Gerichtsprozess

Baclofen-Vergiftung: „Mordversuche – über Monate“

Baclofen-Vergiftung: „Mordversuche – über Monate“

Baclofen-Vergiftung: „Mordversuche – über Monate“

Sonderburg/Sønderborg
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Das Berufungsverfahren wird am Dienstag fortgesetzt und ist für acht Tage anberaumt. Foto: Sara Eskildsen

Am Montag hat am Westlichen Landesgericht in Sonderburg der Revisionsprozess im Fall eines lebensgefährlich vergifteten Ehemannes begonnen. Am ersten Verhandlungstag baute die Staatsanwältin ihre Beweiskette auf diversen ärztlichen Berichten auf. Sie wirft der Ehefrau des Mannes mehrere Mordversuche vor.

Acht Verhandlungstage hat das Westliche Landesgericht in Sonderburg um herauszufinden, ob eine heute 66-jährige Bürgerin von der Insel Alsen ihren Ehemann bewusst mit einem Medikament vergiftet und ihn mehrfach in Lebensgefahr gebracht hat.

Der Ehemann war zwischen Juli und November 2018 immer wieder in tiefe Bewusstlosigkeit gefallen, die Ursache war den Ärzten über Monate hinweg ein Rätsel.

Der Mann lag zum Zeitpunkt der Vorfälle in den Krankenhäusern in Sonderburg, Odense und Kopenhagen.

Im Dezember 2018 nahm die Polizei die Ehefrau fest, nachdem ein Oberarzt des Reichshospitals in Kopenhagen Verdacht geschöpft und nach Blutproben festgestellt hatte, dass der Mann mit Baclofen vergiftet worden war.

Da die Ehefrau ihren Mann kurz nach den Ohnmachtsanfällen besucht hatte und zudem im Besitz des Medikamentes Baclofen war, erließ die Polizei im Dezember 2018 einen Haftbefehl.

Es gilt zu klären: Wie wurde er vergiftet? War es Renate Bach? Und wenn ja, war es Vorsatz?

Anette Wolf Pedersen, Staatsanwältin

Das Sonderburger Stadtgericht hatte Renate Bach aus Höruphaff/Høruphav im Dezember 2019 schuldig gesprochen, ihren Mann vorsätzlich vergiftet und in Lebensgefahr gebracht zu haben.

Nun ist es an der Staatsanwältin Anette Wolf Pedersen zu beweisen, dass der Mann von seiner Ehefrau vorsätzlich vergiftet wurde.

Der Prozess vor dem Landesgericht begann mit stundenlangen Dokumentationen vonseiten der Anklägerin Anette Wolf Pedersen. „Es gilt zu klären: Wie wurde er vergiftet? War es Renate Bach? Und wenn ja, war es Vorsatz?“, fasste Wolf Pedersen ihre Aufgabe zusammen. Sie will beweisen: „Das waren mehrere bewusste Mordversuche – und zwar über Monate hinweg.“

Ärzte schließen Versehen aus

Sie legte ärztliche Protokolle vor, wonach in mehreren Proben des Opfers Baclofen nachgewiesen wurde. Sie las aus ärztlichen Stellungnahmen vor, wonach ausgeschlossen werden kann, dass Ärzte oder Krankenhauspersonal das Medikament versehentlich verabreicht haben oder sich Baclofen als Nebenprodukt anderer Arzneien bildet.

Die Staatsanwältin stellte dar, dass die Anfälle des Mannes aufhörten und nie wiederkehrten, nachdem das Krankenhaus den Patienten rund um die Uhr überwachen ließ und die Nahrungs- und Getränkeaufnahme streng kontrollierte.

Dutzende Baclofen-Packungen im Haushalt

Zudem legte sie Beweise vor, die zeigten, dass sich die Angeklagte im Besitz von Baclofen befand. Allein zwischen Januar und Dezember 2018, so zeigte die Vorlage von elektronischen Rezepten, hatte die Angeklagte ihr Rezept über Baclofen 15 mal erneuert.

Die Polizei stellte im Haushalt des Ehepaares Dutzende an die Angeklagte ordinierte Baclofen-Packungen sicher, insgesamt 170 Tabletten.

Die Anklägerin zeigte anhand von ärztlichen Berichten auf, dass die Angeklagte weder an „Restless Legs“ noch an Parkinson leidet – wofür ihr das muskelentspannende Mittel ursprünglich verschrieben worden war.

Anwältin: Angeklagte nimmt weiterhin Baclofen

Laut einem vorgelegten Bericht der Staatsanwältin sei der Angeklagten von Seiten ihrer Ärzte bereits 2015 geraten worden, die Einnahme der Medikamente kontrolliert einzustellen.

Anwältin Karina Skou gab zu Protokoll, dass die Angeklagte auch im Gefängnis in Esbjerg zweimal täglich Baclofen-Tabletten einnehme.

Die Verteidigung plädiert auf Freispruch, die Angeklagte weist jede Schuld von sich. Am Dienstag sind der Ehemann sowie die beiden Kinder der Angeklagten als Zeugen geladen.

Am Dienstag, 22. September, entscheidet das Geschworenengericht – drei Richter und neun Geschworene – über die Schuldfrage.

Der Prozess am Westlichen Landesgericht begann am Montag um 12.30 Uhr. Er läuft bis Donnerstag, 24. September. Foto: Sara Wasmund
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