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Jugendliche aus Sonderburg Teil von Forschungsprojekt zum Wohlbefinden

Jugendliche aus Sonderburg Teil von Forschungsprojekt

Jugendliche aus Sonderburg Teil von Forschungsprojekt

Sonderburg/Sønderborg
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Wie gut geht es der Jugend? In vielen Interviews wurde das Bild junger Menschen gezeichnet, die viel mehr für ihr Wohlbefinden tun, als man sonst vermuten würde. Foto: Marle Liebelt

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In mehreren Hundert Interviews haben Jugendliche darüber gesprochen, wie sie täglich daran arbeiten, ihr Leben zu meistern und als Individuen erfolgreich zu sein versuchen. Die Ergebnisse zeichnen das Bild einer Jugend, die viel mehr tut, um zu gedeihen, als man sonst vermuten würde. Die Gesellschaft müsse sich mehr dafür interessieren, was vor sich geht, so die Forschenden.

Junge Menschen verfügen über eine Reihe von Strategien, um erfolgreich zu sein, und arbeiten hart daran. Dies geht aus einer neuen Studie über die „Wohlfühlbemühungen“ junger Menschen hervor, die auf Interviews mit 337 Personen beruht, an dem Forschende vom Center für Jugendforschung an der Aalborg Universität (CeFU) gemeinsam mit P3-Mission des dänischen Rundfunks, der Ebbefos-Stiftung und Østifterne gearbeitet haben. Auch Jugendliche aus Sonderburg haben mit ihren Gesprächen mitgewirkt. 

Zwischen Bemühungen und Druck

Die Auswertung der vielen Interviews – in Kombination mit dem sonstigen Wissen der Forschenden über die Lebensbedingungen junger Menschen – zeigt, dass viele Jugendliche und junge Erwachsene täglich daran arbeiten, ihr Leben zu meistern und als Individuen erfolgreich zu sein, und dass sie darum kämpfen, ihrem Leben einen Sinn, Beziehungen und einen Wert zu geben. Sie arbeiten, um den Anforderungen und Erwartungen des Bildungssystems, des Arbeitsmarktes, ihrer Familien sowie Freundinnen und Freunden gerecht zu werden, und einige erleben Druck, diesen individuellen Lebensentwürfen gerecht zu werden. Daraus kann sich die Angst ergeben, sozial und beruflich nicht erfolgreich zu sein.

Ungewöhnliches Forschungsprojekt

Die Ergebnisse haben eine etwas andere Geschichte als die meisten anderen Forschungsprojekte. Die neue Sicht der Forschenden darauf, wie junge Menschen arbeiten, um ihren Weg im Leben zu finden, ist geprägt von CeFUs eigenen Interviews mit 38 jungen Menschen und nicht zuletzt von 299 Befragten, die von DR P3 gefilmt und interviewt wurden. 

Im Sommer 2023 reisten Mitarbeitende der P3-Mission in einem Bus mit weichen Sofas durch das Land, um möglichst viele verschiedene junge Menschen zu befragen, was sie im Leben glücklich macht. Auf Festivals, LAN-Partys und Traktor-Pulls erzählten die unterschiedlichsten Jugendlichen dem P3-Team und den Forschenden aus ihrem Leben.

Sieben Interviews beim Ringreiten in Sonderburg

Auf diese Weise haben auch junge Leute beim Ringreiten in Sonderborg an dem speziellen Forschungsprojekt teilgenommen. Sieben Interviews wurden hier geführt. So betont etwa die 17-jährige Lykke Mai, dass sie Glück und Freude in der Gemeinschaft finde, zu der sie beim Ringreiten gehört: „Ich habe mir zu Hause auf meinem Handy die Erinnerungen ans Ringreiten und an die Zeit im Internat angesehen. Dieser kleine Freudenschub. Das Gleiche, was wir jetzt haben. Einfach dieses Gefühl der Freude, des Glücks, für eine kurze Sekunde. Dass es Menschen gibt, die einen glücklich machen. Diese Leute (zeigt auf die Leute, mit denen sie zusammensitzt) machen mich glücklich. Deshalb mache ich das hier. Sie machen mich glücklich und zufrieden.“

Bewegende Interviews 

„Es war überraschend und sehr bewegend, mehrere hundert Aufnahmen mit jungen Menschen durchzugehen, die ihr Wohlbefinden und alles, was sie täglich tun und womit sie manchmal auch kämpfen, in Worte fassen“, sagt Noemi Katznelson, Leiterin des CeFU. Das Leben junger Menschen sei sehr unterschiedlich, „aber die jungen Menschen machen sich viele Gedanken darüber, was für sie gut ist. Und viele haben eine große Sensibilität und Fürsorge für einander in ihren Beziehungen“.

Einige der Wege der jungen Menschen, ihr Wohlbefinden zu finden, seien wirklich inspirierend, während andere Herausforderungen und implizite Kritik enthalten, auf die man vielleicht hören sollte, so Katznelson. „Es gibt keinen Grund, junge Menschen generell als Opfer darzustellen“, sagt die Zentrumsleiterin. „In den vergangenen Jahren wurden die Jugendlichen geradezu kleingeredet, sodass bei vielen der Eindruck entstand, alle Jugendlichen befänden sich in einer gigantischen Krise des Unglücklichseins, was in letzter Zeit auch von anderen Forschenden zu Recht kritisiert wurde“, erklärt Noemi Katznelson. 

Laut Katznelson sei es an der Zeit, einen neuen Blick auf die Begriffe Wohlbefinden und Unglücklichsein zu werfen, da sie ein verzerrtes Bild davon vermitteln, wo junge Menschen heute stehen. „Es geht nicht darum, dass es kein Unglücklichsein gäbe, denn das gibt es, und wir müssen es ernst nehmen. Aber die in der Öffentlichkeit vorherrschende Entweder-oder-Diskussion macht all die Dinge unsichtbar, die junge Menschen tatsächlich tun, um erfolgreich zu sein.“

Konferenz am 19. November geplant

Die Veröffentlichung der Studie an diesem Freitag ist nur der Auftakt. Am 19. November soll eine Konferenz zu dem Bericht veranstaltet werden.

„Unglücklichsein ist nicht so weit verbreitet, dass es ein Merkmal einer ganzen Generation ist. Aber es bewegt und verändert sich etwas in Bezug auf das Wohlbefinden junger Menschen, und wir als Gesellschaft müssen uns dafür interessieren, was vor sich geht. Es gibt gute Gründe, warum junge Menschen tun, was sie tun, und es gibt auch eine Kritik an der Gesellschaft. Und es gibt auch Dinge, die man von vielen jungen Menschen lernen kann, die ihre Gefühle sehr gut in Worte fassen können“, sagt Noemi Katznelson.

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