Wirtschaft

… und zufällig wurde er Kaffeefarmer in Afrika

… und zufällig wurde er Kaffeefarmer in Afrika

… und zufällig wurde er Kaffeefarmer in Afrika

Paul Sehstedt
Loit/Løjt
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Der kleine grüne Forsch ist das Gütesiegel und Markenzeichen der „Rainforest Alliance“, der sich Christian Jebsen mit seiner Kaffeefarm „Shangri-La Estate“ angeschlossen hat. Foto: Paul Sehstedt

Biobauer Christian Jebsen von Loit achtet auf Qualität und Naturverbundenheit in seinen Landwirtschaftsbetrieben. Kunden sollen die „Kifaru Coffee“- Produkte rückverfolgen können.

„Mzee, ehrwürdiger älterer Herr, werde ich jetzt in Tansania genannt“, lacht Christian Jebsen, Bauer auf dem ‚Dorotheenhof‘ auf der Halbinsel Loit und Kaffeefarmer auf der Plantage Shangri-La bei Karatu in Tansania. „Unser erstes Enkelkind sagt Babu zu mir und die Leute auf der Plantage, die mich nicht mit meinem Namen anreden wollen, sagen Baba, was Vater der Farm bedeutet. Gut Kind hat viele Namen.”

Vor 34 Jahren übernahm er den Familienhof auf Loit, der idyllisch am Ende eines von Kastanienbäumen gesäumten Weges an der Nordseite der Apenrade Förde liegt. Dem Besucher fällt sofort auf, dass am Straßenrand wilde Feldblumen wachsen, ein Hinweis auf das ökologische Engagement von Christian Jebsen.
 

Das Nashorn gibt auf Suaheli den Kaffeeprodukten von Christian Jebsen den Namen „Kifaru Coffee“. Vom umgebauten Schweinestall des ‚Dorotheenhofs‘ auf Loit aus leitet der ideenreiche Bauer seine Geschäfte im In- und Ausland.
Foto: Paul Sehstedt

Biohof seit drei Jahren

„Unser Betrieb ist seit drei Jahren ökologisch ausgerichtet“, erzählt der 60-Jährige, der schon als Schüler auf dem Hof mitarbeitete, um so das Taschengeld aufzubessern. Er hat zum Interview eingeladen und das Gespräch findet im ehemaligen Schweinestall statt, der zum Bürotrakt umgebaut worden ist. „Hier habe ich als junger Mann schon geschuftet und ausgemistet“, sagt Jebsen. Auf 740 Hektar werden Weizen, Hafer, Ackerbohnen sowie Klee und nicht zu vergessen ökologische Braugerste für die Brauerei Fuglsang in Hadersleben (Haderslev) angebaut. Jebsen bezeichnet sich selbst nur als Bauer, der nach Volksschule und Gymnasium die dreijährige Landwirtschaftsausbildung an der Fachschule in Gravenstein (Gråsten) von der Pike auf gelernt hat. Daran schloss sich eine zwei Jahre lange Fortbildung zum Landwirtschaftstechniker in Odense und zuletzt ein Wirtschaftsstudium in Vejle an.

Feldblumen und Bäume

Feldblumen am Wegesrand sehen sehr einladend aus und auch die Kastanienbäume vermitteln eine naturverbundene Identität des Hofbesitzers. „Entlang der öffentlichen Wege, die an unsere Felder grenzen, haben wir Blumenmischungen gesät, um so den Bienen und anderen Insekten zu helfen. Passanten dürfen sich gerne nach dem Motto ‚Pflücke eine Blume und denk an deinen Bauern‘ eindecken“, berichtet Christian Jebsen.

„Mit den alten Kastanienbäumen haben wir Probleme, da sie von der Kastanienminiermotte angegriffen werden und schließlich eingehen. Ich habe die Lücken mit neuen weißblühenden Kastanien, also der echten Sorte bepflanzt. Leider erlebe ich, dass auch die Ulme, die Esche und die Eiche von Krankheiten befallen werden und absterben. Buchen können die trockenen Sommer nur schwer überstehen. In den 34 Jahren, die ich auf dem ‚Dorotheenhof‘ wohne, haben wir viele Bäume verloren.“

Eine Kaffeefarm in Afrika

„Wie kamst du auf die Idee, eine Kaffeeplantage in Tansania zu betreiben. Ist da irgendeine Verbindung zu Nordschleswig?“
„Die Schwester Emma unseres Großvaters Jacob Jebsen, dem Co-Gründer der Firma Jebsen & Co in Hongkong, war mit einem Theodor von Hassel verheiratet“, berichtet Christian Jebsen. „Die beiden gründeten in den 1920er Jahren in Tansania die Kaffeefarm „Neu Apenrade.“

Dort wurde Kai Uwe von Hassel, der spätere Bundestagspräsident und Freund der deutschen Minderheit geboren, doch nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die Familie von den Briten vertrieben. So hatte ich indirekt einen Bezug zum Kaffeeanbau. Ich sah mir auf einer Urlaubsreise eine verfallene Kaffeefarm an und erkannte, dass sich dort ein umsetzbares Potenzial befand. Daher kaufte ich sie und heute, nach 28 Jahren betreiben wir sie nach dem Prinzip ‚Von der Bohne bis zur Tasse‘, d. h. wir kontrollieren alle Prozessschritte selbst, was für die Branche einmalig ist. Als Mitglied beim Gütesiegel ‚Rainforest Alliance‘  – Symbol ist der grüne Frosch – sind wir dazu verpflichtet, strenge Auflagen einzuhalten, die nicht nur den Anbau, sondern auch das soziale Umfeld für die Mitarbeiter umfassen“, erzählt Christian Jebsen.

Die Kaffeeprodukte werden unter dem Markennamen „Kifaru Coffee” angeboten. Kifaru bedeutet Nashorn auf Suaheli. Zielgruppe sind bessere Restaurants und Cafés, doch durch die coronabedingten Einschränkungen für Gaststätten ist der Absatz gefallen. Mit einem Online-Vertrieb soll der Rückgang abgefedert werden und bietet dem Endverbraucher an, den Qualitätskaffee direkt zu bestellen.
Shangri-La Estate liegt iauf einer Höhe von 1.500 bis 1800 Metern. Die oberen Lagen sind mit ihrer schwarzen Erde günstig für den Kaffeebau, während die niedrigeren Gefilde aus einer losen Erdschicht bestehen, die für den Anbau von Avocado genutzt wird.

Auf die Frage, ob Avocado nicht sehr viel Wasser aufnimmt und deshalb im Fokus der Medien und der Umweltschützern steht, antwortet Christian Jebsen: „Das ist richtig, aber wir müssen den Wasserverbrauch je Frucht berechnen, da die Pflanzen nur gezielt beregnet werden. Nehmen wir zum Vergleich ein Weizenfeld auf Loit, dann ergibt der Niederschlag einen höheren Wasserverbrauch gerechnet auf den Ernteertrag. Der überschüssige Regen spült Pestizide aus und fließt schließlich in die Förde.“

Mit 60 Jahren hat er noch nicht an den Ruhestand gedacht. Foto: Paul Sehstedt

Kein Tee, aber Wein

„Der Nordschleswiger“: „Tee aus Tansania wird von Teegenießern weltweit geschätzt. Hast du daran gedacht, auch Tee anzubauen?“
„Tee ist eine ganz andere Anbauform und mit anderen Prozessen wie z. B. dem Fermentieren verbunden“, sagt Christian Jebsen. „Dagegen haben wir Weinanbau ins Auge gefasst und haben einen Hektar mit 22 verschiedenen Reben versuchsweise bepflanzt. Als Bauer habe ich Spaß daran, Neues auszuprobieren.“
„Der Nordschleswiger“: „Tansania ist als Weinland recht unbekannt, oder?“
„Shangri-La Estate liegt in der Nähe eines alten deutschen Siedlungsgebietes am Ngoro Ngoro Krater, wo sich etwa 60 deutsche Auswanderer in den 1920er Jahren niederließen“, erzählt der Kaffeefarmer. „Einige von ihnen brachten Reben aus ihrer süddeutschen Heimat mit und ich habe vernachlässigte Reste von diesen Stöcken gefunden. Der Vorsitzende der dänischen Weinbauern, Svend Aage Hansen von Aarö (Aarø), hat uns beraten, aber der Weg ist noch weit, bis wir von einem Erfolg reden können.“

Heia Safari und ein Gin Tonic

„Der Nordschleswiger“: „Afrika-Safaris sind bei Touristen recht populär. Veranstaltest du auch Reisen?“
„Unsere Farm steht für Besucher offen“, erläutert Christian Jebsen. „Wir zeigen gerne unseren Betrieb und informieren über die Produktionsabläufe, damit die Gäste einen Eindruck davon erhalten, wie sie unsere Produktionskette rückverfolgen können. Darüber hinaus vermitteln wir in Zusammenarbeit mit Partnern Fotosafaris. Ich schätze, dass wir im Laufe der vergangenen zehn Jahre rund 200 Nordschleswiger auf Shangri-La beherbergt haben. Vor dem Haupthaus haben wir in Sichtweite eine Elefantenwiese mit einer Tränke, die einige Dickhäuter jeden Tag besuchen. Ein großes Erlebnis für unsere Touristen, wenn sie mit einem Gin Tonic in der Hand auf der Veranda sitzen und die Elefanten aus 25 Meter Abstand beobachten können.“
„Der Nordschleswiger“: „Habt ihr genügend Wasser zur Verfügung?“
„Wir haben Wasser ohne Ende, weil wir in der Nähe von zwei Flüssen liegen“, führt Jebsen aus. „Um zu verhindern, dass die Tiere die Beregnungsanlagen zerstören, um an Wasser zu kommen, haben wir zwei Tränken angelegt und das funktioniert ausgezeichnet.“
„Der Nordschleswiger“: „Zeigen deine drei Kinder Interesse an deinen afrikanischen Unternehmungen?“
„Mit nur 60 Jahren habe ich noch nicht an den Ruhestand gedacht, doch glücklicherweise sind die Kinder alle an Shangri-La Estate interessiert. Für sie ist das zu einer zweiten Heimat geworden.“

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