Giftiger Löschschaum

Militärische Altlasten – und kein Geld zum Aufräumen

Militärische Altlasten – und kein Geld zum Aufräumen

Militärische Altlasten – und kein Geld zum Aufräumen

Hadersleben/Haderslev
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Die Bereitschaftsbehörde am Vilstrupvej ist eine der Militäreinrichtungen der Kommune, die giftigen Löschschaum eingesetzt hat. Auch andere Regionen Dänemarks sind von Verunreinigungen durch PFAS-Verbindungen betroffen (Modellfoto). Foto: Ute Levisen

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Seit sieben Jahren ist bekannt, dass giftiger Löschschaum von Militärübungsplätzen in der Kommune Hadersleben eine latente Gefahr für das Grundwasser ist. Geschehen ist seither wenig. Der Verursacher, das dänische Militär, „überwacht“ zwar den Grad der Verunreinigung, zum Aufräumen aber fehle das Geld.

Seit 2015 wissen die Kommune Hadersleben und die dänische Verteidigung, dass sie ein Riesenproblem haben – noch dazu eines, das man im Unterschied zur Lärmbelästigung durch Dänemarks Kampfjets auf dem Fliegerhorst Skrydstrup weder sehen noch hören oder riechen kann: die Verunreinigung durch die umweltschädlichen Stoffverbindungen PFAS.

Eine tickende Bombe

Seit vielen Jahren bereits wird PFAS-haltiger Löschschaum auf den Übungsplätzen der Bereitschaftsbehörde am Haderslebener Vilstrupvej sowie auf Dänemarks einzigem Stützpunkt für Kampfjets in Skrydstrup zum Löschen eingesetzt. Inzwischen ist die Versickerung so weit gediehen, dass Trinkwasserbohrungen gefährdet sind, obgleich, so stellt die Kommunalverwaltung fest, mit Blick auf die Trinkwasserversorgung noch alles im grünen Bereich sei.

60 Stunden mit Löschschaum

„Wenn man sich jetzt nicht ans Aufräumen macht, dann wird die Lage in zehn Jahren katastrophal“, sagt ein Kenner der Materie, der frühere Kommunalratsabgeordnete Svend Brandt von der Haderslebener Einheitsliste. Je mehr Zeit vergehe, umso teurer werde das Aufräumen: „Wir entscheiden, ob die Kosten dafür im zwei-, drei- oder vierstelligen Bereich liegen werden“, warnt Brandt. Und das nicht zum ersten Mal.

Brandt hatte bereits im Vorjahr Alarm geschlagen, nachdem er ca. 60 Stunden damit verbracht hatte, sich in die komplexe Materie einzuarbeiten.

Svend Brandt (rechts), hier zu sehen mit dem neuen Vorsitzenden des Klimaausschusses, Carsten Leth Schmidt, hat 60 Stunden damit verbracht, sich in das komplexe Thema einzuarbeiten. Foto: Ute Levisen

Verursacher nicht mit Sicherheit feststellbar

Seither ist zwar viel Wasser durch die Gelsau geflossen, passiert ist wenig. Außer dass auch in dem Wasserlaufsystem der Gelsau (Gelså), das wiederum ins Wattenmeer mündet, PFAS-Verbindungen festgestellt worden sind.
Allerdings könne man „nicht mit Sicherheit“ sagen, ob just diese Verunreinigung in dem Wasserlauf auch aus dem Abwasser des Kampfjetstützpunktes in Skrydstrup stamme, stellt die technische Verwaltung in einem Statusbericht fest. Verunreinigungen sind unter anderem am Vilstrupvej am Standort der Bereitschaftsbehörde nachgewiesen worden. Zwei weitere Orte, Solsikkevej 2 und Vesterskoven, sollten genauer untersucht werden, rät die Verwaltung. Auch in zwei Seen auf dem Gebiet der Bereitschaftsbehörde sind PFAS-Stoffe gemessen worden. Das Wasser von dort läuft wiederum in den Skinkelsbæk, wo eine Verunreinigung ermittelt wurde, die über den Grenzwerten liegt.

Alles im Grünen?

Den Verursachern, der Bereitschaftsbehörde und dem Fliegerhorst Skrydstrup, die beide der dänischen Verteidigung und somit der Regierung unterstehen, fehlen zum Aufräumen „die Ressourcen“. Eine Ansage, die nach Angaben von Haderslebens Kommunalverwaltung die zuständige Behörde, „Forsvarets Ejendomsstyrelse“ (FES), in Gesprächen zum Ausdruck gebracht hat.

Die gute Botschaft: Laut Kommunalverwaltung besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine Gefahr für Mensch und Tier. Zumindest nicht nach dem jetzigen Wissensstand.

Bereits im Oktober 2020 verhängte die Kommune ein Verbot, das das Ausleiten von Abwässern vom Übungsplatz des Stützpunktes in die Kläranlage in Skrydstrup unterband. Seine Abwässer muss der Fliegerhorst als Sondermüll entsorgen. Immerhin: Kommune und FES haben sich darauf verständigt, weitere Daten für eine „robustere“ Risikoeinschätzung zu sammeln.

Ausschussmitglied Helene Hellesøe Appel wendet sich an ihre Folketingsgruppe für einleitende Gespräche über die militärischen Altlasten. Foto: Ute Levisen

Fünf nach 12

Dass es damit nicht getan ist und die Angelegenheit keinen weiteren Aufschub duldet, darin waren sich die Mitglieder des Ausschusses für Technik und Klima einig. Helene Hellesøe Appel von der Einheitsliste, neu im Kommunalvorstand und im Ausschuss, kündigt ihrerseits an, sich diesbezüglich an die Folketingsgruppe ihrer Partei zu wenden.

Staatlich verordnete Handlungslähmung

Der frühere Technische Ausschuss hatte sich bereits auf seiner Dezembersitzung darauf verständigt, beide Militäreinrichtungen mit dem Aufräumen bzw. dem Abpumpen des verunreinigten Wassers zu beauftragen – vorausgesetzt, die Kommune ist dazu als Aufsicht führende Behörde befugt.

Seither ist nichts geschehen. Während sich die Kommune fragt, ob sie ihrer Aufsichtspflicht auf Militärgelände nachkommen darf, fließt noch mehr Wasser durch die Bäche der Kommune, wo die Frustration angesichts der staatlich verursachten Verunreinigung und der offensichtlich ebenfalls staatlich verordneten Handlungslähmung exponentiell zunimmt.

Ein Fall für Christiansborg

Warum ist in den vergangenen Jahren und Monaten so wenig geschehen – nicht zuletzt mit Blick auf bereits beschlossene kommunale Auflagen für die militärischen Sperrgebiete?
„Man könnte jetzt viel Zeit mit der Ursachenforschung verbringen“, sagt der neue Vorsitzende des Klima-Ausschusses, Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei. Doch die Zeit drängt: „Wir werden mit unserer Verwaltung ab jetzt laufend Gespräche darüber führen, was sich in dieser Sache tut.“

Spätestens Anfang April soll eine juristische Einschätzung des kommunalen Handlungsspielraums vorliegen.

Fortsetzung folgt.

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