Unternehmensgründer
In Hellewatt kommen die Fohlen aus dem Reagenzglas
In Hellewatt kommen die Fohlen aus dem Reagenzglas
In Hellewatt kommen die Fohlen aus dem Reagenzglas
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Zwei Tierärztinnen gehen in Nordschleswig neue Wege: Sie bauen in Hellewatt eine Zuchtstation für Pferde auf. Das Besondere: Sie setzen dabei vor allem auf das Einsetzen von Embryonen. Ein Ortsbesuch zwischen Brutstuten und zwei passionierten Geschäftsgründerinnen.
Auch Pferde liefern Eier. Nichts für den Frühstückstisch, aber fürs Labor. Es ist der Arbeitsalltag von Jannie Spanner und Emma Lorenzen.
Die beiden Tierärztinnen haben in Hellewatt eine Zuchtstation für Pferde aufgebaut, die auf dem Einsetzen und Herstellen von Embryonen basiert.
VetEmbryo heißt das Unternehmen der beiden Tierärztinnen. Im Januar 2019 haben sie es gegründet, auf dem Hof der Schwiegerfamilie von Emma Lorenzen.
Brutstuten statt Kühe im Stall – die beiden Frauen gehen neue Wege innerhalb der Reproduktion von Pferden. Was bei Kühen schon weiter verbreitet ist, ist in der Pferdewelt noch selten.
Im Reagenzglas entsteht ein Embryo
Das Prinzip: Wertvollen Zucht- oder Sportstuten werden Eier aus dem Eierstock entnommen, die im Reagenzglas von Menschenhand mit dem gewünschten Hengstsamen befruchtet werden.
Anschließend werden lebensfähige Embryonen in Brutstuten eingesetzt – oder eingefroren, sodass der Pferdebesitzer das Embryo bei Gelegenheit einsetzen lassen kann.
Im Gefrierschrank von VetEmbryo liegen sozusagen Dutzende tiefgefrorene Fohlen im Anfangsstadium.
Wie kommt man auf so eine Idee? Die beiden Frauen haben sich über ihr Studium an der Universität in Kopenhagen kennengelernt.
„Ich war als Studentin mit Jannie unterwegs, als sie schon in der Reproduktionsbranche gearbeitet hat. Ich habe dann an der Universität im Labor gearbeitet. So kamen wir in Kontakt“, erzählt die 31-jährige Emma Lorenzen.
Mit Jannie Spanners praktischer Erfahrung aus elf Jahren Arbeiten mit Ei-Entnahme und Einsetzen von Embryonen sowie Emma Lorenzens Hintergrund aus dem Labor fanden die beiden: Das sind beste Voraussetzungen, um sich damit selbstständig zu machen.
Der ehemalige landwirtschaftliche Betrieb des Schwiegervaters von Emma Lorenzen, wo seit jeher auch Pferde gezüchtet wurden, wurde zur Basis des Geschäftsmodells. Der Hofbetrieb läuft unter dem Namen VetInvitro.
Geld vom Verband für Lokale Aktionsgruppen
Unter anderem mit Mitteln aus dem Topf für ländliche Entwicklung vom Verband für Lokale Aktionsgruppen (LAG), „LAG Sønderborg-Aabenraa“ bauten die beiden ein Labor auf dem Hof, wo die Eier befruchtet, angebrütet und eingefroren werden. LAG bezuschusst das Projekt mit 255.632 Kronen.
Doch wer nutzt das Angebot, ein Fohlen im Reagenzglas zu züchten und einer Brutstute einsetzen zu lassen? Die Gründe der Pferdebesitzer können vielfältig sein, erzählt Emma Lorenzen.
„Manche Stuten können durch normale Besamung nicht trächtig werden. Dann entnimmt man Eier aus den Eierstöcken und besamt die Eier, die gut sind. So hat man ein Fohlen mit den Genen der Mutter, die selbst keine Fohlen austragen kann“, so die Tierärztin.
Es kam auch schon vor, dass eine sehr wertvolle Jungstute gestorben ist – durch Vet Embryo aber noch post mortem ein Fohlen hinterlassen konnte.
Weiterzüchten auch nach dem Tod des Pferdes
„Da haben wir die Eierstöcke von der toten Stute gekriegt und haben daraus die Eier gewonnen. Die wurden dann befruchtet und ein Embryo daraus in eine Stute eingesetzt. So konnten die Besitzer weiterzüchten“, fügt Jannie Spanner hinzu.
Es gibt aber auch erfolgreiche Sportstuten, die durch eine Trächtigkeit nicht weiter auf Turnieren unterwegs sein könnten. Auch in diesen Fällen greift man auf eine Brutstute zurück.
Die beiden Tierärztinnen hoffen in diesem Jahr auf rund zehn Fohlen, die 2019 von Hand in Hellewatt gezeugt wurden.
„Im kommenden Jahr könnten es doppelt so viele werden“, schätzt Jannie Spanner. Die Nachfrage steigt, obwohl beide bislang auf Werbung verzichtet haben. „Es gibt eine gute Mund-Propaganda“, sagt Jannie Spanner.
„Natursprung“ in der Warmblutzucht äußerst selten
Neben der Embryonenzucht befruchten die beiden Frauen Stuten auch auf normalem Wege, was in der professionellen dänischen Warmblutzucht zu 98 Prozent per Besamung bedeutet.
Ein „Natursprung“, bei dem ein Hengst persönlich auf eine Stute trifft, ist sehr selten. „Das Verletzungsrisiko ist einfach zu groß, und außerdem ist die Nachfrage nach Samen so groß, dass man auf natürlichem Wege dem Bedarf gar nicht mehr gerecht werden könnte“, sagt Emma Lorenzen. Zumal die Züchter europaweit Samen kaufen und nutzen wollen.
Elf Embryonen haben die beiden erst vor Kurzem nach Deutschland geschickt, wo ein Züchter die Qualitäten einer besonders guten Stute ausnutzen will. Eingesetzt in eine Brutstute werden die tiefgefrorenen und in Stickstoff verschickten Embryonen dann je nach Bedarf.
Die Kunden zahlen in drei Schritten: Bei Ei-Entnahme, Einsetzung eines lebensfähigen Embryos und wenn die Stute tatsächlich trächtig ist. Die meisten Stuten bleiben nach der Einsetzung noch einen Monat auf dem Hof.
„Bis das Herz schlägt und das größte Risiko eines Abgangs vorbei ist“, sagt Jannie Spanner.
Junge Stuten tragen am besten aus
Am besten eignen sich junge Stuten fürs Austragen.
Die beiden haben Pläne für VetInvitro: den alten Kuhstall umbauen und Mitarbeiter einstellen. Mittlerweile dient das Labor von VetEmbryo auch anderen Zuchtstationen als „Lagerplatz“ für fertige Embryonen.
Es nimmt Fahrt auf, das Unternehmen der beiden Tierärztinnen aus Hellewatt.
Es ist einfach fantastisch zu sehen, wenn etwas, wofür man eine absolute Leidenschaft hat, gut funktioniert.
Emma Lorenzen, Tierärztin
„Es ist einfach fantastisch zu sehen, wenn etwas, wofür man eine absolute Leidenschaft hat, gut funktioniert“, strahlt Emma Lorenzen, die mit ihrem Mann und der Familie auf dem Hof lebt.
Jannie Spanner pendelt täglich nach Fünen, wo sie selbst eine kleine Pferdezucht betreibt. Über eine Stunde sitzt sie pro Fahrt im Auto.
Hochsaison im Zuchtgeschäft
„Jetzt gerade ist unsere Hochsaison, und da bin ich fast jeden Tag hier. Im Winter, wenn die Stuten nicht brünstig sind, wird es ruhiger. Aber jetzt gerade müssen wir Vollgas geben“, sagt die 39-Jährige.
Dann geht der Alltag der beiden Tierärztinnen weiter: Eier entnehmen und aufbereiten, den gewünschten Samen mit aufnahmefähigen Eiern befruchten und viele kleine wertvolle Fohlen produzieren.