Fall Noah

Neun Jahre Haft für Noahs Stiefvater

Neun Jahre Haft für Noahs Stiefvater

Neun Jahre Haft für Noahs Stiefvater

cvt/Ritzau
Sonderburg/Sønderborg
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Das Grab Noahs. Foto: Ute Levisen

Das Stadtgericht hatte ihn freigesprochen – doch in zweiter Instanz ist der Stiefvater des 17 Monate alten Noah aus Sommerstedt nun schuldig gesprochen worden. Der Verurteilte verschwand aus dem Gericht, wurde aber am Abend gefunden.

Das Westliche Landgericht in Sonderburg hat einen 31-jährigen Mann am Montag für schuldig befunden, Gewalt mit Todesfolge auf seinen 17 Monate alten Stiefsohn Noah ausgeübt zu haben. Neun Jahre soll der Mann ins Gefängnis. Die Verteidigung hatte auf sechs Jahre plädiert.

Der kleine Junge starb 2016 im Wohnhaus der Familie in der Storegade in Sommerstedt. Die Obduktion zeigte, dass zehn Rippen gebrochen waren und dass es zahlreiche Verletzungen an Brustkorb und Rumpf gab.

Im März 2018 hatte die Mehrheit am Schöffengericht von Sonderburg entschieden, den Stiefvater freizusprechen. Die Staatsanwaltschaft ging in Berufung – und in zweiter Instanz sind Richter und Schöffen nun zu einem anderen Urteil gekommen.

Verurteilter aus Gericht verschwunden

Nach dem Schuldspruch hat der 31-Jährige das Gerichtsgebäude verlassen. Der 31-Jährige war nicht inhaftiert, da er in erster Instanz freigesprochen worden war, weshalb zunächst auch nicht von Flucht die Rede war.

Die Verkündung des Strafmaßes von neun Jahren Haft, 100.000 Kronen Schadenersatz für Noahs Mutter sowie der Übernahme der Prozesskosten für beide Instanzen fand ohne den Verurteilten statt.

Der Anwalt des Verurteilten, Gert Dyrn, sagte nach Ende des Prozesstages in Sonderburg: „Er ging zusammen mit seiner Familie und seiner Lebensgefährtin auf den Parkplatz und ich bekam zu wissen, dass sie etwas zu trinken holen wollten, und seither habe ich ihn nicht mehr gesehen.“

Dyrn machte sich  Sorgen um seinen Mandanten: „Ich hoffe, dass ich bald von ihm höre. Ich will es mal so sagen, er war am Boden zerstört darüber, wie es ausgegangen ist.“ Das Urteil könne er ebenso wenig verstehen, wie sein Mandant: „Es gibt ja nichts Neues. Es sind einfach nur neue Leute, die sich das angesehen haben“, so Dyrn.

Am späten Nachmittag dann veröffentlichte die Polizei von Südjütland und Nordschleswig eine offizielle Fahndungsmeldung auf Wunsch der Staatsanwaltschaft.

Laut Wachleiter Ole Aamann wurde der Verurteilte am Abend, gegen 20 Uhr, in Nordschleswig gefunden. „Er ist auf dem Weg in eine Zelle, wo er übernachten soll“, so Aamann. Am Dienstag wird er in Viborg dem Haftrichter vorgeführt – mit dem Antrag auf direkten Antritt der Haftstrafe.

Mysteriöser Fall

Der Tod des kleinen Noah war von Anfang an mysteriös. Seine Mutter hatte in der Presse geschildert, wie sie sich von ihrem Kind verabschiedet habe, als die Ärzte zunächst von einer Lungenentzündung ausgingen. „Ich konnte nichts tun. Ich konnte Noah nur ansehen, wie er im Flur lag, während die Ärzte und Rettungskräfte um sein Leben kämpften“, sagte sie im Februar zu JydskeVestkysten.

„Schließlich sagten sie mir, dass es seine einzige – sehr kleine – Chance wäre, ihn mit dem Hubschrauber ins Reichshospital zu fliegen“, so die Mutter damals.

Als Noah dort für tot erklärt wurde, glaubte die Mutter, dass er an einer Lungenentzündung gestorben sei. Doch die Obduktion zeigte, dass der kleine Körper voller Verletzungen war. Die Leber war zerrissen, es gab Blutungen in der Lunge und innere Blutungen an Nieren und Därmen.

Die Polizei nahm daraufhin den heute 31-jährigen Mann fest, der damals der Lebensgefährte der Mutter war.

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