Leitartikel

„Nach der Sturmflut folgt die Welle der Hilfsbereitschaft“

Nach der Sturmflut folgt die Welle der Hilfsbereitschaft

Nach der Sturmflut folgt die Welle der Hilfsbereitschaft

Apenrade/Aabenraa
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Viele Orte und Sommerhausgebiete entlang der dänischen Ostküste wurden bei der Sturmflut in der Nacht von Freitag auf Sonnabend überschwemmt. Bei aller Traurigkeit über den Verlust von materiellen Gütern hat die Kraft der Natur der „Nordschleswiger“-Journalistin Anke Haagensen auch eines gezeigt: Die Mitmenschlichkeit kommt in der Not wieder an die Oberfläche.

Wer in diesen Tagen durch die Sommerhausgebiete entlang der nordschleswigschen Ostküste fährt, sieht zerstörte Ferienhäuser, unterspülte Straßen und Gehwege sowie Dinge, die gerade nicht dort stehen oder liegen, wo sie vor einer Woche noch zu finden waren.

Wir sehen aber auch ganz viele Menschen, die damit beschäftigt sind, wieder Ordnung in das Chaos bringen. Vor einigen Grundstücken stehen große Container, in denen Stück für Stück das Hab und Gut verschwindet, das von dem Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen wurde. Vieles kann ersetzt werden. Dafür sind Versicherungen da. Es verschwinden aber auch Dinge in den Containern, die mit vielen Erinnerungen behaftet sind. Das alles in den Müll werfen zu müssen, tut weh. Da fließen auch Tränen.

Erleichterung und Dankbarkeit

Darunter sind aber auch Tränen der Erleichterung, wenn die Familie feststellt, dass das Hochwasser gerade nicht die Schublade erreicht hat, in der das Gästebuch mit den eingeklebten Fotos und Kinderzeichnungen aufbewahrt wird. Und Tränen der Dankbarkeit ob der großen Solidarität der Betroffenen untereinander, sind in diesen Tagen auch viele zu sehen,

Nachbar A hilft Frau B. Familie C greift dem alten Mann von nebenan unter die Arme. Die Welle der Hilfsbereitschaft unter den Betroffenen ist groß. Aber auch Personen, die nicht direkt betroffen sind, bieten ihre Unterstützung an.

So packen alle mit an, um das Boot des Nachbarn wieder an seinen angestammten Platz zu bringen.

Bei einer Sommerhausbesitzerin, deren Wohnsitz knapp fünf Autostunden entfernt liegt, leert ein Nachbar regelmäßig das Auffangbecken eines Entfeuchters, damit das Annex des Sommerhäuschens möglichst bald wieder trocken ist und sich die entstandenen Schäden durch die Überschwemmung in Grenzen halten.

Hilfsbereitschaft – einfach, weil man es kann

Wer vor Ort ist, bekommt die gegenseitige Hilfsbereitschaft direkt mit. Wer die sozialen Medien durchscrollt, erhält auch einen Eindruck davon, wie groß die Solidarität ist.

Wildfremde Menschen bieten Zimmer und ganze Häuser an, die Überschwemmungsopfer nutzen können, während sie die Folgen der Sturmflut an und in ihrem eigenen Haus beseitigen. Allerorts werden zudem Entfeuchter, Wasserpumpen und Stromgeneratoren angeboten – kostenlos.

Über Facebook verabreden sich ganze Gruppen, um die Natur von Unrat zu befreien. Denn der Inhalt von Mülltonnen, Häusern und Booten ist in der gesamten Umgebung verteilt. Jeder kann und möchte offensichtlich sein Scherflein dazu beitragen.

So selbstverständlich, das jetzt auch klingt. So selbstverständlich ist das in heutiger Zeit dann vielleicht doch nicht, in der jeder sich selbst am nächsten zu sein scheint. Die Ich-Gesellschaft findet in der Not zusammen, und das ist doch eine schöne Erkenntnis nach der Sturmflut des Wochenendes.

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