Sturmflutfolgen

Ein zerstörter Hafen und die Frage: Wer zahlt für den Wiederaufbau?

Ein zerstörter Hafen und die Frage: Wer zahlt für den Wiederaufbau?

Ein zerstörter Hafen: Wer zahlt für den Wiederaufbau?

Mummark/Mommark
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Carsten Kock auf der zerstörten Außenmole. Vor der Sturmflut stand hier eine Mauer. Foto: Sara Eskildsen

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Carsten Kock besitzt seit zehn Jahren die Marina Mummark. Im Oktober zerstörte die Sturmflut Campingplatz, Restaurant und Mole. Doch der 51-Jährige wagt den Wiederaufbau.

Statt tanzender Gäste dreht der Heizlüfter seine Runden im Festsaal. Vor etwa sieben Wochen schwappte das Wasser der Ostsee in das Gebäude, das direkt an der Mole hin zum Wasser liegt. Von der Holzterrasse ist nur noch ein Gerippe übrig, zwei zerborstene Fenster liegen im Freien.

Carsten Kock hat sich seinen Arbeitsplatz an einem Restauranttisch eingerichtet. Sein Stuhl steht auf blankem Beton, statt Fußleisten klaffen Löcher zwischen Wand und Boden.

Sturmflut zum zehnjährigen Jubiläum

Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Carsten Kocks Unternehmen in Trümmern liegt. Vor zehn Jahren hat er den Hafen in Mummark gekauft, seitdem betreibt er vor Ort einen Campingplatz, Restaurant und Seglerhafen. Bis die Sturmflut am 20. und 21. Oktober seinen Betrieb zerstörte.

Der Festsaal der Marina Mummark. Hier stand das Wasser 30 Zentimeter hoch. Foto: Sara Eskildsen
Carsten Kock hat die Marina 2013 gekauft und betreibt vor Ort Restaurant, Campingplatz und Seglerhafen. Foto: Sara Eskildsen

Der Wiederaufbau hat begonnen, Restaurant und Festsaal sind den Handwerkern überlassen. Zum 1. Februar will Carsten Kock seinen Betrieb wieder aufnehmen. „Wir haben die Rückmeldung erhalten, dass der Sturmflutrat die Kosten für den Wiederaufbau der Gebäude übernimmt. Dabei handelt es sich um 600.000 Kronen, der genaue Betrag muss noch gutgeheißen werden“, sagt Kock.

Alle anderen Versicherungen sind wirkungslos

Doch das ist die einzige gute Nachricht im Hinblick auf Versicherungen, die Kock erhalten hat. Da es sich um eine offiziell als Sturmflut eingestufte Naturkatastrophe handelt, sind alle anderen Versicherungen, die der Betrieb abgeschlossen hat, wirkungslos. Betriebsausfallversicherung, Sturmschädenversicherung – keine von beiden greift.

„Wir haben eine Betriebsausfallversicherung und auch eine extra Versicherung für Sturmschäden, beispielsweise für die Badestege. Keine dieser Versicherungen ist aktiv. So ist das in Dänemark: Sobald es sich offiziell um eine Sturmflut handelt, die die Schäden ausgelöst hat, sind alle anderen Versicherungen nicht mehr wirksam.“

Die Außenmole ist vollkommen zerstört worden. Foto: Sara Eskildsen
Carsten Kock hofft, dass die dänische Regierung den Häfen in Dänemark Unterstützung für den Wiederaufbau zukommen lässt. „Was die Mole angeht, hoffen wir auf 2 oder 3 Millionen Kronen. Das brauchen wir, damit der Hafen wieder in Betrieb gehen kann.“ Foto: Sara Eskildsen

Der Sturmflutrat hat eine sogenannte Negativliste, auf der steht, was der Rat nicht deckt. Darauf steht unter anderem: Betriebsausfälle und Außenanlagen. „Es ist eine etwas absurde Situation. Alle anderen Versicherungen sind wirkungslos, doch die Negativliste des Sturmflutrats ist lang.“

Hafenanlagen sind nicht versichert

 

Der Sturmflutrat ist also die einzige Instanz, die Schadensersatz leistet. „Das betrifft aber nur Schäden, die in und an Gebäuden entstanden sind. Es umfasst nicht den Betriebsausfall, nicht die Terrasse und auch nicht die Hafenanlagen“, erläutert Kock.

Der Campingplatz hat einige Stellplätze an die Ostsee verloren. Foto: Sara Eskildsen

Die Umsatzeinbußen seit der Sturmflut und bis Weihnachten liegen bei rund 1 Million Kronen. Er zahlt seinen sechs Angestellten weiterhin Lohn, damit er im Februar nicht ohne Personal dasteht. „Wir wollen den Restaurant- und Festbetrieb so schnell wie möglich wieder aufnehmen, um endlich wieder Einnahmen zu haben“, sagt der Marinebetreiber.

Ab 1. Februar können Gäste wieder von Donnerstag bis Sonnabend à la carte essen, auch der Festbetrieb wird wieder aufgenommen.Der Campingplatz soll zum 1. April öffnen – allerdings sind einige Stellplätze direkt an der Küste zerstört worden.

Die Mole am Hafen ist komplett zerstört

Beim Blick durch die Fenster hinaus auf die Mole und den Hafen wir deutlich: Die größte Zerstörung hat entlang der Mole stattgefunden. Die Sturmflut hat mit ihren Wellen die Betonmauer komplett weggerissen und den Weg aufgerissen. Es klaffen metergroße Löcher, und die Mauer ist weg.

„Der Hafen ist dem nächsten Sturm jetzt relativ schutzlos ausgesetzt. Daher macht es überhaupt keinen Sinn, die Stege und Molen im Hafenbecken zu reparieren, bevor keine Lösung für die Außenmole gefunden ist“, sagt Carsten Kock. „Die Frage ist doch: Wie viel will man in einen Standort investieren, der bei nächster Gelegenheit wieder von einer Sturmflut getroffen wird?“

Wie die abgebrochene Betonmauer der Außenmole wieder aufgebaut werden könnte, weiß bislang niemand. Foto: Sara Eskildsen

Ein erstes Aufräumen nach der Sturmflut hat 250.000 Kronen gekostet, auch das hat Kock aus eigener Tasche bezahlt.

Um sein Gebäude bestmöglich vor den Fluten zu schützen, hatte Kock zwölf Container mit einem Gewicht von je 18 Tonnen zwischen Gebäude und Meer platziert. „Hätten wir die Container nicht aufgestellt, wäre die gesamte untere Etage weg gewesen“, sagt er.

Die beschützende Maßnahme hat ihn knapp 100.000 Kronen gekostet und Schlimmeres verhindert. Doch auch diese Ausgabe kriegt er vom Sturmflutrat voraussichtlich nicht erstattet.

 

Von der Terrasse ist nur noch ein Gerippe übrig. Anlagen, Wege, Molen, Badebrücken, behindertengerechte Zugänge – all das ist prinzipiell nicht über den Sturmflutrat versichert. Foto: Sara Eskildsen

In Kürze will sich der Verbund FLID (Foreningen af Lystbådehavne i Danmark) mit Morten Bødskov, dem dänischen Minister für Wirtschaftsförderung und Betriebe, treffen. „Wir wollen politischen Druck ausüben. Denn wenn die Regierung keine Gelder für den Wiederaufbau von Häfen und Molen zur Verfügung stellt, wird es viele Häfen in Dänemark nicht mehr geben.“

Betrieb im Seglerhafen wird 2024 vermutlich ruhen

Für den eigenen Seglerhafen in Mummark sieht es derzeit so aus, als ob für 2024 keine Gastsegler anlegen können. „Und wenn, dann nur in ganz begrenztem Umfang. Die drei Berufsfischer sind in Betrieb, aber die kleineren Stege und Molen für die Segelboote sind nicht repariert.“

Im Restaurant hat sich Carsten Kock einen Arbeitsplatz eingerichtet. Ab 1. Februar soll der Restaurantbetrieb losgehen. Foto: Sara Eskildsen

Was muss bis zur nächsten Sturmflut anders werden? „Die sagen ja, dass es eine Jahrhundert-Sturmflut war. Aber ich glaube bei all den Klimaveränderungen daran, dass wir so etwas auch in zwei oder drei Jahren wieder erleben werden. Das eine ist, dass wir im Hier und Jetzt Geld benötigen, um das Zerstörte wiederaufzubauen. Ein anderer Aspekt ist: Wie sind wir beim nächsten Mal versichert? Was kann der Sturmflutrat ändern? Wenn wir so küstennah liegen, was sind unsere Zukunftsaussichten? Lohnt es sich überhaupt, hier zu investieren?“

Hoffen auf Geld von der Regierung

 

Die Gesamtschäden an der Marina Mummark sind auf 10 Millionen Kronen veranschlagt. „Ich kann klar sagen: Wenn wir keine Zusage für die Wiederherstellung des Gebäudes erhalten hätten, gäbe es die Mummarker Marina jetzt nicht mehr. Was die Mole angeht, hoffen wir auf 2 oder 3 Millionen Kronen von der Regierung zum Wiederaufbau. Darauf hoffe ich. Das brauchen wir, damit der Hafen wieder in Betrieb gehen kann.“

 

Die Sturmflut hatte so eine Kraft, dass sogar die 18 Tonnen schweren Container bewegt wurden, die als Schutzwall vor dem Gebäude aufgestellt wurden. Foto: Sara Eskildsen
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Kommentar

Jan Peters
Jan Peters Lokalredaktion Apenrade
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