Lebensfreude

„An dem Tag kam ein Glückskind auf die Welt“

„An dem Tag kam ein Glückskind auf die Welt“

„An dem Tag kam ein Glückskind auf die Welt“

Bettina P. Oesten
Apenrade/Aabenraa
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Seit 2010 ist Marion Souschefin bei Circle K an der Apenrader Schiffbrücke. Foto: Karin Riggelsen

Ansteckende Lebensfreude sprüht hinter dem Tresen des Apenrader Tankstellenkiosks aus den blitzenden Augen von Marion Brandenstein Dumke. Die gebürtige Ruhrpotterin hat in Nordschleswig ihr persönliches Glück gefunden.

Wenn Marion Brandenstein Dumke bei Circle K an der Schiffbrücke Dienst hat – und als Souschefin hat sie das zum Glück ganz oft – geht für die Kunden, die den Laden betreten, die Sonne auf, wenn sie sie hinter der Ladentheke erblicken. Denn mit ihrem gewinnenden Lächeln und ihrer ansteckend guten Laune bedient sie jeden Kunden so, dass sich dieser wahrhaftig als König fühlen darf und anschließend den Laden jedes Mal ein bisschen glücklicher verlässt. Für die Schreiberin dieses Artikels Grund genug, sie zu einem lockeren Café-Gespräch zu bitten, um Näheres über sie zu erfahren und sie nach ihrem Rezept für ein zufriedenes, erfülltes und glückliches Leben zu fragen.

Marion, erzählt doch mal ein bisschen über dich. Woher kommst du?

Ich wurde am 2. August 1961 in Gevelsberg im Ruhrgebiet geboren. Ich sage immer: An dem Tag kam ein Glückskind auf die Welt. Mein Vater war Kraftfahrer, meine Mutter Verkäuferin. Meine Mutter lebt noch, mein Vater verstarb 2013. Nach dem Hauptschulabschluss begann ich eine Lehre als Gardinenfachverkäuferin. Mit 18 bekam ich meinen Sohn, habe geheiratet, ein ganz normales Leben geführt. 1985 dann die Scheidung.

„Positives Denken ist gut für die Gesundheit und macht einfach glücklich“

Marion Brandenstein Dumke

Wann bist du nach Dänemark gezogen?

Das war im Jahr darauf, also 1986. Eine Schwester meines Vaters lebte seit den 70er Jahren in Wester-Satrup/Vester Sottrup (auf der Halbinsel Sundewitt/Sundeved im Broackerland/Broagerland, red. Anm.), wir haben sie oft im Urlaub besucht, mir gefielen einfach die Menschen und die dänische Mentalität. Als dann ihr ältester Sohn meinte, ich sollte doch einfach nach Dänemark kommen, habe ich gedacht: Ja, warum eigentlich nicht, man bereut ja nur das, was man nicht macht.

Also bin ich mit Kind und Kegel aus dem Ruhrpott nach Wester-Satrup gezogen und habe meinen Sohn in die deutsche Privatschule eingeschult. Dann bin ich durchs Dorf spaziert und habe die Geschäftsinhaber gefragt, ob sie jemanden wie mich gebrauchen können.

Seit 1986 lebt Marion in Nordschleswig. Ihre erste Anlaufstelle war Wester-Satrup im Broackerland. Foto: Karin Riggelsen

Kajs Bageri hat sich meiner erbarmt und gemeint, man könnte es ja mal versuchen. Als Erstes habe ich also gelernt, wie Brötchen auf Dänisch heißen, daneben habe ich erste Sprachkurse gemacht. Bei Kajs Bageri habe ich auch gelernt, dass man nicht alles so streng sehen sollte, wenn man mal Fehler macht, denn natürlich habe ich in der ersten Zeit sprachliche Fehler gemacht. Es war gar nicht so einfach für mich, Dänisch zu lernen, ich habe dabei aber mehr gelacht als geweint, weil es auch so viele komische Situationen gab. In dieser Zeit habe ich übrigens eine ganz neue Seite an mir gefunden.

Welche?

Dass man sich für alle Menschen gleichermaßen öffnen sollte. Es kommt nicht darauf an, wen man trifft, sondern wie man auf die Leute zugeht. Das ist mir ungeheuer wichtig. Hier bei Circle K treffe ich jeden, vom Obdachlosen bis zum Chauffeur der Königin, der fast jedes Jahr mit der „Krone 1“ hier vorfährt, wenn die Königin mit der „Dannebrog“ unterwegs ist, um Zigaretten und andere Kleinigkeiten zu kaufen, die auf dem Schiff fehlen. Alle Menschen haben es verdient, dass man zunächst offen und vorurteilsfrei auf sie zugeht, egal welchen Hintergrund sie haben.

Seit wann bist du eigentlich bei Circle K?

Seit 18 Jahren. Davor habe ich viele andere Jobs gehabt. Ich habe bei Kvickly gearbeitet, bei Max Jenne, in der dänischen Bücherei. Das waren aber meist nur Aushilfsjobs. Bei Circle K bin ich sozusagen „in festen Händen“ und seit 2010 Souschefin. Ich habe sogar das Glück, direkt nebenan in Mølleåparken zu wohnen, sodass ich mit meiner kleinen Chihuahua-Hündin in den Pausen schnell mal eben Gassi gehen kann.

„Auf der Couch sitzen, heißen Kakao trinken und dabei aus dem Fenster gucken und über das Leben nachsinnen – ist doch toll!“

Marion Brandenstein Dumke

Marion, du bist ein wunderbares Beispiel dafür, was man mit einer positiven Lebenseinstellung für sich selbst und andere bewirken kann. Was tust du konkret, um in der positiven Grundstimmung zu bleiben?

Also, zunächst einmal: Positives Denken ist gut für die Gesundheit und macht einfach glücklich. Ich bin dankbar dafür, dass ich gesund bin und keine Schmerzen habe. Wenn ich frei habe, lese ich wahnsinnig viel, mache lange Spaziergänge, sitze stundenlang in der Bibliothek und vergrabe mich oder mache es mir in meiner Wohnung gemütlich. Ich ziehe einfach den Stecker. Ich nehme mir die Zeit, die ich für mich brauche. Abschalten und gar nichts machen, das muss auch mal sein. Wenn man ein Mensch ist, der auch gern anderen Menschen hilft, ist es besonders wichtig, dass man dafür die nötige Kraft und Energie aufbringt. Das bedeutet, dass man immer wieder seine Batterien aufladen sollte durch Ruhe- und Erholungsphasen. Viele Menschen sind heute so furchtbar gestresst: Ich war heute wieder nicht im Fitnessstudio, habe dies oder das nicht geschafft. Na und? Dann hat man eben etwas anderes gemacht. Oder war ganz einfach faul. Auf der Couch sitzen, heißen Kakao trinken und dabei aus dem Fenster gucken und über das Leben nachsinnen – ist doch toll! Viele von uns haben das verlernt. Wir jagen irgendwelchen Zielen hinterher statt im Hier und Jetzt zu leben. Wer das kann, ist auf jeden Fall ein glücklicherer Mensch.

Ihr Sohn, mit dem sie 1986 nach Nordschleswig kam, und ihre beiden Enkelkinder leben in Pattburg. Foto: Karin Riggelsen

Welchen Rat würdest du jungen Menschen mit auf den Weg geben?

Die Jugend, die kann einem wirklich manchmal leidtun. Ich erlebe es hier im Geschäft bei den jungen Aushilfen, wie mega-gestresst sie sind durch Schule, Studium, Eltern und was sie nebenbei noch so alles glauben, machen zu müssen. Und dann das Handy. Nicht sie steuern das Handy, sondern umgekehrt. Man sollte immer der eigene Chef in seinem Leben sein nach dem Motto: Ich bestimme, was mit mir passiert. Und wenn man zu irgendetwas keine Lust hat, dann lieber ein ehrliches Nein, statt es trotzdem zu tun, nur weil es alle anderen so machen.

Welche anderen Wege zum Glücklichsein könnte man beschreiten?

Ich finde es sehr hilfreich, wenn man über sich selbst lachen kann und die Dinge nicht so bierernst oder persönlich nimmt. Wichtig ist auch, dass man neugierig auf das Leben bleibt und offen ist für die Dinge, die da kommen. Jedes Alter hat seine enormen Freuden, man muss sie nur sehen. Dankbarkeit für das, was man hat, gehört natürlich auch dazu. Ich möchte auch unbedingt mit der Zeit gehen und mich den neuen digitalen Herausforderungen stellen, damit ich weiter unabhängig sein kann. Ach ja, und zu sich selbst stehen, das ist auch ein ganz wichtiger Punkt, und natürlich für andere Menschen da sein ...

„Jedes Alter hat seine enormen Freuden, man muss sie nur sehen.“

Marion Brandenstein Dumke

Du hast oft am 24. Dezember abends Dienst ...

Ja, das stimmt! Ich bin an dem Tag gern für die Menschen da, die traurig sind, weil sie den Abend allein verbringen müssen und dann zu uns kommen, um ein bisschen unter Leuten zu sein.

Du hast auch schon in Flensburg Essen für Obdachlose ausgegeben ...

Ja, und wenn ich danach nach Hause komme, geht es mir besser, als wenn ich unter dem Weihnachtsbaum hocke.

Marion wohnt unweit ihrer Arbeitsstelle und kann in ihren Pausen schnell ihr Hündchen Gassi führen. Foto: Karin Riggelsen

Also alles in allem wunschlos glücklich, oder gibt es da noch den einen oder anderen Wunsch für die Zukunft?

Ich möchte so zufrieden und glücklich bleiben wie ich bin – und vor allen Dingen gesund für mich, meinen Sohn und meine beiden Enkelkinder Isabell und Leon, die in Pattburg leben, und für alle, die ich kenne.

Als Kind habe ich mir immer gewünscht, auf eigenen Füßen zu stehen und ein ganz normales Leben zu führen. Wir hatten nicht viel, da wo ich herkam. Alles, was ich mir gewünscht habe, ist in Erfüllung gegangen: Eigenes Auto, schöne Wohnung, keine Schulden, und ich bin frei und unabhängig und kann machen, was ich möchte. Was Besseres kann man sich einfach nicht vorstellen. Ich bin unendlich dankbar und glücklich, dass alles so gekommen ist und dass ich so ein schönes, zufriedenes Leben habe. Wenn man mit nichts zufrieden ist – das macht nicht nur die Menschen, sondern auch die ganze Welt ein bisschen trauriger.

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