolger waren nicht so richtig zu finden.

Das findet dann auch Frohnatur Jette bedenklich.

„Ich vermisse Engagement aus den eigenen Reihen. Vor allem Leute der Altersspanne 45 bis 55 Jahre, alles ja geburtenstarke Jahrgänge, sind in meinen Augen zu wenig präsent.“

Dass sich der Volksgruppe viele Zugezogene aus Deutschland angeschlossen haben und einige sich ehrenamtlich engagieren, sei erfreulich. „Ich finde aber, dass auch Personen mit Wurzeln in der Volksgruppe sich mehr einbringen sollten. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Identität“, so Jette Erichsen.

Wie sehen ihre beruflichen Pläne aus – mit bald 60? Ist der Ruhe- oder Vorruhestand schon im Kopf?

„Nein, eigentlich nicht. Wenn die Gesundheit mitmacht, werde ich sicherlich bis 65 weiterarbeiten. Ich will aber auf keinen Fall bis 68 arbeiten. Ich will dann mehr Zeit für meine Enkelkinder haben“, sagt die Oma von vier Enkelkindern im Alter zwischen anderthalb und sieben Jahren.

Tochter Tina, die in Odder lebt, hat Jette Erichsen zwei Enkeltöchter geschenkt, und Sohn Klaus, der in Rothenkrug (Rødekro) wohnt, zwei Enkelsöhne.

Mit Oma Spannendes erleben

Wenn die Enkelkinder bei Oma Jette zu Besuch sind, dann geht’s rund, und dann wird es mitunter wild, denn Herumsitzen ist nichts für die Großmutter. „Wir basteln, backen, spielen und sind ganz viel draußen. Mir ist es wichtig, dass elektronische Geräte wie Tablet oder Smartphone links liegen bleiben“, so Jette Erichsen.

Gestelltes Foto mit Jette Erichsen: Auf dem Sofa liegen und nichts tun, das ist nicht so ihr Ding. Foto: kjt

Zeit miteinander verbringen und Zeit füreinander haben, dem will die Jubilarin mehr Beachtung schenken.

„Und auch mehr Zeit für mich haben. Einfach nicht auf allen Hochzeiten tanzen, wie ich es gewohnt bin. Ich habe einen großen Garten, um den ich mich gern mehr kümmern würde, und ich will darauf achten, mehr Zeit mit Freunden zu verbringen“, sagt Jette Erichsen, die sich – wie schon in ihrer Kindheit – gern am Strand in Wenningbund (Vemmingbund) aufhält.

Grenzüberschreitende Freundschaft

Der ganz große Schnitt ist mit 60 aber noch nicht geplant. Jette Erichsen wird weiterhin als LHN-Hausmeisterin wirbeln und ihre vielen Kontakte pflegen.

Dazu gehören die grenzüberschreitenden Fahrradtouren im Grenzgebiet Sophienthal (Sofiedal) auf dänischer und Medelby auf deutscher Seite, für die sich Jette Erichsen als Mitglied der deutsch-dänischen Arbeitsgruppe seit über 20 Jahren einsetzt. Das ist ein weiteres Steckenpferd ihres ehrenamtlichen Wirkens im Grenzland.

Seit vielen Jahren ist Jette Erichsen Mitorganisatorin der deutsch-dänischen Radtouren (Archivfoto). Foto: Privat

„Es begann mit den gemeinsamen Aktionen ‚Treffpunkt Natur‘ des LHN und des Bauernverbandes südlich der Grenze. Es entwickelte sich daraus der grenzüberschreitende Austausch mit den Radtouren. Inzwischen nehmen auch viele aus der Mehrheitsbevölkerung daran teil“, erzählt Jette Erichsen.

Zu den Mitorganisatoren auf deutscher Seite besteht längst eine enge Freundschaft. „Wir werden immer wieder zu Dorffesten und anderen Veranstaltungen eingeladen. Es geht dann immer rund, und wir haben viel Spaß“, sagt Wirbelwind Jette.

Wie sollte es bei ihr auch anders sein …

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