Ländlicher Raum

Süderballig: Große Freiheit mit fadem Beigeschmack

Süderballig: Große Freiheit mit fadem Beigeschmack

Süderballig: Große Freiheit mit fadem Beigeschmack

Hadersleben/Haderslev
Zuletzt aktualisiert um:
Die Anwesen mit den Müllbergen liegen an der Margeriten-Route in Süderballig und Djernis. Foto: Ute Levisen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

„Frit Sønderballe – freies Süderballig“ – Das halbe Dorf in der Tourismusregion Süderballig ließ am Mittwochabend die Kuh fliegen: Die jahrzehntealte Müllhalde auf dem einstigen Kaufmannshof ist weg. Doch die große Freiheit hat einen faden Beigeschmack, sind die Schrottberge doch nur umgezogen – auf die andere Straßenseite.

Wenn jemand Berge versetzen kann, dann der passionierte Sammler Ebbe Storm: Nachdem die Kommune seine beiden zugemüllten Anwesen in Djernis und Süderballig gekauft hatte, ist Storm mit seiner Kuriositätenanhäufung umgezogen – und zwar auf die andere Straßenseite der Margeriten-Route.

Viel zu sehen auf der Margeriten-Route

Dort bekommen die Passanten – und im nächsten Jahr schlimmstenfalls die Teilnehmer der Tour de France – jede Menge zu sehen. Ausrangierte Buddelmaschinen, Metallschrott, Gasflaschen und andere Gegenstände stehen jetzt – ordentlich aufgetürmt – auf einem unbewohnten Anwesen gegenüber vom ursprünglichen Standort des Schrottgebirges. Davor stehen die nagelneuen Tische und Bänke, die sich die Dorfgemeinschaft mithilfe ihres kommunalen Bürger- und Dorfkontos soeben geleistet hat.
 

Tische und Bänke mit Aussicht Foto: Ute Levisen

Dazwischen steht Kathrine Tryk und kann nur noch den Kopf schütteln. In der Hand hält die frühere Vorsitzende des Dorfvereins ein ausrangiertes Laken, das sie wenige Tage zuvor zuversichtlich mit der Aufschrift „Frit Sønderballe!“ versehen hatte: „Aber wenigstens sind die Gasflaschen an der Bushaltestelle jetzt weg.“  

 

Neues Nutzererlebnis: Die Gasflaschen an der Bushaltestelle sind jetzt weg. Foto: Ute Levisen

Sammeln bis zum Gehtnichtmehr

Ebbe Storm, leidenschaftlicher Sammler alles (Un-)Möglichen, hat sich nach der kommunalen Übernahme des alten Kaufmannshofes am 1. September bei dem Besitzer des unbewohnten Anwesens „eingemietet“: Seine Schrottberge haben somit lediglich die Seite gewechselt.
„Der neue Mietvertrag läuft bis Ende September, kann offenbar aber verlängert werden“, seufzt Kathrine Tryk.

So sieht der einstige Kaufmannshof seit einigen Tagen aus: vergleichsweise aufgeräumt. Im Turm nisten allerdings Eulen, die auch umgesiedelt werden müssen. Darum hofft der Dorfverein, dass viele Anwohner Eulennistkisten aufstellen. Foto: Ute Levisen

Licht am Ende der Schrotthölle

Einen Lichtblick gibt es – und darauf stieß das halbe Dorf am Mittwochabend an. Die Kommune Hadersleben plant, den einstigen Kaufmannsladen dem Erdboden gleichzumachen. Nachfolgend wird sie den Dorfbewohnerinnen und -bewohnern ein jeweils auf drei Jahre befristetes Nutzungsrecht einräumen.
Es habe bereits ein erstes Brainstorming gegeben, verrät Kathrine Tryk. Ideen für den künftigen Platz in der Dorfmitte der Tourismusregion gibt es einige.
„Eine kleine Grünanlage wäre schön“, findet Dorfbewohner Niels Friis.

„Frit Sønderballe!" steht auf dem Banner von Kathrine Tryk. Foto: Ute Levisen

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Unterdessen klammern sich Dorfbewohner an die Hoffnung, dass die Tage der Müllberge in Süderballig Ende September ein für allemal gezählt sein werden.

Daran glauben können die wenigsten: „Es ist eine Katastrophe für unsere Gegend“, sagt Reci Højrup-Bech.
Sie bewirtschaftet mit ihrer Familie den „Strandgården“, eine Bed & Breakfast-Pension nur wenige Hundert Meter vom Schrottplatz entfernt.

Mit einer Schrotthölle auf dem Dorfanger haben die Anwohner Probleme, ihre Häuser zu verkaufen. Foto: Ute Levisen

Verschwendung von Steuergeldern

„Wir haben unsere neue Freiheit zwar gefeiert, doch nicht ohne Wermutstropfen“, sagt sie. Denn Sammler Storm habe seine Schrotthaufen in den vergangenen Tagen nicht nur in Pendelfahrt auf die andere Straßenseite der Margeriten-Route gefrachtet. Es handele sich zudem um jenen Schrott, den eigentlich die Abbruchfirma „Torben Clausen“ hätte entfernen sollen: „Das war die Voraussetzung für das günstige Gebot für den Abrissauftrag“, erzählt Reci Højrup-Bech.
 

Ebbe Storm hat seine Schrottberge versetzt – auf die andere Straßenseite. Foto: Ute Levisen

Jetzt werden die Schrotthaufen ­– wer weiß wie lange – auf der anderen Seite liegen: „Das sind unsere Steuergelder, die hier verschwendet werden“, ärgert sich die Pensionsinhaberin, die wie viele Menschen der Gegend auf einen boomenden Tourismus zählt.

Doch es besteht Hoffnung, dass die Kommunalverwaltung Ernst macht und künftig nicht nur zur Umweltgesetzgebung greift, um unverbesserlicher Immobilienbesitzer mit Messie-Syndrom Herr zu werden, sondern auch zum Bau- und Planungsgesetz. Danach darf Schrott nicht länger als sechs Wochen zwischengelagert werden.
Es bleibt somit spannend in Süderballig – der Countdown läuft.

 

Kathrine Tryk hofft, wie andere Dorfbewohner auch, dass die Tage der Schrottberge in Süderballig gezählt sind. Foto: Ute Levisen
Mehr lesen