Sturmflut 2023

Rekord-Sturmflut an der Ostküste: Meteorologe erklärt

Rekord-Sturmflut an der Ostküste: Meteorologe erklärt

Rekord-Sturmflut an der Ostküste: Meteorologe erklärt

Apenrade/Aabenraa
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Der Fernsehmeteorologe Anders Brandt erzählt, wie es zu der verheerenden Sturmflut gekommen ist. Foto: Karin Riggelsen

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THEMA STURMFLUT 2023: Der DR-Meteorologe Anders Brandt hat schon viele Wetterphänomene gesehen und erlebt. Die Sturmflut des vergangenen Jahres war eines der heftigsten davon. Drei Faktoren sind in den Tagen vor und am 12. Oktober zusammengekommen und haben zu der verheerenden Flut geführt. Welche das waren, erklärt er im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“.

„Es war die schlimmste Sturmflut an der Ostküste, die man seit über 100 Jahren hier gesehen hat“, sagt Anders Brandt. Der Fernseh-Meteorloge bei Danmarks Radio (DR) wohnt in Broacker (Broager) und erklärt, wie es zu der Sturmflut im Oktober des vergangenen Jahres kommen konnte, bei der an der nordschleswigschen Ostküste Wasserstände von über zwei Metern gemessen wurden. Viele Küstenstreifen wurden verwüstet, sogar Häuser zerstört. Viele Sommerhäuser sind den Wassermassen ebenfalls zum Opfer gefallen.

Wie der Meteorologe die Sturmflut erlebt hat, erzählt er dem „Nordschleswiger“ im Video. Damals war er auf dem Weg zur Arbeit, als die ersten Warnmeldungen bei ihm eintrudelten. 

Mehrere Faktoren kamen zusammen

Die Flut unterscheidet sich von anderen Sturmfluten, denn es kamen mehrere Faktoren zusammen, sodass die Wasserpegel auf solche Rekordhöhen klettern konnten.

„Die Sturmflut war ein Resultat aus drei Faktoren“, sagt Brandt. Er zieht den Vergleich mit einem Flugzeugabsturz: „Fällt ein Motor aus, stürzt es auch nicht gleich ab. Es sind verschiedene Ursachen, die erst gemeinsam ein Unglück auslösen“, so der Wetterexperte. „Genauso war es auch bei der Sturmflut. 

In den Wochen vorher gab es kräftigen Westwind, der große Wassermenge der Ostsee in die Botnische Bucht trieb. Zwischen 10 und 25 Prozent mehr Wasser als normal wurden dort gemessen“, erzählt der Meteorologe. Faktor Eins.

Dementsprechend war der Wasserstand an den lokalen Küsten niedrig.

Ausgelöst durch ein Tiefdruckgebiet über Holland und dem nordwestlichen Teil Deutschlands wechselte dann die Windrichtung. „Wir bekamen Ostwind.“ Das allein wäre nicht schlimm, stellt Brandt fest. 

Doch: In Verbindung mit den Wassermassen, die sich im östlichen Teil der Ostsee angesammelt hatten und nun – angetrieben durch den Wind – in Richtung der dänischen Ostküste unterwegs waren, stiegen die Pegel. „Das Wasser wurde in den Kleinen Belt gepresst und hatte dort kaum Ausweichmöglichkeiten, weshalb die Pegelstände am Donnerstag und Freitag stiegen und stiegen“, berichtet Anders Brandt. Faktor Zwei.

Im Grunde keine schlimme Situation, die sich auch „stille Sturmflut“ nennt, wie Brandt erwähnt. Hinzu kam jedoch der sich entwickelnde Sturm. „Normal währt ein Sturm sechs bis acht Stunden“, berichtet er. Doch das war im Oktober 2023 anders, denn der Sturm nahm über zwei Tage hinweg zu und erreichte schließlich teilweise Orkanstärke. Faktor Drei.

Gleichzeitig mit dem zurückflutenden Wasser aus der Botnischen Bucht entwickelte sich die Krisensituation. 

„Besonders in der Flensburger, der Apenrader und der Haderslebener Förde hob sich der Wasserspiegel fast minütlich“, sagt der Wetterfachmann. 

Wiederholung wahrscheinlich 

„Diese Zutaten kamen zusammen“, sagt der Meteorologe. Zu dem extrem hohen Wasserstand von 2,16 Metern über Normalnull kamen Wellen, die zwei bis drei Meter Höhe erreichten. „Die richteten enorme Schäden an, die man überall an unseren Küsten hier immer noch sehen kann.“

Er rechne in den kommenden Jahren mit weiteren Ereignissen, die sich ähnlich stark präsentieren werden. „Selbst wenn man sagt, dass es sich statistisch gesehen um ein Jahrhundertereignis gehandelt hat, kann es wieder passieren“, so Anders Brandt. Durch die Klimaveränderung, die mit höheren Wasserständen und vermehrten Regenfällen – auch Starkregen – einhergeht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Sturmflut auch in naher Zukunft erneut passiert, groß. 

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