Leitartikel

„Wahre Freu(n)de?“

Wahre Freu(n)de?

Wahre Freu(n)de?

Kopenhagen/Nordschleswig
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Dänemark bekommt Lob von unerwarteter Seite: Die AfD hat „mutige Dänen“ als Vorbild. Wie können wir nur damit leben?, fragt sich Chefredakteur Gwyn Nissen.

Normalerweise erfüllt es einen mit Stolz, wenn das eigene Land gelobt wird. Sei es zum Beispiel für die fortgeschrittene und beispielhafte Digitalisierung, für die Radfahr- und Hygge-Kultur oder dafür, dass Dänemark Jahr für Jahr im Glücksbarometer immer oben steht.

Die Dänen feiern ihre kleinen Erfolge ganz groß und ihre großen Erfolge überschwänglich. Ja, Dänemark hat sogar über Jahrhunderte die Angewohnheit gehabt, selbst Niederlagen zu feiern und Verlierer zu Helden zu machen.

Dänemark ist ein kleines Land mit großem Stolz und viel Selbstvertrauen. Meist zu Recht.

In den vergangenen Jahren hat es allerdings auch eine klare Tendenz gegeben, dass Dänemark sich abgeschottet hat, sich selbst genug und sich in Flüchtlingsfragen keiner Verantwortung bewusst ist.

Das haben andere auch erkannt, und deshalb gibt es jetzt Lob aus einem ungewohnten Lager, nämlich ausgerechnet von der Alternative für Deutschland (AfD). Und davor auch von den rechtspopulistischen Sverigedemokraterne.

Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, lobt Dänemark für das „Null-Asyl-Modell“ und für die Pläne, Asylzentren im Ausland zu platzieren. „Asylrecht nach dänischem Vorbild aussetzen!“, heißt es sogar in der Wahlwerbung der AfD, die Dänemark als „mutiges“ Vorbild hervorhebt.

Wahlwerbung der AfD Foto: Wahlplakat der AfD

Werbung für Dänemark ist das nicht – im Gegenteil. Von Dänemark als gemütliches und hyggeliges Urlaubsland oder von einer effizienten und kreativen Wirtschaft und Danish Design ist das weit entfernt.

Es ist zwar die offizielle Politik einer Mehrheit im dänischen Parlament – und es findet auch breite Unterstützung in Teilen der Bevölkerung. Aber ist das wirklich das Bild, das Dänemark im Ausland abgeben will?

Kann man sich vorstellen, dass Dänemark sich irgendwann nicht selbst isoliert, sondern von anderen isoliert wird, weil wir zu weit gegangen sind? Dass die internationale Wirtschaft auf Dänemark blickt und sich fragt, ob man wirklich Geschäfte mit einem Land machen möchte, das Ausländer ausschließt und ausgrenzt? Oder dass Touristen sich ein freundlicheres Urlaubsland aussuchen?

Aber dann bleiben uns immerhin noch einige Glatzköpfe aus Sachsen und Skinheads aus Schweden. Unsere wahren Freunde, die uns für unseren Mut loben – das wollen wir doch so gerne hören.

Aber irgendwann könnte es sich ausgehyggt haben. Spätestens dann werden wir wissen, dass in Dänemark eine Kursänderung nötig ist. Bis dahin müssen wir mit dem rechtspopulistischen Lob leben, denn Dänemark hat sich selbst in diese unglückliche Situation gebracht.

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