Integration

Weniger Ängste bei mehr Kontakten zum Fremden

Weniger Ängste bei mehr Kontakten zum Fremden

Weniger Ängste bei mehr Kontakten zum Fremden

Aarhus
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Martin Henriksen
Martin Henriksen von der Dänischen Volkspertei gilt als ein Politiker, der gerne zuspitzt. Foto: Scanpix

Die Psychologin Annette Bohn von der Uni Aarhus sieht die Attraktivität politischer „einfacher Lösungen“ als Folge menschlicher Denkschemata – die überwunden werden können.

Die Psychologin Annette Bohn von der Uni Aarhus sieht die Attraktivität politischer „einfacher Lösungen“ als Folge menschlicher Denkschemata – die überwunden werden können.

Die an der Universität Aarhus lehrende Psychologieprofessorin Annette Bohn spricht am Dienstag um 19.30 Uhr, beim Politischen Forum in der Deutschen Zentralbücherei in Apenrade zum Thema „Wie reagiert die menschliche Psyche auf Unsicherheit, Kontrollverlust, Haltlosigkeit, Entfremdung in Zeiten der Globalisierung“. Die Veranstaltung soll Antworten liefern, weshalb es in jüngster Zeit in vielen Staaten Europas,  auch in Dänemark, starke populistische Strömungen gibt.

Die aus Kiel stammende Wissenschaftlerin weist gegenüber dem Nordschleswiger darauf hin, dass die Menschen über unterschiedliche Persönlichkeiten verfügen. „Einige sind offener gegenüber Neuerungen, andere sind stärker von Ängstlichkeit geprägt“, erläutert sie und nennt als Ursache der Unterschiede  vor allem vorangegangene Erfahrungen. Bei Ängsten vor Fremden spiele eine Rolle, wie viele Kontakte man mit Menschen gehabt hat, die anders sind als man selbst.

Annette Bohn


Annette Bohn

Professorin für Psychologie an der Uni Aarhus.

Sie spricht zum Thema am Dienstag, 9. Mai um 19.30 Uhr, beim Politischen Forum in der Deutschen Zentralbücherei in Apenrade. Der Eintritt ist frei.

Deutsche Zentralbücherei

„Am ehesten entscheidet sich der Mensch für Lösungen, die wenig kognitive Energie erfordern“

„Es ist bezeichnend, dass in Deutschland in Regionen viele AFD- und Pegida-Anhänger auftreten, wo es kaum Ausländer gibt“, berichtet sie. Weist aber auch darauf hin, dass es grundsätzlich mehr oder weniger aufgeschlossene Persönlichkeiten gibt.  Zur Attraktivität „einfacher Antworten“ in der Politik  trage bei, dass  einfache Lösungen durchweg attraktiv für Menschen seien.

„Man reagiert eher unzufrieden, wenn man sich unter vielen verschiedenen Lösungen entscheiden muss. Am ehesten entscheidet sich der Mensch für Lösungen, die wenig kognitive Energie erfordern“, erklärt Annette Bohn  und weist darauf hin, dass Politiker nicht so gut bei den Wählern landen können, wenn  sie die   Dinge kompliziert und nicht leicht lösbar darstellen.

„Eine Rolle spielt auch, dass wir, psychologisch gesehen, besser funktionieren, wenn wir uns an einem Schema orientieren können“, sagt sie und verrät, dass sie dazu kleine Tests mit Studierenden an ihrer Uni durchführt, um das offenzulegen. „Sie müssen Bilder von deutschen Schulanfängern mit Schultüten und Bilder von dänischen Abiturienten  mit Studentenmützen deuten. Die Einordnung funktioniert. Zeigt man Ausländern das Bild mit den Studentenmützen, kommt als Antwort, es müssten Matrosen sein“, berichtet sie. 

Es gebe auch die Tendenz, Dinge so zu sehen, wie man sie gerne sehen möchte. Auch spiele es  in Dänemark eine Rolle, dass in dem relativ kleinen Land die protestantische Religion dominiert und deshalb andere Religionen wenig präsent sind. Bezeichnend sei  die Diskussion, wer Dänisch ist. „Ich lebe schon über 20 Jahre in Dänemark, werde aber irgendwie immer deutscher“, wirft Annette Bohn humorvoll ein.

Und sie hat auch den Eindruck, dass  viele Menschen trotz intensiver Reisetätigkeit sehr wenig wissen, wie das Leben in Nachbarstaaten funktioniert. „Ich konnte erleben, dass man in Aarhus glaubt, dass es in Nachbarländern nicht ebenso wie in Dänemark Tarifparteien mit ‘trepartsforhandlinger‘ gibt.“ Und sie hat festgestellt, dass man in Dänemark glücklich ist und Vertrauen in Menschen hat. Das sei auch verbunden mit einer starken Autoritätsgläubigkeit, wobei man auch meist keine schlechten Erfahrungen mit Autoritäten gemacht hat.

Interessant sei, dass viele Menschen betroffen reagieren, wenn Ausländer, die sie selbst kennengelernt haben, abgeschoben werden. Sind es anonyme Personen, falle es leichter. Nicht ohne Folgen sei der Trend zu hasserfüllten Äußerungen in vielen Medien, die viele Menschen ansprächen.

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