Leitartikel
„Es geht nicht einfach weg“
Es geht nicht einfach weg
Es geht nicht einfach weg
Wenn die Anzahl der Corona-Infizierten nicht zurückgeht, riskiert das deutsch-dänische Grenzland wieder eine De-facto Schließung. Dann nämlich, wenn Grenzlandbewohner in Quarantäne oder negative Tests vorweisen müssen, wenn sie ins Nachbarland wollen, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen
Schüler in Apenrade und Sonderburg sind infiziert, Mitarbeiterinnen in einem Kindergarten in Lügumkloster ebenfalls und auch der oberste Heereschef Dänemarks und der Fußballer Zlatan Ibrahimovic. Schüler und Lehrer der bekanntesten Internatsschule des Landes, Herlufsholm, werden nach Hause geschickt, und Versammlungen sind begrenzt. Die Einwohner Kopenhagens und der Hauptstadtregion stehen bei unseren deutschen Nachbarn auf der Liste der Unerwünschten, während Dänemark nun auch zu Reisen nach Großbritannien abrät, und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther fordert seine Landsleute dazu auf, in den Herbstferien zu Hause zu bleiben.
Das Coronavirus hat uns wieder fest im Griff und greift überall an. Bei Jung und Alt, im In- und Ausland, bei Arm und Reich – niemand ist vor dem Virus geschützt. Es gibt auch kein „Augen zu und durch“, sondern nur ein Zurück zur knallharten Disziplin von Abstandhalten, Händewaschen und sozialer Distanz. Zurück zur Zurückhaltung des Frühlings – so schwierig es auch sein mag. Es ist wieder nötig.
Die Zahlen belegen eindeutig, dass der positive Trend des Sommers eingebrochen ist. Am dritten Tag in Folge gibt es mehr als 500 Neu-Infizierte in Dänemark, und es werden auch wieder mehr Patienten in die Krankenhäuser eingewiesen. Ja, eine Steigerung war im Herbst erwartet worden, aber die Verbreitung des Coronavirus hat so ein Tempo drauf, dass dem Gesundheitssystem wieder der Atem stockt.
Wenn uns das keinen Schrecken einjagt, dann helfen vielleicht die Medienberichte der vergangenen Tage, in denen Patienten darüber erzählen, wie sie heute – ein halbes Jahr nachdem sie vom Coronavirus infiziert wurden – immer noch Folgebeschwerden haben: Atemnot, Kreislaufschwäche, Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns und mehr.
Noch ist Nordschleswig glimpflich davongekommen, doch mit der Ausbreitung im übrigen Lande steigt auch die Gefahr, dass unser Landesteil zu den Regionen gehört, die in anderen Teilen der Welt unerwünscht sind – zumal Nordschleswig nicht für sich bewertet wird, sondern in der Region Süddänemark, wo Varde, Esbjerg, Kolding und Odense bereits große Probleme haben.
Wenn wir jetzt nicht aufpassen, können wir uns selbst den Riegel an der Grenze vorschieben. Das wäre ein herber Rückschlag – nicht nur im Kampf gegen Corona, sondern auch auf dem Weg zur Normalisierung im deutsch-dänischen Grenzland.
Passen wir also besser auf. Mit Abstand und Anstand. Und vergessen wir dabei nicht, dass Menschen dennoch unsere Nähe brauchen.