Leserbrief

„Schluss mit der Grenzkontrolle“

Schluss mit der Grenzkontrolle

Schluss mit der Grenzkontrolle

Jonas Kopf, Grænseforeningen Ungdom, und Jakob Konrad Kjeldsen Wind, Europæisk Ungdom
Nordschleswig
Zuletzt aktualisiert um:

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die von der dänischen Regierung eingeführte deutsch-dänische Grenzkontrolle ist ineffektiv, teuer und schadet der Grenzregion, meinen Grænseforeningen Ungdom und Europæisk Ungdom. Spätestens nach der nächsten Folketingswahl, so die beiden Organisationen, sollte die Regierung die Grenzkontrolle als symbolpolitischen Nonsens endlich abschaffen.

Als viele Familien aus ganz Europa im August aus ihrem Sommerurlaub zurück nach Hause kamen, wurden sie mit einem nervenraubenden, wenngleich inzwischen altbekannten Umstand an der Grenze konfrontiert: Erneut haben die seit 2016 durchgeführten Kontrollen stundenlange Staus verursacht. Vor 6 Jahren gestattete die EU-Kommission Dänemark nunmehr eine Ausnahme vom Schengener Vertrag.[1] Erst neulich teilte Justizminister Mathias Tesfaye (Soz.) mit, dass es wegen der andauernden Terrorgefahr der Wunsch seiner Partei sei, eine Weiterführung der Grenzkontrolle durchzuführen. Daran würden auch die negativen Konsequenzen für die Bewohner der Grenzregion nichts ändern.[2]

Es scheint ein wenig so, als hätte sich Tesfaye bei dieser Entscheidung Watte in die Ohren gestopft.
Der dänische Nachrichtendienst PET gab auf eine Anfrage hin bekannt, dass es keine belastbaren Daten gäbe, um zu dokumentieren, dass die Grenzkontrolle positiv zur Verminderung der Terrorgefahr beiträgt.[3]

Die Wahrheit ist also, dass die Grenzkontrollen keinen belegbaren Effekt haben. Man muss davon ausgehen, dass die Zeit von 2016 bis 2022 ausreichend gewesen wäre, um Beweise für einen positiven Effekt einzusammeln – wenn es ihn denn gäbe. So bleibt nur der bittere Geschmack dessen, was längst vermutet wurde: Die Grenzkontrolle ist nichts als populistische Symbolpolitik.

Was dahingegen so sicher wie das berühmte „Amen in der Kirche“ ist, ist dass die Grenzkontrollen große gesellschaftliche und menschlichen Schäden mit sich tragen. Zwischen 2016 und 2019 wurden insgesamt über 1 Mrd. Steuerkronen ausgegeben, um die mehr als lockere Stichprobenkontrolle durchzuführen.[4] Dass man solch große Investitionen nicht auf ihre Wirkung prüft, ist mindestens fragwürdig. Das auf dem Rücken der vielen Unternehmen und Pendler*Innen auszutragen, ist für die Grenzregion und ihre Bewohner*Innen fatal.

Die vielen kulturelle Treffen, die über der Deutsch-Dänische Grenze hinweg stattfinden, leiden unter der physischen Barriere und gute Beziehungen geschädigt. Minderheitsfamilien von beiden Seiten der Grenze haben teilweise Schwierigkeiten damit, ihre Familien zu besuchen. Krankenwagen und Feuerwehr werden in ihrer Arbeit behindert, weil sie laufend in den Staus feststecken.[5]

Die Belastung nicht ernst zu nehmen, die finanziellen und zeitmäßige Kosten der Grenzlandbewohner*Innen in Kauf zu nehmen und die freie Beweglichkeit von Gütern und Arbeitskraft – zwei grundlegenden Pfeilern er europäischen Zusammenarbeit – für ein schlechtes Theaterstück an der Grenze zu opfern, ist unverantwortlich und der Regierung Dänemarks unwürdig.

Die Deutsch-Dänische regionale Zusammenarbeit, Region Sønderjylland-Schleswig, hat neben vielen Politikern aus der Grenzregion reagiert und vorige Woche einen Brief an Minister Tesfaye geschrieben, in dem sie die Grenzkontrolle als überflüssig und schädlich verurteilt.[6] Die Frage muss deshalb sein, wann der Minister reagiert – denn auf Dauer kann und sollte er die Aufrufe nicht ignorieren. Besonders wenn inzwischen selbst das Hinterland seiner eigenen Partei die Regierung und die Grenzkontrolle kritisieren.[7]

Es gab die letzten 6 Jahre verschiedene Gründe, die Grenzkontrolle zu bewahren – von der Flüchtlingskrise über die Coronapandemie zur Terrorgefahr. Spätestens nachdem die Frage des Effekts nicht eindeutig beantwortet werden kann, müssen unsere Politiker in Kopenhagen der Wirklichkeit ins Auge sehen und dem Zirkus ein Ende machen. Denn seien wir ehrlich: Selbst wenn man Tesfayes Prämisse akzeptiert, dass Dänemark einer akuten Terrorgefahr ausgesetzt ist, fällt es schwer sich vorzustellen, dass der Einsatz von Polizei und Militär beim Durchwinken der allermeisten Reisenden die bestmögliche Terrorabwehr sein sollte.

So wie es jetzt aussieht, ist die geschlossene Grenze nichts als eine populistische, symbolpolitische und veraltete Maßnahme, die alles, wofür in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg gekämpft wurde, untergräbt. Nach der Wahl fordern wir die neue Regierung – unabhängig vom Ausgang - dazu auf, die Grenzkontrolle als den Nonsens, den sie darstellt, endlich abzuschaffen.

Mehr lesen

Leserbrief

Meinung
Ernstwalter Clees
„Wo bitte gehts zum Herzogtum Süderjütland?“