Landleben

Wie Pia und ihre Freunde ehrenamtlich ein Kino betreiben

Wie Pia und ihre Freunde ehrenamtlich ein Kino betreiben

Wie Pia und ihre Freunde ehrenamtlich ein Kino betreiben

Norburg/Nordborg
Zuletzt aktualisiert um:
Pia Sprogøe Finsen ist eine von zehn Ehrenamtlichen, die in ihrer freien Zeit das Kino in Norburg betreiben. Foto: Sara Eskildsen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

In der kleinen Stadt Norburg im Norden der Insel Alsen betreiben zehn Ehrenamtliche ein Kino. Wie das funktioniert und warum sie in ihrer Freizeit Popcorn macht und einen Kinosaal betreibt, verrät Pia Sprogøe Finsen.

Tür aufschließen. Licht machen. Die Popcornmaschine anstellen. Eintrittskarten verkaufen und abreißen. Die Leinwand checken. Den Film abspielen. Und am Ende, wenn die Gäste wieder gegangen sind, die Sitztribüne aufräumen und die Lichter wieder löschen. Diese Aufgaben stehen Abend für Abend im Norburger Kino auf dem Programm.

Doch an der Holmgade gibt es keinen kommerziellen Kinobetreiber. Im „Nordborg Bio“ sind es jeden Tag ehrenamtliche Mitarbeitende, die das Kino am Laufen halten.

 

Das Kino liegt in der Norburger Innenstadt an der Straße Holmgade. Täglich kommt eine Person aus dem Team der Freiwilligen, um das Kino zu öffnen, Popcorn zu machen und den Film abzuspielen. Foto: Sara Eskildsen

Eine von ihnen ist Pia Sprogøe Finsen. Sie ist seit 1990 Teil des Teams – und nimmt sich fast jeden Tag Zeit für den Kinobetrieb. Toilettenpapier einkaufen und aufhängen, Regale mit Süßigkeiten auffüllen, Programm zusammenstellen oder Gäste bedienen – die Aufgaben sind breit gestreut.

Wie kam sie dazu, im Team der Freiwilligen mitzumachen?

„Ich habe es immer geliebt, Filme anzusehen. Vor vielen Jahren wollte ich Schauspielerin werden, aber daraus wurde nichts“, lacht Pia Sprogøe Finsen, „stattdessen bin ich Lehrerin geworden. Ich kannte jemanden, der hier im Kino mithalf, und irgendwann sagte ich: Wenn ihr jemanden braucht, will ich gerne mithelfen. Und das habe ich schließlich gemacht.“

Ein paar Jahre später begann auch Pia Sprogøe Finsens Mann, im Team der freiwilligen Kinobetreiber mitzumachen – er kümmert sich hauptsächlich um die Rechenschaftsberichte.

Klein, aber fein: der Eingangsbereich des Kinos. Es gibt alles, außer Chips. „Die krümeln zu sehr“, sagt die Kino-Mitarbeiterin. Foto: Sara Eskildsen

Schon seit 1934 gibt es an der Holmgade in Norburg ein Kino. Zunächst waren die Filmvorführungen ein privates Unternehmen, später übernahm die Kommune Norburg. Seit 1986 betreibt eine Gruppe ehrenamtlicher Mitarbeitender das Filmhaus.

Zehn Personen arbeiten derzeit im Kino-Team mit. „Wir belegen die Schichten für die Filmvorführungen, manche kümmern sich ums Programm und das Verteilen, andere schreiben Ankündigungen und hängen Plakate auf. Auch der Kiosk muss aufgefüllt werden. Wir verkaufen so gut wie alles – aber keine Chips – die krümeln zu sehr, und das ist eine unglaubliche Schweinerei. Zwar haben wir eine Reinigungskraft, aber das Grobe räumen wir selbst weg“, sagt Pia Sprogøe Finsen.

In Norburg läuft ein Film eine Woche

Ein Film läuft immer von Donnerstag bis Mittwoch – sonnabends hat das Kino normalerweise geschlossen, es gibt aber Ausnahmen. Beispielsweise in den Winterferien, da hat das Kino auch am Sonnabend geöffnet. In dieser Woche liefen die „Ghostbusters“ und der preisgekrönte Film „Flugt“. In Woche 7 steht der Familienfilm „Monsterfamilien“ auf dem Programm, bevor am Sonnabend die „West Side Story“ Premiere hat.

 

Eine originale Kino-Kasse mit Papierzetteln Foto: Sara Eskildsen
Vor einem Kinoabend Popcorn zu machen, gehört zu den Aufgaben der Ehenamtlichen. Foto: Sara Eskildsen

38 Personen müssen einen Film innerhalb der Woche gesehen haben, bevor sich das Geschäft rentiert. „Da entsteht dann kein großer Überschuss, aber dann geht die Rechnung auf“, sagt Pia Sprogøe Finsen. „Ghostbusters“ hätten nur fünf Personen gesehen – „da lief es also gar nicht rund“, stellt die Mitarbeiterin fest.

Das Kino leiht die Filme – und bezahlt einen Mindestpreis von rund 1.500 Kronen an die Filmgesellschaften.

50 Prozent Umsatzeinbruch durch Corona

Nach der Corona-Krise könnte es durchaus besser laufen, stellt Finsen fest. „Verglichen mit 2019 ist der Umsatz um 50 Prozent eingebrochen. Das ist viel. Wir erleben, dass die Leute sehr vorsichtig sind. Viele fragen, ob Platz genug ist. Und das ist es! Man kann sich weit weg voneinander setzen.“

Der Kino-Betrieb laufe nun still und ruhig wieder an. „Aber die Leute sind vorsichtig. Ich hoffe, dass der Kinderfilm in den Winterferien gut angenommen wird“, sagt Finsen.

Im Technik-Raum des Kinos steht seit der Digitalisierung 2005 keine Filmspule mehr – sondern ein Projektor, der die Filme an die Leinwand wirft. Foto: Sara Eskildsen
Film ab! Die ehrenamtliche Filmvorführerin am digitalen Abspielgerät, das 2005 durch eine Spende der Stiftung „Bitten og Mads Clausen Fond” gekauft werden konnte. Foto: Sara Eskildsen

Karten für einen Film kann man vorbestellen, bezahlt wird aber an der Abendkasse. Am Kiosk gibt es Süßigkeiten und Getränke und Popcorn. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen für einen angenehmen Kinoabend. „Ich wohne gleich hier um die Ecke, daher habe ich es nicht weit. Ansonsten wäre es wohl zu anstrengend.“

Vor allem, wenn an einem Abend nicht eine Person ins Kino kommt, und man alles vorbereitet hat. „Das kann dann schon frustrierend sein. Ab und zu passiert das mal“, sagt die Ehrenamtlerin.

Immer wieder neue Angebote

Im Laufe der Jahre haben die Kino-Betreiber immer wieder Neues ausprobiert. Ein Opern-Abend, bei dem ein Glas Wein gereicht wurde, beispielsweise. „Das wurde gut angenommen, läuft finanziell aber auch nicht rund, wenn an einem Abend 20 Leute kommen“, erzählt die Mitarbeiterin.

 

Blick in den Kinosaal, der seit 1998 eine schräge Sitzfläche für das Publikum hat. Foto: Sara Eskildsen
Bis zur Digitalisierung der Kinos im Jahr 2005 liefen alle Filme auf großen Rollen ab. Das alte Abspielgerät steht als Erinnerung im Kinosaal. Foto: Sara Eskildsen

Es ist dieses Fokussieren auf eine Sache. Wir Menschen tun ja andauernd verschiedene Sachen. Kaffee machen, aufs Klo gehen, schnell mal was erledigen. Im Kino sitzen wir im Dunkeln und konzentrieren uns auf eine Sache – das ist etwas Besonderes.

Pia Sprogøe Finsen, Kino-Mitarbeiterin
Alte Filmzeiten: Pia Sprogøe Finsen begrüßt auf dem Foto von 1998 den damaligen Bürgermeister Jan Prokopek Jensen zur Eröffnung des neu renovierten Kinos. Foto: Sara Eskildsen

Mit Blick auf die Tour de France 2022 wird es im März einen Radfilm-Abend im Kino geben, an dem die Dänische Radsportunion zu Besuch ist und einen Vortrag hält.

Manchmal, wenn sie Zeit hat, setzt sich Pia Sprogøe Finsen einfach mit in den Kinosaal, um sich die Vorführung anzusehen – zusammen mit den Gästen. Sie hat im Laufe der Jahre viele, viele Filme gesehen. Einer ist ihr besonders in Erinnerung geblieben: „Cinema Paradiso“. Ein italienischer Film über einen kleinen Jungen, der im Kinosaal seines Onkels eine neue Welt für sich entdeckt. 

Auch der Film mit Lady Gaga, „House of Gucci“, hat bei ihr großen Eindruck hinterlassen. „Ein fantastischer Film!“, sagt Pia Sprogøe Finsen, die 68 Jahre alt und in Pension ist.

 

Wenn sie ins Kino geht, dann in Norburg, sagt die Norburgerin Birthe Olsen. „Es ist doch einfach großartig, dass wir ein eigenes Kino haben, das unterstütze ich natürlich!“ Foto: Sara Eskildsen

Warum gehen die Menschen überhaupt so gerne ins Kino? „Es ist dieses Fokussieren auf eine Sache. Wir Menschen tun ja andauernd verschiedene Sachen. Kaffee machen, aufs Klo gehen, schnell mal was erledigen. Im Kino sitzen wir im Dunkeln und konzentrieren uns auf eine Sache – das ist etwas Besonderes. Im Kino sitzen wir still und genießen die große Leinwand. Wenn man sich einmal hingesetzt hat, bleibt man da und genießt es.“

Zur Internetseite des „Norburger Bios“ geht es hier: www.nordborgbio.dk.

Pia Sprogøe Finsen im Eingangsbereich des Kinos, vor dem Plakat ihres Lieblingsfilms: Cinema Paradiso Foto: Sara Eskildsen
An der Holmgade gibt es bereits seit 1934 ein Kino. Foto: Sara Eskildsen
Mehr lesen