Gesellschaft

Mit 79 Jahren in den Ruhestand

Mit 79 Jahren in den Ruhestand

Mit 79 Jahren in den Ruhestand

Tingleff/Tinglev
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Johannes Petersen in seinem Büro in der Elementfabrik „Contiga" in Tingleff. Im Alter von 79 Jahren (!) begibt sich der agile Mann nun in den Ruhestand. Foto: Friedrich Hartung

Johannes Petersen aus Tingleff nahm am Dienstag seinen Hut als Mitarbeiter der Tingleffer Elementfabrik „Contiga“. Dort fing der 79-Jährige vor fast 19 Jahren an und hat seitdem in Vollzeit gearbeitet. Wie hält man es so lange auf dem Arbeitsmarkt aus?

Das ist schon rekordverdächtig: Als Johannes Petersen 60 Jahre alt war, hätte zu den damaligen Bestimmungen in den Vorruhestand gehen können. Das kam für den Tingleffer allerdings überhaupt nicht infrage.

Er stieg noch einmal so richtig ins Berufsleben ein und fing bei der Tingleffer Elementfabrik an. Das war vor fast 19 Jahren.

In dieser Woche zog sich der agile Mann nun zurück – mit 79 Jahren!

Vielseitiger Mann

Er war beim Militär tätig, arbeitete bei Danfoss, war 30 Jahre Landwirt und arbeitete drei Jahre für eine Firma in Rothenkurg (Rødekro), die Bauwagen und Bürocontainer herstellte. Als die Firma aufgelöst wurde, war Johannes Petersen Anfang 60 und erst einmal ohne Arbeit.

„Ich hätte damals in den Vorruhestand gehen können, aber das war für mich undenkbar. Ich bin zur Elementfabrik geradelt und habe gefragt, ob sie für einen jungen Mann einen Job haben“, erzählt Johannes Petersen mit einem Lachen.

Das Unternehmen stellte ihn ein, und es sollten fast 19 Jahre daraus werden.

Nun nahm Johannes Petersen Abschied. Von sich aus.

 „Ich werde bald 80 und sagte mir, dass man in diesem Alter nicht mehr in einem Betrieb herumlaufen sollte“, so der baldige Ruheständler.

Limitierte Feier wegen Corona

Coronabedingt konnte für den Haudegen am Dienstag nur eine kleine Abschiedsfeier bei „Contiga“ am Mads Clausens Vej gegeben werden.

„Ich durfte nur sieben Kollegen einladen, aber das ist nicht schlimm“, so der Tingleffer.

In einem coronabedingt kleinen, letztendlich aber gebührenden Rahmen wurde Johannes Petersen (2. v. l.) verabschiedet. Blumen gab es von „Contiga"-Direktor Karsten Rewitz. Foto: Friedrich Hartung

Es sollte letztendlich nicht nur bei der Feier im kleinen Rahmen bleiben. Etliche Mitarbeiter überraschten ihren Kollegen am letzten Tag mit kleinen Aufmerksamkeiten.

Viele ließen es sich einfach nicht nehmen, dem geschätzten „Oldie“ Tschüss zu sagen. Es wurde deutlich, welch hohes Ansehen der Tingleffer genießt.

Unter den Abschiedsgästen beim offiziellen kleinen Empfang war unter anderem Thies Thomsen aus Stoltelund, der Johannes Petersen schon lange kennt. Die Teilnahme war für Thies Thomsen eine Ehrensache.

Toller Typ

„Johannes Petersen ist ein toller Kollege und Mensch. Sein Humor ist ansteckend“, sagt der Stoltelunder über seinen langjährigen Arbeitskollegen.

Den Altersunterschied habe man nie gemerkt. „Johannes ist ein offener Mensch. Er zeigt stets Interesse am Leben anderer Menschen. Er verkörpert die Auffassung, dass für jeden Platz sein muss“, ergänzt Thomsen anerkennend.

Kennen und schätzen sich als Kollegen schon lange: Thies Thomsen (l.) und Johannes Petersen. Foto: Friedrich Hartung

Johannes Petersen blieb auch auf dem Arbeitsmarkt, als seine Frau Jonna vor drei Jahren starb.

Der Konkurs der Tingleffer Elementfabrik 2010 hätte den heute 79-Jährigen aber beinahe in den Ruhestand gezwungen.

„Ich wurde entlassen und war 14 Tage lang nicht mehr dabei. Ich wurde dann angerufen und gefragt, ob ich wieder einsteigen würde. Das habe ich dann getan“, erinnert sich Johannes Petersen noch gut an sein Comeback nach der Übernahme der Fabrik durch das norwegische Unternehmen „Contiga“. Mittlerweile ist der Tingleffer Betrieb Teil des Konzerns „Heidelberg Zement“.

War Petersen zunächst in leitender Funktion in der Produktion tätig, wechselte er später in die Qualitätskontrolle. Zuerst ebenfalls in leitender Funktion, später dann als „normaler Angestellter“, wie er es ausdrückt.

Johannes Petersen ist ein toller Kollege und Mensch. Sein Humor ist ansteckend.

Thies Thomsen

Der Abteilungswechsel erfolgte, weil es körperlich weniger belastend ist, könnte man vermuten.

Körperliche Arbeit nie gescheut

„Ne, deswegen eigentlich nicht. Es hat sich so ergeben. Mir hat körperliche Arbeit noch nie etwas ausgemacht“, sagt der rüstige Mann.

Er reduzierte nicht einmal seine Arbeitszeit. Es ist gerade einmal ein paar Monate her, dass er sich doch für eine Arbeitszeitverkürzung entschied. Es war quasi der schonende Übergang in das Rentnerdasein.

Hat lange durchgehalten: Johannes Petersen geht mit 79 Jahren in Rente. Foto: Friedrich Hartung

Im Ruhestand hat der 79-jährige so einiges vor. „Ich habe mir ein Klavier gekauft und möchte das Klavierspielen lernen. Ich nehme regelmäßig Klavierstunden im Reppelcenter“, erzählt Johannes Petersen.

Über musikalische Erfahrungen verfügt er. „Ich spielte rund 40 Jahr im Tingleffer Feuerwehrorchester. Dort allerdings nur Kornett“, so Petersen.

Die eine oder andere Reise mit seiner Freundin werde er sicherlich auch machen, besonders großes Fernweh verspüre er allerdings nicht.

Gern in der Heimat

„Ich liebe die Heimat und fühle mich in Tingleff wohl“, betont der 79-jährige „Neurentner“.

Er werde sich wohl etwas mehr um den Garten kümmern und sich generell darum bemühen, etwas zu tun zu haben  – ganz nach dem Motto „wer rastet, der rostet“. Dieses Motto ist bald 80 Jahre lang sein treuer Begleiter gewesen.

Es hat sich so ergeben. Mir hat körperliche Arbeit noch nie etwas ausgemacht.

Johannes Petersen

Und wenn dann doch mal die Beine hochgelegt werden, dann muss es nicht fernab der Heimat sein.

„Die Costa del Terrasse reicht da völlig aus und wird nun wohl mehr genutzt“, so Johannes Petersen mit einem verschmitzten Lächeln in Anspielung daran, dass die heimische Veranda durchaus Urlaube in südlichen Gefilden ersetzen kann.

Thies Thomsen (l.) und Johannes Petersen bei einem symbolträchtigen letzten gemeinsamen Gang entlang der Produktionsanlage Foto: Friedrich Hartung
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