Leitartikel

„Generation Sesamstraße“

Generation Sesamstraße

Generation Sesamstraße

Nordschleswig/Kopenhagen
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Die Generation Sesamstraße geht bald in Rente und hinterlässt damit eine sprachliche Lücke in Dänemark, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Journalisten neigen manchmal dazu, die Löcher im Käse zu finden. So lautete unsere Überschrift am Montag zum Beispiel, dass in einer You-Gov-Studie es „nur“ 47 Prozent im hohen oder sehr hohen Maße für wichtig halten, dass die Kinder an den Schulen Deutsch lernen.

Legt man die 30 Prozent hinzu, die es im gewissen Maße für wichtig halten, landen wir schon bei knapp 80 Prozent. Und das ist gar kein schlechter Wert.

Denn natürlich müssen nicht alle im Königreich Dänemark Deutsch reden oder verstehen können. Aber es dürfen gerne mehr sein als heute, weil es einem sowohl persönlich als auch gesellschaftlich neue Türen öffnet zu unserem großen Nachbarn südlich der Grenze.

Ausgerechnet der dänische Grenzverein hat das Interesse für die deutsche Sprache in Dänemark untersuchen lassen. „Grænseforeningen“ ist weiterhin der reiche Förderverein, der die Arbeit der dänischen Minderheit in Deutschland unterstützt. Aber der Grenzverein hat sich unter Generalsekretär Knud-Erik Therkelsen und den wechselnden Vorsitzenden der vergangenen Jahre immer öfter das deutsch-dänische Verhältnis, generelle Minderheiten-Perspektiven, Deutschland-bezogene Themen und eben die Sprachen des Grenzlandes vorgeknöpft.

Das ist eine spannende und lobenswerte Entwicklung, von der auch die deutsche Minderheit in Nordschleswig profitiert, denn „Grænseforeningen“ spricht in politischen Kreisen immerhin mit Gewicht, wenn es um Grenzlandfragen geht – und vor allem natürlich, wenn es um Sprache geht.

Deutsch, das wissen wir inzwischen, ist in Dänemark Jahre lang stiefmütterlich behandelt worden. Das wird jetzt zum Problem, weil die Generation Sesamstraße (viele Dänen haben bei TV-Sendungen wie der Sportschau, Sesamstraße und dem Tatort „Fernseh-Deutsch“ gelernt) sich dem Rentenalter nähert und von der englisch-sprechenden MTV-Generation abgelöst werden.

Der Sprachunterricht tut sich daher immer noch schwer, aber es gibt vereinzelt wieder mehr Initiativen und damit Hoffnung. Auch Politiker außerhalb der Minderheit setzen sich inzwischen für die deutsche Sprache ein – unter anderem die Konservativen im Regionsrat und im Haderslebener Stadtrat.

Noch wichtiger ist allerdings, dass die Problematik „deutsche Sprache in Dänemark“ auf der Tagesordnung weiterhin ganz oben bleibt – und das ist der Fall. Dies zeigt sogar eine einfache Google-Suche zur Sprache – Deutsch lässt Französisch und Spanisch deutlich hinter sich. Das ist immerhin eine gute Ausgangsposition für die Zukunft – auch wenn es noch ein weiter Weg ist.

 

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