Rechtswesen

Loddenhoier Hafen-Gegner bekommen „freien Prozess“

Loddenhoier Hafen-Gegner bekommen „freien Prozess“

Loddenhoier Hafen-Gegner bekommen „freien Prozess“

Apenrade/Aabenraa
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Graue Wolken ziehen über dem Loddenhoier Jollenhafen auf (Archivfoto). Foto: Paul Sehstedt

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Der Streit um den Bau des Jollenhafens in Loddenhoi schwelt seit Jahren. Zuletzt hatte die Klageinstanz entschieden, dass die Anlage rechtmäßig gebaut wurde. Die Gegner wollen sich jedoch nicht geschlagen geben – und haben von der Zivilbehörde Unterstützung bekommen. Jetzt geht der Fall vor das Gericht. Die Jollengilde zeigt sich gelassen.

Seit Jahren setzt sich der Verein „Loddenhøj – Bevar naturstranden“ dafür ein, den – aus Sicht der über 100 Vereinsmitglieder unrechtmäßig gebauten – Jollenhafen bei Loddenhoi (Loddenhøj) wieder entfernen zu lassen.

Zuletzt hatte die Umwelt- und Lebensmittelklageinstanz (miljø- og fødevareklagenævnet) die Klage des Vereins abgewiesen. Darin hieß es, dass die zuvor zugunsten des Jollenhafens gefällte Entscheidung des Küstendirektorats (kystdirektorat) rechtens gewesen sei.

Fall nicht zu den Akten gelegt

„Doch wir geben nicht auf“, hieß es von den Vereinsmitgliedern.

Nach einer erneuten Klage – die Kosten für Rechtsanwälte trug bis dahin der Verein – hat die Zivilbehörde (civilstyrelsen) jetzt Rückenwind gegeben und „Loddenhøj – Bevar naturstranden“ einen „freien Prozess“ genehmigt. Das schreibt der Verein in einer Pressemitteilung.

Ein „freier Prozess“ wird dann zugestanden, wenn die Aussichten, den Fall zu gewinnen, sehr hoch sind. Der Staat übernimmt dann die Prozesskosten.

„Wir sind sehr froh über die Entscheidung der Zivilbehörde“, schreibt die Vereinsvorsitzende Birte Schultz. „Der Status ist deshalb jetzt so, dass kein Bebauungsplan genehmigt werden kann und wir freien Prozess bekommen haben, um die Entscheidung des Küstendirektorats umzustoßen“, fasst Schultz den Status quo zusammen.

Auch Klage gegen Kommune möglich

Neben einer Klage gegen die Umwelt- und Lebensmittelklageinstanz wollen die Hafengegner, wenn sie den Fall gewinnen, auch gegen die Kommune Apenrade vorgehen, „die ihren Pflichten nicht nachgekommen ist“, wie es in der Mitteilung heißt.

Bürgermeister Jan Riber Jakobsen (Kons.) wollte sich gegenüber „JydskeVestkysten“ nicht zu dem Fall äußern. Er wolle die (Gerichts-)Entscheidungen abwarten, die nun getroffen werden.

Jollengilde bleibt gelassen

Carsten Lau Kjærgård, der Vorsitzende der Jollengilde (jollelaug), die den Jollenhafen gebaut hat, hat von dem Urteil der Zivilbehörde noch keine Informationen. Er bleibt jedoch gelassen: „Es sind ja nicht wir, die vor Gericht gezogen werden. Wir müssen jetzt das Urteil des Gerichts abwarten. Welche Schritte dann unternommen werden, ist noch völlig unklar“, sagte er gegenüber dem „Nordschleswiger“.

Und damit hat er recht, denn die Klage der Hafengegner richtet sich gegen die Entscheidung der Umwelt- und Lebensmittelbehörde – und nicht direkt gegen die Gilde.

Loddenhoi – Chronik eines Bürgerzwistes

2012
Februar: Auf Betreiben von drei Sommerhausbesitzern in Loddenhoi wird die Idee eines Jollenhafens geboren. Die Jollengilde Loddenhoi wird am 29. Februar gegründet.

September: Die Küstenverwaltung erteilt der Gilde die Genehmigung, den Hafen zu bauen.
Der Verein beginnt mit der Beschaffung von Geldmitteln.

2015
August: Das Projekt Jollenhafen wird auf einer Bürgerversammlung vorgestellt und diskutiert. Ein Flächennutzungsplan (lokalplan) wird erstellt.

September: Die Kommune Apenrade reserviert in ihrem Haushaltsplan eine Million Kronen für bestimmte Maßnahmen u. a. einen erweiterten Sandstrand in Verbindung mit dem Hafenbau.

2016
Januar: Am Jollenhafen scheiden sich die Geister in Loddenhoi und auf der Halbinsel Loit. Die Hafengegner verweisen auf die Folgeschäden, die durch den Bau entstehen können, während die Befürworter eine bedeutende Touristenattraktion sehen.

Februar: Die kommunale Verwaltung schlägt Änderungen im Flächennutzungsplan vor. Der Finanzausschuss beschließt, den Flächennutzungsplan ruhen zu lassen, bis die Bevölkerung sich auf ein Projekt geeinigt hat.

März: Eine neu gegründete Bürgerinitiative schlägt ein vereinfachtes Projekt vor, das aus einer Rampe und einem Bootsanleger besteht.

Juni: Mit knapper Mehrheit verabschiedet der Stadtrat den Flächennutzungsplan 85; der Bau des Jollenhafens kann beginnen.

September: Die Hafengegner formieren sich im Verein Loddenhøj Bevar NaturStranden

Oktober: Der Technische Ausschuss gibt die eine Million Kronen an kommunalen Zuschussgeldern frei. Der Bürgermeister setzt die Freigabe später aus.

Dezember: Der Stadtrat bewilligt im Zuge eines begünstigenden Verwaltungsaktes dem Hafenprojekt einen zweckgebundenen Zuschuss in Höhe von einer Million Kronen.

2017

Mai: Eine Appellinstanz der Natur- und Umweltbehörde stellt fest, dass die Kommune in der Anhörung zum Flächennutzungsplan LP85 einen Formfehler begangen hat, und daher ist der Plan ungültig. Gildevorsitzender Carsten Lau Kjærgård erkennt, dass die Rechtsgrundlage für den Hafenbau verschwunden ist.

September: Die Kommune fordert die Bürger auf, Vorschläge für einen Flächennutzungsplan einzusenden. Vier verschiedene Modelle legen die kommunalen Planer selbst vor: 1. das Projekt der Jollengilde, 2. beim Barsøanleger, 3. eine Position in Höhe des Schullandheimes oder 4. eine Nulllösung.

Oktober: 111 Kommentare wurden eingegeben. Die Mitglieder des Entwicklungsausschusses erzielen keine Einigung, ob das Planverfahren eingeleitet werden soll, und daher landet der Fall im Stadtrat.

2018

März: Der Stadtrat ändert die Zweckbindung des kommunalen Zuschusses, ohne die Jollengilde davon zu informieren.

August: Bürgermeister Thomas Andresen (Venstre), Vizebürgermeister Ejler Schütt (Dänische Volkspartei) und Philip Tietje (Venstre) treffen sich mit dem Vorstand der Gilde, um sich über das Projekt informieren zu lassen. Der Bürgermeister schreibt kein Protokoll. Tietje erklärt Jahre später, dass „einige Politiker der Jollengilde mehr versprachen als vertretbar war“.

2019
März: Eine politische Mehrheit schickt den LP85 erneut in die öffentliche Anhörung.

Juni: Die Küstenverwaltung verlängert die Baugenehmigung bis April 2022, sonst wäre sie im September 2019 verfallen.

November: Die Partei Einheitsliste in Apenrade würdigt den Einsatz der Hafengegner mit dem Demokratiepreis 2019.

2020
April: Alle erforderlichen Genehmigungen für den Hafenbau liegen vor. Der kommunale Zuschuss wird ausgezahlt.

Juni: Die Bauarbeiten beginnen. Die Hafengegner zeigen laufend bei der Küstenverwaltung und der Kommune Verstöße seitens der Hafenbauer gegen die vorliegenden Genehmigungen an.

Oktober: Die Hafenanlage ist fertiggestellt.

2021

Februar: Die Schiedsstelle der Umweltbehörde hebt die 2019 von der Küstenbehörde erteilte Verlängerung auf und fordert eine wiederholte Sachbearbeitung. Die Hafengegner verlangen den sofortigen Abriss des Hafens.

Mai: Die Planungsschiedsstelle (Planankenævnet) hebt sowohl den Bebauungsplan LP 85 als auch den Flächennutzungsplan 122 mit dem Hinweis auf, dass auf einer freien Küstenstrecke wie Loddenhoi kein Hafen gebaut werden darf. Die Kosten für externen Fachbeistand für die Erstellung der beiden Bebauungspläne belaufen sich auf rund 210.000 Kronen.

August: Die Jollengilde reichte nach mehrfachen Anmahnungen im August eine Abrechnung über die Verwendung des vom Stadtrat 2016 bewilligten Zuschusses in Höhe von einer Million Kronen ein.

September bis November: Im Kommunalwahlkampf verpflichten die Sozialdemokraten sich für die Entfernung des Hafens, falls sie eine Stadtratsmehrheit finden können.

2022

Januar: Die Küstenbehörde schickt den erneuten Bauantrag der Jollengilde bis zum 10. Februar in die öffentliche Anhörung.

Februar: Nach Fristablauf liegen zehn Eingaben vor. Sowohl die Kommune Apenrade als auch die Umweltbehörde bitten um Fristverlängerung, der stattgegeben wird. Aufgrund des umfassenden Materials geht die Behörde von einer mehrmonatigen Sachbearbeitung aus.

Dezember: Der Jollenhafen wird vom Küstendirektorat als legal eingestuft.

Was wurde aus dem Zuschuss?

Der Betrag wurde vollends laut „Zweckbindung“ ausgegeben. Damals durfte das Geld u. a. für einen Parkplatz sowie eine Mole verwendet werden. Nach der Änderung von 2018 war nur noch der Parkplatz umfasst, und daher witterten einige Politiker, dass die Gilde rund 800.000 Kronen zurückzahlen muss.

Warum daraus nichts wurde, erläutert Bürgermeister Jan Riber Jakobsen gegenüber dem „Nordschleswiger“: „Der Zuschuss wurde dreimal von einem Haushaltsjahr ins darauffolgende übertragen, weil er nicht genutzt wurde.“

Dabei wurde übersehen, dass der Verwendungszweck falsch formuliert wurde. Erst nachdem der Zuschuss ausgezahlt worden war, entdeckte die Verwaltung den Fehler und schickte 14 Tage später ein berichtigtes Begleitschreiben.

Zu dem Zeitpunkt hatte die Jollengilde den Zuschuss bereits verbaut, und ein juristisches Gutachten sieht die Verantwortung bei der Kommune. Das hat der Stadtrat zur Kenntnis genommen und das Geld abgeschrieben.

2023

Januar: Der Verein „Loddenhøj – Bevar naturstranden“ klagt gegen die Entscheidung des Küstendirektorats. Die Umwelt- und Lebensmittelbehörde (miljø- og fødevarestyrelsen) muss jetzt Stellung zum Fall nehmen.

August: Die Umwelt- und Lebensmittelbehörde weist die Klage zurück. Der Fall scheint abgeschlossen.

Dezember: „Loddenhøj – Bevar naturstranden“ bekommt von der Zivilbehörde (civilstyrelsen) das Recht, einen freien Prozess zu führen.

https://www.nordschleswiger.dk/de/apenrade-tingleff/akte-jollenhafenzus…

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Zusammenhalt: Es geht noch viel mehr in Nordschleswig“