Historicum

Geschichte und Gegenwart verschmelzen

Geschichte und Gegenwart verschmelzen

Geschichte und Gegenwart verschmelzen

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Christiansfeld
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Der gebürtige Apenrader Bjarne Hansen (59) im Laden. Foto: Karin Riggelsen

Im Historicum sind 600 bis 700 historische Kostüme und Requisiten aus der Bronzezeit bis ins 20. Jahrhundert und vieles mehr zu bestaunen. Nach einem Abstecher nach Fünen fühlen sich Annette Herbst und Bjarne Hansen willkommen in Christiansfeld.

Das Historicum ist werktags von 10 bis 17 Uhr und sonnabends bis 15 Uhr geöffnet. Das Geschäft ist eine Fundgrube für diejenigen, die sich beispielsweise mit mittelalterlichen Themen in Verbindung mit Rollenspielen oder Themenfesten   interessieren. Annette Herbst  macht keinen Hehl daraus, dass ihr besonders das Vermitteln der Geschichte am Herzen liegt.  Sie lässt  das Kulturerbe  lebendig werden bei maßgeschneiderten Veranstaltungen für Jung und Alt.

„Als eine Historicum-Mitarbeiterin mit dem Umzugswagen in die Stadt eingebogen ist, wurde sie von einer älteren Passantin mit einem freudestrahlenden ,willkommen in der Heimat’ begrüßt“, erinnert sich Annette Herbst.

Im September bezog das historische Unternehmen „Historicum ApS“, die Räume an der Kongensgade 7. Das Ehepaar Annette Herbst und Bjarne Hansen freut sich darüber, dass sie ihre Firma, nach knapp drei Jahren auf Fünen, Mitte Oktober in Christiansfeld wieder eröffnen konnten. „Wir werden mit offenen Armen aufgenommen. Historicum ist den meisten in Christiansfeld und Umgebung geläufig“, sagt Firmenchefin Annette Herbst.

Geschichte lebendig machen

Geschichte lebendig machen und vermitteln wurde für die 54-Jährige zum Lebensstil. Im Historicum spannt sich der Bogen von der Bronzezeit bis in die Gegenwart. Das macht sich in der Vielfalt des Warensortiments mit 600 bis 700 nachempfundenen Trachten und Gewändern, Geschirr, Schmuck, Ziergegenständen, farbintensiven Stoffen, Hüten und Schuhwerk, alles geschichtsbezogen, bemerkbar. Auch in der Vorweihnachtszeit könnte sich der Laden als Fundgrube erweisen für Kreative und Geschenksuchende, die Ausschau halten nach einem bunten Mix aus Unikaten und Designs mit historischem Touch. Schwerpunktmäßig beschäftigt Herbst sich mit dem Verkauf von Kostümen und Accessoires von anno dazumal. Die Firma schreckt aber nicht davor zurück, neuzeitliche Garderobe zu kreieren. Jüngst bekam Herbst den Auftrag, einem Kunden eine „qualitativ gute Weihnachtsmannkluft“ zu schneidern. Annette Herbst hat einen Hochschulabschluss als Handarbeitslehrerin. Sie unterrichtete viele Jahre an der Produktionsschule in Hadersleben. Das Interesse für Handarbeiten und Geschichte ermutigte sie dazu, sich erstmals 2004 in Apenrade zusammen mit einer ehemaligen Kollegin als Existenzgründerin niederzulassen. „Die Idee für den Firmennamen, der so viel bedeutet wie etwas über Geschichte, kam uns, als wir an Luthers Hochzeit in Wittenberg teilnahmen“, schmunzelt Annette Herbst.

Firmenfusion auf Fünen scheiterte

Nach Stationen in Apenrade, Hadersleben und Christiansfeld verlegten Herbst und Hansen Ende 2015 ihren Standort nach Båring. Der damalige Plan war es, mit einer dortigen Firma zu kooperieren.

Die Fusion scheiterte. Bei dem Paar entstand der Wunsch, nach Südjütland zurückzukommen. Der Beschluss war schnell gefasst, aber der Umzug konnte erst vollzogen werden, als die finanziellen Mittel dafür angespart waren. „So ein Umzug geht ins Geld“, sagt Herbst: „Eine sehr viel Zeit und Mühe erfordernde Arbeit, die wir nicht ohne Hilfe unserer Mitarbeiter, Freunde und Familienmitglieder hätten schaffen können.“

Historicum ist ein sozialökonomischer Betrieb mit insgesamt sieben Mitarbeitern. Schwerpunktmäßig beschäftigt sich Annette Herbst damit, ihr Unternehmen zu entwickeln und die Online-Strategie zu stärken. Sie ist froh, dass es im Vorjahr gelang, nach intensiver Vorarbeit mit den Behörden, eine offizielle Gutheißung als sozialökonomischer Betrieb zu erlangen. „Wir verdienen aber nicht daran , Mitarbeiter einzustellen. Wir erzielen Gewinn durch den Verkauf von Produkten“, unterstreicht Herbst. Bjarne Hansen arbeitet, seit er aus gesundheitlichen Gründen mit seinen Kräften haushalten muss, vorwiegend in der Verwaltung, dem Online-Shop und der Marketingabteilung, weswegen er viel auf Messen und Märkten unterwegs ist.

An der Kongensgade wurde auch Platz geschaffen für eine historische Bibliothek und ein Café. Das Kaffeehaus wurde mit antiken Möbeln gestaltet und ist der Atmosphäre des Hauses angepasst. Es wird vorwiegend von Ehrenamtlern betreut. Momentan unterstützen fünf Ehrenamtliche das Historicum. Im Café sind wechselnde Ausstellungen geplant. Bis Heiligabend können sich Gäste dort niederlassen, um Kaffee und Gebäck in weihnachtlichem Ambiente mit Baumschmuck, wie er Anfang des 20. Jahrhunderts in Mode war, genießen. Bei der Geschäftseröffnung wurde die Ausstellung mit Kostümen und Accessoires bestückt, die Herbst und ihre Mitarbeiter für die Dramaserie mit historischer Dimension von Danmarks Radio (DR), „Historien om Danmark“, geschaffen hatten.

 

Bekleidungshandwerker-Auszubildende Sheena Larsen und Danni Herbst in der geräumigen Nähstube Foto: Karin Riggelsen

Von Schneiderbüsten bis zu Halskrausen

Annette Herbst weist darauf hin, dass ihre Firma viele Geschäftspartner in Süddänemark hat. Für Koldinghus und Schloss Sonderburg habe sie im Laufe der Jahre etliche Aufgaben gelöst. Zurzeit ist eine Historicum-Mitarbeiterin dafür abgestellt, Schneiderpuppen für eine geplante Sonderausstellung am Schloss herzustellen. Die Schneiderbüsten werden, so Annette Herbst, für die dänischen und deutschen Uniformen, die Teil der Ausstellung werden sollen, genutzt.

Außer TV- und Filmproduzenten, Museen und Eventbüros gehören Private zum Kundenstamm. Sollte der Kunde auf der Suche nach einem passenden Outfit nicht fündig werden, setzen sich Herbst und ihre Crew gerne an die Nähmaschine, um die gewünschte Kreation zu nähen. Eine kleine Nische aufgebaut haben sich die Christiansfelder mit der Wartung von pastoralen Halskrausen. Die Krausen, wie Pastoren der dänischen Volkskirche sie tragen, können im Historicum gekauft und gewartet werden.

Annette Herbst und Bjarne Hansen - Historicum wurde zur Lebensaufgabe

Annette Herbst hat viele Jahre an der Produktionsschule in Hadersleben unterrichtet. Das Interesse für und Vermitteln von Geschichte brachte sie vor 14 Jahren auf die Idee, sich, zunächst zusammen mit einer Partnerin, selbstständig zu machen. 2015 verabschiedeten sich Annette Herbst und Bjarne Hansen von Süddänemark und zogen nach Fünen. Die erhoffte Kooperation mit einem Unternehmen in Båring scheiterte. Das Ehepaar will sich nun auch privat neu ausrichten. Sobald ihr jüngstes Kind, die 16-jährige Maja, ihren Schulabschluss geschafft hat, werden sich die Eheleute auf die Suche machen nach einer Wohnung in Christiansfeld, damit es ein Ende hat mit dem Pendeln. Das Paar hat insgesamt sechs Kinder. Außer Maja ist auch Danni, der 29 Jahre alt ist und momentan im Historicum arbeitet, eines der beiden gemeinsamen Kinder. Zur Familie zählen des Weiteren zehn Enkel.

Historischer Geldbeutel aus den Niederlanden mit Platz für sieben Währungen. Ein freischaffender Mitarbeiter hat die vielseitig anwendbare Geldbörse in hochwertigem Leder genäht. Foto: Karin Riggelsen
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