Tønder Festival 2019

Fünf Dinge, die wir beim Tønder Festival gelernt haben

Fünf Dinge, die wir beim Tønder Festival gelernt haben

Fünf Dinge, die wir beim Tønder Festival gelernt haben

Tondern/Tønder
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Die schottische Band Tide Lines heizte das Tonderaner Publikum mit klassischem Folkrock ein. Foto: Torben Christensen, RitzauScanpix

Das Tønder Festival 2019 überzeugte in allen Bereichen, aber auch für das Folkfestival an der Westküste wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Gwyn Nissen zieht nach vier Festivaltagen ein Fazit.

Vier Tage Tønder Festival sind vorbei. Bei den Festivalchefs machte sich am Wochenende schnell Erleichterung und ein breites Grinsen breit: ausverkaufte Tickets, gutes Wetter, rekordverdächtiger Getränkeverkauf und keine nennenswerten Probleme. Heißt so viel wie: Das Festival wird einen satten Überschuss landen, und es kann ins Festival 2020 und das örtliche Musik- und Kulturleben investiert werden.

Was nehmen wir vom Festival 2019 mit? Diese fünf Dinge:

 

Das Tønder Festival eilt mit großen Schritten auf die 50 zu. Foto: Elise Rahbek

1 Das Festival entwickelt sich Jahr für Jahr

Das Tønder Festival hält an der positiven Entwicklung fest. Es hat seit der Neu-Konzipierung 2012 verstanden, sich in allen Bereichen Jahr für Jahr weiterzuentwickeln. Es kommt immer wieder Neues dazu und gleichzeitig halten die Veranstalter an guten Traditionen fest.

Im Prinzip ist aber nichts heilig, und mit dieser Einstellung kann sich das Festival auch in den kommenden Jahren weiterentwickeln, weil die Organisation offen für Veränderungen ist. 

Gleichzeitig haben die Veranstalter einen Fokus auf den Bedarf der Besucher, was gut ankommt. Die Gäste fühlen sich wohl und vor allem ernst genommen. Toll ist, dass obwohl das Festival wächst, es immer noch kleine Wohlfühloasen gibt, wenn man mal eine Pause braucht. Aber auch für Partygänger, die nicht wegen der Musik da sind, ist Platz. Es ist eben nicht nur ein Musikfestival mit internationalen Spitzenvertretern, sondern auch ein Stadtfest, wo Freundschaften gepflegt werden.

 

Die Qualität muss stimmen – beim Musik-, Essens- und Hyggeangebot. Foto: Karin Riggelsen

2 Das Publikum hat hohe Erwartungen

Das heutige Festivalpublikum hat hohe Erwartungen an die Veranstalter. Der Kunde verlangt Qualität, nicht nur bei der Musik, sondern auch was Essen, Hyggefaktor, und sanitäre Anlagen angeht – ohne dass es Luxus sein muss.

Das Publikum möchte außerdem positiv überrascht werden. Das stellt hohe Anforderungen, weil sich das Festival stets erneuern muss. Es bedeutet aber auch, dass die Besucher heute kritischer sind als vor zehn Jahren. Sie werden sozusagen damit groß gezogen, dass alles besser wird. Wird es auch: Wer sich beschwert, beschwert sich über Kleinigkeiten.

Tolles Konzert, aber dann doch eine Nummer zu wild für viele Festival-Besucher: französischer Folk-Punk-Techno mit Plantec aus der Bretagne. Foto: Torben Christensen, RitzauScanpix

3 Die Bäume wachsen nicht in den Himmel – auch nicht in Tondern

Die musikalische Leitung des Festivals hat in den letzten Jahren ein gekonntes und glückliches Händchen gehabt. Die 2019-Ausgabe war keine Ausnahme, auch wenn es kurzfristig drei Absagen von Top-Künstlern gab. Tondern präsentierte alte und neue Musik, bekannte und unbekannte Künstler und für jeden Geschmack war etwas dabei.

Ein Festival zu veranstalten ist aber auch ein riesiges Puzzle: Wer spielt wann, auf welcher der elf Bühnen? Das ist nicht immer leicht.

Ryan McMahon war überglücklich, als ihn das Tønder Festival buchte, obwohl seine Bandbrüder von LionBearFox absagen mussten. Doch es hinterließ ein halb leeres Open-Air-Konzert, weil McMahon eben nicht die Anziehungskraft von LionBearFox hat. Auch der französische Folk-Punk-Techno von Plantec kam bei zu Wenigen gut an. Die Folgen waren einige Hundert Besucher in Feierlaune vor der Bühne, aber ansonsten ein leeres Open-Air-Konzert – und das unter anderem am Sonnabendabend um 19 Uhr. Hier müsste, wie bei Jonah Blacksmith, Skipinnisch oder Folkeklubben, eigentlich volles Haus sein. 

Eine der Stärken des Tønder Festivals ist, dass Maria Theessink und Co. den Mut haben, zu experimentieren. Das macht Tondern zu einem einzigartigen Festival. Vielleicht sollte man aber die Experimente auf kleineren Bühnen durchführen. Dann kann man die neue Musik später immer noch „befördern" und die Musiker wieder einladen (so wie es oft geschieht). Aber auf der Open-Air-Bühne wollen die Leute „sichere Karten". Das wurde in diesem Jahr ganz deutlich.

Ein heißer Tanz – für das Publikum und für die vielen freiwilligen Helfer beim Tønder Festival. Foto: Elise Rahbek

4 Viele freiwillige Helfer

Mit dem Erfolg des Tønder Festivals wächst auch der Druck auf die Freiwilligen, denn es kommen immer mehr Aufgaben auf das Festival zu: zum Beispiel für die neue Nachhaltigkeit oder für die Erneuerungen auf dem Campingplatz. Jedes Jahr entstehen viele neue Maßnahmen, doch was der Besucher oft vergisst: Es muss alles aufgebaut und wieder abgebaut werden – die neuen und die alten Sachen. Wenn also jede Menge Lichterketten und Sitzgruppen für Gemütlichkeit sorgen, dann steckt dahinter auch viel Arbeit – vor, während und nach dem Festival.

Das Tønder Festival muss aber etwas richtig machen: Neue Generationen sind unter den Helfern zu sehen, und wenn sich zum Beispiel aus Esbjerg Leute als freiwillige Helfer melden, ohne einen Bezug zu Tondern zu haben, dann ist das Festival auch hier auf dem richtigen Weg.

Neben den Musikern und Besuchern wollen sich auch die freiwilligen Helfer beim Festival wohlfühlen – und nicht nur hart arbeiten. Es bleibt dem Festival also weiterhin ein Stück harte Arbeit, um die vielen Freiwilligen bei guter Laune zu halten. Aber warum sollte es nicht weiterhin gut klappen?

Schattige Plätze waren beim Tønder Festival gefragt. Foto: Karin Riggelsen

5 Was ist wenn...   

Vier Tage Sonnenschein ist gut für die Kasse, und die Besucher genießen ein sommerliches Festival. Da haben andere Festivals in diesem Sommer Pech gehabt: Das Smukfest in Skanderborg soff förmlich ab.

Bei heißem Wetter stellte das Tønder Festival überall Trinkwasser kostenlos zur Verfügung – bei Konzerten wurde das Wasser sogar in der ersten Reihe serviert. Tolle Geste. 

Allerdings rissen sich die Leute am Wochenende um die schattigen Plätze mit einem „Dach über dem Kopf“ (und sei es ein Laubbaum)  – und davon gab es zu wenig. Genau wie, wenn es in Strömen regnen sollte – auch dann hat das Tønder Festival ein Problem. Klar: Es kann nicht jeder Festivalgast ein Zeltdach über den Kopf bekommen, aber es ist hier und da immer noch „Schirmpotenzial" für kommende Sommer- und Regenfestivals da. Ohne dass dabei das „Festival im Grünen" verlorengeht.

Genau solche Kleinigkeiten zeigen allerdings, dass auf „hohem Niveau gemeckert" wird. Grundsätzlich hat das Tønder Festival nämlich alles im Griff und geht mit sicheren Schritten auf die 50 zu. Mit ganz vielen Freiwilligen wird das Festival professionell geführt und durchgeführt, ohne dabei seinen Charme zu verlieren. Nach dem Festival beginnt die Vorfreude auf das Festival – also bis zum letzten Wochenende im August 2020.

Einige Besucher hatten ihren eigenen Schatten mitgebracht.... Foto: Torben Christensen, RitzauScanpix
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Leitartikel

Anna-Lena Holm
Anna-Lena Holm Hauptredaktion
„Vertrauenskrise in den Medien“