Kulturkommentar

„Das haben wir schon immer so gemacht!“

Das haben wir schon immer so gemacht!

Das haben wir schon immer so gemacht!

Marie Medow
Tondern/Tønder
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Alles bleibt, wie es ist – oder lieber doch nicht? Wann es sich lohnt, über Veränderungen zu diskutieren und wann es gar nicht schlimm ist, an alten Dingen festzuhalten, schreibt Marie Medow, Leiterin der Deutschen Bücherei Tondern, in ihrem Kulturkommentar.

Ein Satz, den man in Nordschleswig oft hört, ist: Das haben wir schon immer so gemacht! Und genauso oft ist damit eine Diskussion vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat, und in mir rührt sich jedes Mal Trotz. 

Dabei muss es gar nicht schlimm sein, an Dingen festzuhalten, die sich bewährt haben und sie müssen auch nicht jedes Jahr neu diskutiert werden. Aber meistens lohnt es sich, zu hinterfragen, warum machen wir das schon immer so? Haben die Gründe dafür noch Bestand? Haben sich Gewohnheiten nicht verändert? Erwarten wirklich alle, dass alles bleibt, wie es immer war, bloß weil wir es jedes Mal genauso machen? Oder machen wir es uns damit nur bequem? Wollen wir nicht einmal etwas Neues ausprobieren und neue Wege gehen?  

Zu Sankt Hans gab es wieder einmal die Diskussion, ob wir heute wirklich noch, wenn auch nur symbolisch, weibliche Hexenfiguren im Feuer verbrennen müssen oder ob man nicht für die Benennung einen neuen Ausdruck finden könnte. Bei Facebook in der Kommentarspalte wurde ein weiterer Grund für das Beibehalten dieser Gewohnheit angefügt: Wie sollen denn sonst unsere Kinder über unsere Geschichte lernen? 

Aber kann das ein Grund sein, an Altem festzuhalten? Ich für meinen Teil fände es deutlich schöner, wenn Kinder aus Büchern, Filmen, Erzählungen oder in Museen lernen, was Krieg, was Rassismus, was Armut oder eben auch, was Hexenverbrennung ist und nicht aus eigener Anschauung. 

Wenn aber die Tische in genau dieser Position, den Raum am besten ausnutzen und alle gemütlich sitzen, der Grünkohl so am besten schmeckt, zu dieser Veranstaltung immer noch alle mit Begeisterung und nicht nur aus Pflichtgefühl kommen, dann kann man es auch genau so weitermachen. Aber der Grund des Festhaltens ist dann ein anderer und nicht nur Trotz.

Die in diesem Kulturkommentar vorgebrachten Inhalte sind nicht von der Redaktion auf ihre Richtigkeit überprüft. Sie spiegeln die Meinung der Autorin oder des Autors wider und repräsentieren nicht die Haltung des „Nordschleswigers“.

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