Grenzland

Ösbyer Pastor kreiert zum Doppeljubiläum eine Flagge fürs Grenzland

Ösbyer Pastor kreiert zum Doppeljubiläum eine Flagge fürs Grenzland

Ösbyer Pastor kreiert zum Doppeljubiläum eine Flagge fürs Grenzland

Ösby/Øsby
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Peder Kristiansen hisst den Prototypen der Flagge, der kleiner ausfällt, als dies bei Flaggen normalerweise der Fall ist, an der Kirche zu Ösby – neben dem Wiedervereinigungsstein – zum allerersten Mal. Foto: Ute Levisen

Der 100. Jahrestag der Grenzziehung 2020 ist schon jetzt in aller Munde, und die Vorbereitungen auf das große Jubiläum laufen seit geraumer Zeit auf Hochtouren. Peder Kristiansen aus Ösby macht dem deutsch-dänischen Grenzland zum 100. ein besonderes Geschenk: eine Sønderjylland-Schleswig-Flagge.

Peder Kristiansen, Pastor der Gemeinde Ösby und der Insel Aarö, hatte vor nunmehr zehn Jahren eine Idee: eine Fahne für das deutsch-dänische Grenzland.
Gesagt – getan! Im Vorfeld des 100. Jahrestages der Volksabstimmung machte sich Kristiansen ans Werk. Mit Buntstiften seiner Kinder entstand ein erster Entwurf. In der vergangenen Woche traf das erste „druckfrische“ Exemplar seiner Arbeit im Pfarrhaus ein: ein in strahlendem Gelb-Blau gehaltener Prototyp der Flagge aus Stoff mit skandinavischem Doppelkreuz.

Peder Kristiansen hat ein Faible für Flaggen, Wappen und Geschichte. Von seinen Reisen bringt er gern Fahnen-Beispiele aus anderen Regionen Europas mit. Foto: Ute Levisen

Ein Probeballon

„Es ist eine Art Probeballon. Ein Symbol der schleswigschen Identität.“ Sagt Kristiansen.
Was aber bedeutet schleswigsche Identität in einer Zeit, in der die gemeinsame Geschichte zusehends verschwindet – und langsam entschwindet?
Diese Grenzland-Identität ist, so viel steht fest, mannigfaltig, wofür der Ösbyer Pastor selbst ein Beispiel ist. Der gebürtige Füne kennt das Erleben von zwei Kulturen aus dem Alltag als Pastor auf dem nordschleswigschen Lande und aus der Familie. Seine Frau kommt aus Ostdeutschland. Kristiansens Wahlheimat liegt in einer seit dem Mittelalter von zwei Kulturen geprägten Region, deren Geschichte es wert sei, erinnert zu werden, wie er betont.

Die Gala-Version der Sønderjylland-Schleswig Fahne mit den blauen Schleswigschen Löwen auf gelbem Hintergrund. Foto: Ute Levisen

Ein Spiegel der Vielfalt

Peder Kristiansen tut es auf seine Weise. Die Heraldik ist sein Steckenpferd, gepaart mit einem Faible für Geschichte. Für seine Gemeinde Ösby schuf der Pastor ein neues Dorfwappen. Zum 100. „Geburtstag“ der Volksabstimmung ist das Grenzland dran.
Als Symbol der historisch gewachsenen Gemeinsamkeiten möchte Kristiansen seine Sønderjylland-Schleswig-Fahne auch verstanden wissen – nicht als politisches Zeichen.
„Die Fahne soll die Vielfalt unserer Grenzregion widerspiegeln“, sagt ihr Schöpfer, „ihre Menschen, ihre Sprachen, ihre Kulturen – und nicht zuletzt die gesamte Landschaft in ihrer geografischen Variation – von Tönning bis Tyrstrup, von Rödding bis Rendsburg.“

Der Wiedervereinigungsstein an der Kirche zu Ösby Foto: Ute Levisen

Flagge mit Spielraum

Mit diesem Hintergrund vor Augen vereint Peder Kristiansen das skandinavische Doppelkreuz, das alle nordischen Flaggen gemeinsam haben, mit dem warmen Gelbton der bundesdeutschen Fahne und lässt es eins werden mit dem Blau der gestreiften Trikolore Schleswig-Holsteins. Die Gala-Ausführung der Sønderjylland-Schleswig-Fahne zieren die Schleswigschen Löwen – jene blauen Löwen vor gelbem Hintergrund, die sowohl für die dänische als auch die deutsche Minderheit eine starke symbolische Bedeutung haben.
Aber, so fügt er hinzu, es gebe weiteren Spielraum bei der Gestaltung! So könnten Vereine und Institutionen beispielsweise „seine“ Fahne durchaus für sich vereinnahmen und mit ihren Symbolen oder Wappen versehen.

Der Prototyp der Sønderjylland-Schleswig-Flagge in der Standard-Ausführung Foto: Ute Levisen

Doppelter Grund zum Feiern

Mit dem 100. Jahrestag der Grenzziehung im nächsten Jahr und dem 65. Jahrestag der Bonn-Kopenhagener Erklärungen am 29. März 2020 hat die deutsch-dänische Grenzregion gleich doppelten Grund zum Feiern, betont Peder Kristiansen.
 „Bei uns herrscht Frieden. Wir können uns über eine offene Grenze bewegen, miteinander austauschen, zusammenarbeiten – Errungenschaften, auf die das Grenzland angesichts vielerorts herrschenden Unfriedens und schwelender Konflikte stolz sein darf. Und nicht zu vergessen: die Bonn-Kopenhagener Erklärungen, die die Rechte der Minderheiten verankern.“ Es wäre der perfekte Anlass, die Sønderjylland-Schleswig-Fahne just an diesem Tag offiziell einzuweihen, sagt Peder Kristiansen.

 
 

Gemeinsam Flagge zeigen

Mit der Sønderjylland-Schleswig-Fahne kann das Grenzland in Zukunft gemeinsam Flagge  zeigen.
 „Der Dannebrog ist die Fahne des dänischen Volkes und weht hierzulande überall. Zugleich gibt es in Deutschland Unmengen lokaler Fahnen. Für uns aus der Region aber war es bisher schwierig, gemeinsam Flagge zu zeigen. Meine Vision ist, dass die Sønderjylland-Schleswig-Fahne zu einem Symbol dafür wird, dass wir hier – von der Königsau bis zur Eider – gemeinsame Wurzeln haben, dass uns heutzutage wesentlich mehr verbindet als trennt“, sagt Peder Kristiansen.

Und jetzt gibt es sie – die Sønderjylland-Schleswig-Flagge! Unter neugieriger Anteilnahme von Nachbarn und Passanten hisst Peder Kristiansen den Prototypen am Fahnenmast der Kirche zu Ösby zum allerersten Mal. Und er hofft, dass sie in Zukunft überall im deutsch-dänischen Grenzland wehen wird – die Sønderjylland-Schleswig-Fahne. Ein besonderes Geschenk an eine ganz besondere Region. Statt Blumen.

 

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