Altes Kunsthandwerk

Tischlermeister schafft Kunsthandwerk an der Drechselbank

Tischlermeister schafft Kunsthandwerk an der Drechselbank

Tischlermeister schafft Kunsthandwerk an der Drechselbank

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Moltrup
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Hans Christian Carstensen hat sich von Charlie Brown, Snoopy und dem Rest der Comicfiguren aus der Feder von Charles M. Schulz zum Drechseln eines Flugzeugs inspirieren lassen. „Das erste Modell habe ich vor 30 oder 40 Jahren gemacht. Als ich vor einigen Jahren erneut einige Flugzeuge anfertigte, war das Interesse sehr groß. Inzwischen habe ich wohl 22 Stück verkauft“, so Carstensen. Foto: Karin Riggelsen

Der pensionierte Handwerker und seine Frau haben viel vor. Das größte gemeinsame Hobby ist das Schaffen von hölzernen Ziergegenständen. Hans Christian Carstensen drechselt, seine Ehefrau trägt dazu bei, dass die eleganten Werkstücke verkauft werden.

Else und Hans Christian Carstensen sind ein eingespieltes Team. „Diddesminde“, der denkmalgeschützte Hof am Moltrup Landevej, ist ihr Zuhause seit 1989. „Wir haben den Hof, der 1833 gebaut wurde, 1987 übernommen und umgebaut. Zum Anwesen gehören 17,5 Hektar Land. Die Ländereien bewirtschaften wir aber nicht mehr. Die sind verpachtet“, erzählt Hans Christian Carstensen.

Die Eheleute auf dem Hof ihres geschichtsträchtigen Anwesens Foto: Karin Riggelsen

Großes Tätigkeitsfeld

Der 76-Jährige machte seine Lehre bei seinem Vater, einem Tischler mit Werkstatt in Bramdrup.
„Ich habe immer gewusst, dass ich Tischler werden würde“, erinnert sich Carstensen. Er übernahm 1976 die Leitung des väterlichen Betriebs. Else Carstensen trat auch in die Fußstapfen ihrer Eltern. „Das war aber eine ganz andere Branche. Meine Eltern haben damals den Halker Campingplatz betrieben. Ich habe ihnen geholfen, bis Hans Christian sich selbstständig machte mit der Werkstatt“, sagt Else Carstensen.

Die tatkräftige 76-Jährige und ihr Mann haben immer viele Eisen im Feuer gehabt und gewiss keine Herausforderung gescheut. Nach dem Verkauf der Tischlerei wurde das Ehepaar Campingplatzbetreiber.

Der Affe und die Turteltauben aus Holz zeigen eine erstaunliche Ähnlichkeit zu Kay Bojesens bekanntem Design. Foto: Karin Riggelsen

Drechseln auf hohem Niveau

„Wir haben den Platz meiner Schwiegereltern gekauft und zwölf Jahre betrieben“, sagt Hans Christian Carstensen. Parallel zum Arbeitsalltag kauften die Carstensens Immobilien auf zwecks Sanierung und Vermietung. Das erste Anwesen erwarb das Ehepaar 1977. Beim Verkauf ihrer Immobilienfirma vor rund 14 Jahren brachten sie es auf stolze 36 Mietverhältnisse.

„Wir konnten uns damals quasi pensionieren lassen und widmen uns seitdem unseren Freizeitinteressen“, freut sich Hans Christian Carstensen.

Für den Tischlermeister bedeutete die neu gewonnene Freiheit, dass er sich auf seinen ursprünglichen Beruf besinnen konnte. Für den gelernten Tischler war das Drechseln eine gute Möglichkeit, den Alltag abwechslungsreich zu gestalten.  Die Werkstücke des 76-Jährigen sind schlicht und elegant zugleich, und der Affe und die Turteltauben aus Holz, die einen Ehrenplatz in der Küche der Carstensen haben, zeigen eine erstaunliche Ähnlichkeit zu Kay Bojesens bekanntem Design. „Die hat Hans Christian für mich gedrechselt.  Verkaufen darf man solche Stücke aber nicht“, erklärt Else Carstensen. 

Hans Christian und Else Carstensen in der kleinen Ausstellung im 1. Stock. Foto: Karin Riggelsen
Schmuckes Kunsthandwerk aus Holz Foto: Karin Riggelsen

Gebrauchs- und Ziergegenstände aus Holz

Hans Christian Carstensen hat seine Werkstatt in einem Teil des ehemaligen Wirtschaftsgebäudes eingerichtet. Die Vielfalt seines Sortiments ist beachtlich und umfasst laut seiner Frau 200 bis 300 Gegenstände. Carstensen braucht für jede Holzschale, jeden Kerzenständer und jede Tierfigur viele Stunden. Mit viel Arbeit und Kreativität schafft der Rentner Gebrauchs- und Ziergegenstände, die er aus vielen Holzarten drechselt.

Zierhölzer hat Carstensen in Kolding ausgestellt. Foto: Karin Riggelsen

Zierhölzer wanderten ins Museum

Im Herbst 2019 verbrachte der Moltruper auch viel Zeit in seiner Werkstatt, um acht Zierhölzer für eine Ausstellung im Koldinger Kunstmuseum „Trapholt“ zu kreieren. Er war zur Teilnahme an dem Kunstprojekt mit vielen Akteuren, „Tingsted – et værk skabt i fælleskab“, auserwählt worden. Designer Rasmus Bækkel Fex hat es sich zum Ziel gesetzt, dem alten Tischler- und Kunsthandwerk, Drechseln, neues Leben einzuflößen. Viele Besucher strömten bei der Vernissage im Januar in das Kunstmuseum, um das Gemeinschaftswerk, ein großes Gebilde mit zwölf hohen Stühlen, zu begutachten.

Bridge-Freundinnen brachten Projekt ins Rollen

Im Kielwasser der Corona-Krise hat es in diesem Frühsommer keine Events gegeben, an denen das Ehepaar sein Kunsthandwerk hätte präsentieren können. Im Vorjahr bauten Else und Hans Christian Carstensen ihren Verkaufsstand und die arbeitende Werkstatt auf, bei so bekannten Events wie dem Basar für den Staffellauf in Hadersleben/Haderslev, „Kreative Dage“ in Fredericia und dem Weihnachtsmarkt im Schloss Gramm/Gram.

„Wir wollen nicht in einem Museum wohnen und auf zeitgerechte Bequemlichkeiten verzichten“, lacht Else Carstensen. Sie war es, die den Anstoß gab zu dem „Drechsel-Projekt“, als sie vor acht, neun Jahren ihren Brigde-Freundinnen ein Werkstück ihres Mannes präsentierte. „Die Kerzenhalter stießen auf gute Resonanz. Da nahm das Projekt Schwung auf“, lacht Carstensen.

Hans Christian Carstensen liebt sein neues Hobby. Foto: Karin Riggelsen
Hans Christian Carstensen freut sich über einen alten Holzschrank, den er vor einigen Jahren geschenkt bekam. Foto: Karin Riggelsen

Familie hat hohen Stellenwert

Mit ihrem Wohnmobil sind die Carstensen in den vergangenen Jahren nicht so oft unterwegs gewesen. Denn Haus und Hof nehmen viel Zeit in Anspruch. Außer dem weitläufigen Garten und den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden, die gewartet werden müssen, haben sich die Carstensens nun auch für eine Hühnerhaltung entschieden.

Die drei Söhne Bjarne, John und Hans Christian, die mit ihren Familien in Ketting, Heisagger/Hejsager und Wollerup/Vollerup leben, spielen im Leben der vierfachen Großeltern eine wichtige Rolle.

Patenkinder in Gambia

Aus ihrer Zeit als Betreiber des Halker Campingplatzes sind sie es gewohnt, im Winterhalbjahr eine längere Zeit im Ausland zu verbringen. „Anfangs haben wir uns eine Auszeit auf den Kanarischen Inseln gegönnt. Ende der 1990er Jahre haben wir dann Gambia für uns entdeckt“, erinnert sich Hans Christian Carstensen. Seit 1999 sind die Moltruper etwa 16-mal in Gambia gewesen. Drei Wochen im Januar oder Februar genießen die Eheleute das milde Klima, und gleichzeitig können sie die Entwicklung ihrer humanitären Arbeit begleiten. Else und Hans Carstensen haben die Patenschaft für Kinder in Gambia übernommen.

„Eine Zeit lang unterstützten wir fünf Mädchen. Wir haben bewusst die Patenschaft für Mädchen übernommen, weil sie in Gambia als Menschen zweiten Ranges eingestuft sind. Sponsormittel tragen dazu bei, ihnen eine gute Bildung zu ermöglichen“, sagt Hans Christian Carstensen. Eine Erfolgsgeschichte sei unter anderem eine junge Frau, die sich zur Krankenschwester ausbilden konnte, dank der Unterstützung aus Moltrup.

„Unsere Mittel haben dazu beigetragen, dass sie eine Ausbildung abschließen konnte. Das hilft nicht nur ihr, sondern ihrem ganzen familiären Umfeld“, weiß Hans Christian Carstensen. Momentan ermöglicht das Ehepaar mit einer Patenschaft zwei Kindern eine schulische Ausbildung.  

Der Holzdrechsler mit seinen Werkzeugen Foto: Karin Riggelsen

Corona-Krise stoppte viele Aktivitäten

Aufgrund der Corona-Krise musste die Carstensens im März viele Pläne streichen. „Wir haben es gerade noch geschafft, unseren Afrika-Urlaub durchzuführen. Aber alle Märkte und Events, an denen wir sonst teilnehmen, um Hans Christians Sachen zu präsentieren, sind ja leider abgesagt“, bedauert Else Carstensen. Sie erzählt, dass Interessierte die Möglichkeit haben, die kleine Ausstellung mit den Holzarbeiten, die sie und ihr Mann im ersten Stock von „Diddesminde“ eingerichtet haben, nach vorheriger telefonischer Absprache (20 26 82 30) und unter Berücksichtigung der Corona-Richtlinien, zu besuchen.   

Hans Christian Carstensen auf seinem Anwesen in Moltrup Foto: Karin Riggelsen
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Leitartikel

Anna-Lena Holm
Anna-Lena Holm Hauptredaktion
„Vertrauenskrise in den Medien“