Bürokratie

Teil der dänischen Minderheit, aber angeblich „keine Verbindung zu Dänemark“

Teil der dänischen Minderheit, aber angeblich „keine Verbindung zu Dänemark“

Dänische Minderheit, aber „keine Verbindung zu Dänemark“

Apenrade/Schleswig
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Kerstin Gosch arbeitet beim Schulpsychologischen Dienst der deutschen Minderheit. Foto: Karin Riggelsen

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Zweitwohnsitz in Dänemark? Eigentlich Formsache, dachte Kerstin Gosch. Die Schleswigerin arbeitet bei der deutschen Minderheit in Dänemark. Sie selbst gehört zur dänischen Minderheit in Deutschland. Darum will sie jetzt einen letzten Versuch wagen, eine Genehmigung zu bekommen.

„Auf Grundlage der vorliegenden Informationen ist Civilstyrelsen nicht der Ansicht, dass Sie eine so besondere Verbindung zu Dänemark haben, dass die Genehmigung zum Erwerb eines Zweitwohnsitzes in Dänemark erteilt werden kann“ – Kerstin Gosch traut ihren Augen kaum, als sie diesen Satz liest.

Dabei lief bis zu diesem Zeitpunkt für die Südschleswigerin alles wie am Schnürchen. Seit August arbeitet sie beim Schulpsychologischen Dienst des Deutschen Schul- und Sprachvereins für Nordschleswig. Um sich die täglichen Fahrten aus Schleswig zu ersparen, wollte die 52-Jährige eine Zweitwohnung in Apenrade (Aabenraa) kaufen. Auch weil sie in ihrem Beruf ohnehin viel im Auto unterwegs ist und zu Schulen in ganz Nordschleswig fährt.

„Ich habe mich informiert und erfahren, dass ich dafür eine Genehmigung von Civilstyrelsen brauche“, so Gosch, die ihr Haus in Schleswig als Erstwohnsitz nicht aufgeben möchte. Ihr Mann wohnt und arbeitet weiterhin dort.

Auf der Webseite von Civilstyrelsen erfährt sie, dass Zweitwohnungen zum Beispiel als Pendlerwohnungen genutzt werden können. Weiter heißt es: „Die Genehmigung zum Erwerb eines Zweitwohnsitzes können Sie nur erhalten, wenn Sie eine besondere Verbindung zu Dänemark haben.“

Kein Problem, denkt sich Kerstin Gosch, die in Schleswig Teil der dänischen Minderheit ist und deren Kinder Schulen in Dänemark besuchen.

Lange Liste mit Verbindungen zu Dänemark

Detailliert listet sie in einem Formular ihre Verbindungen, Anknüpfungspunkte und Aufenthalte in Dänemark auf: Als Teil der dänischen Minderheit sind ihre beiden Kinder in dänische Kindergärten und auf dänische Schulen in Südschleswig gegangen. Mittlerweile ist ihr Sohn auf einer Nachschule in Dänemark, und ihre Tochter besucht das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig in Apenrade.

Seit 2004 lernt Kerstin Gosch Dänisch, kann sich in der Sprache unterhalten, schreiben und lesen.

Kerstin Goschs Tochter geht auf das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig. Foto: Karin Riggelsen

Die Schwester ihres Mannes, zu der sie eine enge Verbindung pflegt, ist nach Dänemark gezogen und lebt mit einem dänischen Mann und zwei Kindern in Skjern. Ihre eigene Oma ist in Hadersleben (Haderslev) geboren.

Seit ihrer Kindheit unternimmt Kerstin Gosch Besuche, Ausflüge und Urlaube nach Dänemark. Diese hat sie ausführlich in chronologischer Reihenfolge aufgelistet.

Ihr Mann ist Mitglied bei der Radsportinitiative Team Rynkeby und Team Grænzland. Sie selbst ist im Südschleswigschen Verein (Sydslesvigsk Forening) und im Dänischen Schulverein für Südschleswig (Dansk Skoleforening for Sydslesvig) aktiv. Seit 2018 besitzt die Familie einen festen Stellplatz auf einem Campingplatz auf Fünen, durch den sie viele soziale Kontakte zu dänischen Campern pflegt.

Kaufvertrag lag bereits vor

Während sie auf die Bearbeitung ihres seitenlangen Antrages durch die Behörde wartet, findet sie im Internet ein kleines Haus in Störtum (Styrtom) in der Kommune Apenrade, von dem aus sie mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren kann. Kerstin Gosch kümmert sich um die Finanzierung, und sogar der einseitig unterschriebene Kaufvertrag liegt schon vor, nur die Genehmigung der Civilstyrelsen fehlt.

Eine Sachbearbeiterin meldet sich bei ihr und fragt nach, wie viele Tage am Stück sie in Dänemark verbracht hat. „Nie mehr als zwei Wochen am Stück, aber insgesamt mehr als sechs Wochen im Jahr“, antwortet Kerstin Gosch.

Die Schleswigerin würde gerne in der Nähe ihrer Arbeit eine Zweitwohnung kaufen, um sich die tägliche Fahrerei zu ersparen. Foto: Karin Riggelsen

Einige Zeit später folgt die Absage, mit der Begründung sie habe nicht die ausreichende Verbindung zu Dänemark, damit die Genehmigung für einen Zweitwohnsitz ausgestellt werden kann. „Ich habe meinen Augen nicht getraut“, verrät Kerstin, als sie das Antwortschreiben erhalten hat. „Ich habe gedacht, da muss ein Fehler vorliegen.“

Doch so schnell gibt sie nicht auf. Mit einer Anwältin versucht sie Widerspruch gegen die Entscheidung der Verwaltung einzulegen, mit der Antwort, dass die Entscheidung endgültig sei und nicht angefochten werden könne.

Absage sorgt für Unverständnis in der Politik

Warum eine aktive Teilhabe in der dänischen Minderheit nicht als besondere Verbindung zu Dänemark anerkannt wird, trifft bei Christian Dirschauer, Landtagsabgeordneter des Südschleswigschen Wählerverbandes, auf Unverständnis. „Es scheint absurd, dass eine so starke Verwurzelung in der dänischen Minderheit nicht ausreicht, um die Zugehörigkeit zu Dänemark zu beweisen. Ich dachte, wir wären schon weiter“, teilt der Politiker in einem schriftlichen Kommentar an den „Nordschleswiger“ mit.

Bertel Haarder
Bertel Haarder bringt Sonderregeln für die dänische Minderheit ins Spiel. Foto: Lars Salomonsen, Flensborg Avis

Auch der frühere Minister Bertel Haarder (Venstre) ist über die Absage auf Anfrage des „Nordschleswigers“ verwundert. „In anderen Bereichen gibt es Sonderregelungen für Angehörige der dänischen Minderheit in Südschleswig, sodass ich mich frage, ob auch in diesem Fall eine Ausnahme von den strengen dänischen Regeln gemacht werden kann“, so Haarder, der im deutsch-dänischen Grenzland in Randershof (Rønshoved) aufgewachsen ist. „Ich denke, das ist die Grundlage für einen Brief an den zuständigen Minister“, schreibt der Politiker.

Ein letzter Versuch

In den Weihnachtsferien will Kerstin Gosch einen letzten Versuch wagen. Auf der Webseite der Civilstyrelsen gibt es den Hinweis, dass es möglich ist, bei einem parlamentarischen Ombudsmann Beschwerde einzureichen. So will sie versuchen, doch noch ihre Genehmigung für einen Zweitwohnsitz zu bekommen. „Mittlerweile bin ich zwar richtig enttäuscht und desillusioniert, aber wenn es klappt, würde ich es sofort machen“, gibt sie sich kämpferisch. Das schöne Häuschen in Störtum ist zwar inzwischen anderweitig verkauft, aber es findet sich bestimmt wieder etwas Schönes, ist sie sich sicher.

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