Dansk-tysk med Matlok

Lykke Friis für eine Zeitenwende in der dänischen Europapolitik

Lykke Friis für eine Zeitenwende in der dänischen Europapolitik

Lykke Friis für eine Wende in der dänischen Europapolitik

Der Nordschleswiger
Der Nordschleswiger
Kopenhagen
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Lykke Friis ist seit 2019 Direktorin von „Tænketank Europa“ (Denkfabrik Europa) in Kopenhagen Foto: Ritzau Scanpix/Jonas Olufson

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Zwei Anhänger des FC Bayern, Lykke Friis und Siegfried Matlok, sprechen im Doppelpass-Interview über Zeitenwende und Aufrüstung auf „DK4“.

Dänemark braucht auch eine Zeitenwende, sagt die Direktorin von „Tænketank Europa“ in Kopenhagen, Lykke Friis, in einem Interview auf „DK4“ auf die berühmte Scholz-Rede anspielend. Dänemark müsse angesichts der dramatischen Veränderungen der jüngsten Zeit seine bisherige EU-Politik auf den Prüfstand stelle, und sie erwartet, dass in der kommenden europapolitischen Absprache unter den Parteien auf Christiansborg auch „einige Dinge revidiert werden müssen“.

Die frühere Venstre-Ministerin betonte, sie sei zwar nicht mehr Politikerin, aber sie sei schon manchmal ein wenig frustriert, dass man in Dänemark die politische Entwicklung in anderen Ländern und deren Bedeutung für das eigene Land nicht so ernst nehme. Es müsse auch in Dänemark eine Zeitenwende eingeleitet und aufgerüstet werden – und nicht nur militärisch. Es gehe ihr auch darum, dass die kulturellen-sprachlichen Kompetenzen in Dänemark dringend verbessert werden.

Die aus Funk und Fernsehen bekannte Deutschland-Expertin sieht nach der Scholz-Rede „einen wichtigen Unterschied in der deutschen und dänischen Betrachtungsweise“. In Kopenhagen habe man zu sehr den Glauben, dass die Amerikaner schon zur Hilfe kommen, wenn Not am Mann ist, aber diesen festen Glauben hat man nicht so in Berlin. Wenn ich mit deutschen Politikern und Meinungsmachern spreche, dann sagen sie „um Gottes willen“ bei dem Gedanken, dass Trump ins Weiße Haus zurückkehrt, nur so spricht  keiner auf Christiansborg. Aber dies sei auch ein Teil der Zeitenwende;  gemäß der Rede von Angela Merkel, dass Europa sein Schicksal in die eigene Hand nehmen muss.

Scholz und die europäische Souveränität

Die „Gefahr“ einer EU-Armee – sie war 1972 bei der Volksabstimmung über den  dänischen EU-Beitritt das Schreckgespenst der Gegner — sieht Lykke Friis  nicht, aber in der Sendung „Dansk-tysk med Matlok“ verwies sie darauf, zu beachten, was Scholz in seiner Rede ausdrücklich betont: die europäische Souveränität. In Dänemark verbindet man die europäische Zusammenarbeit oft mit der Abgabe eigener nationaler Souveränität an  Brüssel, aber der Bundeskanzler hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch für Deutschland eine nationale Souveränität nicht ausreicht. Sie sei vielmehr nur in der Zusammenarbeit als europäische Souveränität zu sichern, damit sich Europa selbst behaupten kann. Nicht nur verteidigungspolitisch, sondern auch klimapolitisch und handelspolitisch.

Grüne Zeitenwende 

Nach ihrer Einschätzung hat Scholz zwar mit seiner Rede die Wende gebracht, aber die Veränderung in der deutschen Politik hatte sich bereits unter Merkel angebahnt – wenn man mal von den 100 Milliarden zusätzlich für die Verteidigung absieht. Das hat Angela Merkel damals nicht geschafft  – unter Finanzminister Olaf Scholz. Ähnliche Pläne hat es aber von Merkel und Scholz bereits in der Zeit von Donald Trump gegeben, sodass Finanzminister Lindner diesen Plan eigentlich nur noch aus der Schublade ziehen musste. Scholz hat natürlich eine zentrale Rolle bei der Zeitenwende gespielt, aber in diesem Kontext müsse vor allem hervorgehoben werden, dass erst Grünen die Zeitenwende überhaupt möglich gemacht haben. Die Scholz-Rede sei das historische Ereignis, doch wegweisend seien in der Bundestagsdebatte auch die Äußerungen von Robert Habeck, dass Energiepolitik auch Sicherheitspolitik sei, und die Rede von FDP-Chef Lindner gewesen, der die grüne Energie sogar als Freiheitsenergie bezeichnet habe.

Mette Frederiksen mit Herz Europa

Als erfreulich bezeichnete es Lykke Friis, dass Staatsministerin Mette Frederiksen, die früher auch so manche Skepsis gegenüber der EU geäußert habe, schon vor der Ukraine-Krise ein Bekenntnis zur EU abgelegt habe, u. a. mit dem Satz, Dänemark solle sich im Herzen Europas platzieren. Natürlich habe die dänische Regierung nicht die Ereignisse der vergangenen Zeit vorhersehen können, und deshalb wird sie sich auf eine neue europäische Dynamik einstellen müssen und vor allem die Frage klären, wo Dänemark künftig mitziehen will.

Große europäische Vertragsänderungen erwartet Lykke jedoch nicht. Scholz habe zwar in seiner Regierungserklärung einen „föderalen europäischen Bundesstaat“ als Ziel genannt, aber wenn man deutsche Politiker konkret nach den Inhalten fragt, bekommt man keine klare Antwort. Die Zeitenwende-Rede sei wichtiger als die Regierungserklärung, analysierte Lykke Friis im Interview auf „DK4“.

Das Interview gibt es hier zum Nachschauen:

 

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