Leitartikel

„Die Kultur leidet“

Die Kultur leidet

Die Kultur leidet

Kopenhagen
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Wieder einmal sind die Konzert- und Theatersäle leer (Archivfoto). Foto: Sara Eskildsen

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Ein weiteres Mal ist das Kulturleben von den Corona-Maßnahmen besonders hart betroffen. Muss das wirklich so sein, fragt Walter Turnowsky. 

Museen dicht, Konzerte abgesagt, Kinos und Theater leer und Ausstellungen ausgefallen oder verschoben.

Ein weiteres Mal zahlt das Kulturleben einen hohen Preis für die Corona-Maßnahmen. Gewiss, es gibt Hilfspakete, und die sollen jetzt besser funktionieren als bei den ersten beiden Shutdowns, hat uns Kulturministerin Ane Halsboe-Jørgensen (Soz.) versichert. Doch Musikerinnen und Schauspieler wollen auf der Bühne stehen, nicht zu Hause rumsitzen müssen und Überbrückungshilfen empfangen.

Und wir, das Publikum, wollen sie live erleben, im Dunklen des Kinosaals verfolgen, wie Neo es ein weiteres Mal mit der Matrix aufnimmt, wollen die Farben eines Verner Panton auf Trapholt aus der Nähe betrachten und empfinden können.

Wer das Wattenmeerzentrum in Vester Vedsted besucht hat, weiß, eine Ausstellung zum Anfassen lässt sich durch kein Online-Angebot ersetzen.

Wobei die vielen tollen Ideen und Angebote, die sich Kulturschaffende und -institutionen während der Shutdowns einfallen ließen, in keinster Weise kleingeredet werden sollen. In Gegenteil, es war fantastisch, was sie da alles auf Beine gestellt haben, und dafür sollten wir ihnen von Herzen danken.

Tanzoper im Alsion: Im November ging das noch. Foto: Karin Riggelsen

Natürlich mussten Maßnahmen her, als die Omikron-Variante durchs Land zu fegen begann und den Impfschutz durchbrach. Doch hat das Expertengremium, die Epidemie-Kommission, zu keinem Zeitpunkt erläutert, wie sie zu genau dieser Kombination an Maßnahmen gelangt ist. Alternative Bündel an Lösungen hat sie den Politikerinnen und Politikern im Epidemie-Ausschuss nicht präsentiert.

So bleiben Fragen unbeantwortet. Warum ist es zum Beispiel sicherer, ins Fitnessstudio zu gehen als etwa in das Maritime Museum auf Kalvø? Im Einkaufszentrum durften wir relativ dicht gedrängt unsere Weihnachtseinkäufe (trotz Regeln zur maximalen Anzahl von Kunden) tätigen; Beethovens 9. Sinfonie durften wir selbst mit zwei Metern Abstand im Alsion nicht erleben. Bei ausreichend Platz dürfen sich immer noch beliebig viele Menschen drinnen versammeln, wenn nur ja nicht gleichzeitig Musik gespielt wird. Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko bei einem Besuch im Zoo nun tatsächlich?

Das Argument für die erneute Schließung der Kultur war, dass die neue Variante sich bei größeren Versammlungen (den sogenannten Superspreader-Events) aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr besonders rasch ausbreitet. Aber warum gibt es dann kein Versammlungsverbot, sondern ausschließlich eine Schließung von Kulturangeboten – auch jenen mit wenigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Nachdem die Kulturministerin am 17. Dezember die Rückendeckung einer breiten Mehrheit des Epidemie-Ausschusses zu den Maßnahmen für ihr Ressort erhalten hatte, beantwortete sie Fragen, ob sie sich für die Kultur eingesetzt habe, mehr oder weniger mit einem Achselzucken. Wir befänden uns in einer Pandemie, die Maßnahmen seien notwendig, so ihre mehrfach wiederholte Antwort.

Ihre Vorgängerin Joy Mogensen (Soz.) hatte zu Beginn der Corona-Krise gesagt, sie fände es „unpassend“, in der jetzigen Situation über Kultur zu sprechen. Eine Äußerung, für die sie zu Recht scharf kritisiert wurde. Denn wie sich schnell herausstellte (eine Kulturministerin hätte es von Anfang an wissen müssen), hat uns die Kultur trotz aller Einschränkungen durch die Krise geholfen.

Der Stil ist seit der Mogensen-Äußerung ein anderer geworden, in der Sache scheint sich wenig geändert zu haben.

Es gilt daher damals wie jetzt, dass wir sehr wohl über die Kultur sprechen müssen, und zwar gern so deutlich und laut, dass man das auch auf Christiansborg mitbekommt. Wenn die Maßnahmen wieder gelockert werden, sollte das Kulturleben diesmal an erster und nicht an letzter Stelle stehen.

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