Kommunalwahl 2021

Bei Problemen zu kneifen, ist nicht ihr Ding

Bei Problemen zu kneifen, ist nicht ihr Ding

Bei Problemen zu kneifen, ist nicht ihr Ding

Tondern/Tønder
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Louise Thomsen Terp weiß, was sie will. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

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Die 39-jährige Louise Thomsen Terp will ihren Stadtratssitz als Vertreterin der Schleswigschen Partei behaupten. Die Politikerin wünscht sich ein besseres Arbeitsklima im neu gewählten Stadtrat.

Kindermund tut Wahrheit kund. Dieses Sprichwort kann sich Louise Thomsen Terp aus Toft bei Tondern nicht nur mit ihren vier Kindern im Alter zwischen 5 und 13 Jahren zu eigen machen, sondern auch in ihrem öffentlichen Leben als Politikerin.

Eine kleine Kostprobe für die amüsanten Kindersprüche lautet so: Ihr siebenjähriger Sohn Johan spricht mit einem Erwachsenen, der dem Jungen erklärt, dass er dessen Mutter bei der Wahl am 16. November wählen wolle. Daraufhin meint Johan: „Das musst du nicht, denn sie will nicht Bürgermeisterin werden. Das will aber Jørgen Popp Petersen. Daher wähle lieber ihn."

 

 

Das S-Mädchen aus Toft

 

Auch außerhalb der eigenen vier Wände ist sie nicht nur Mutter, Ehefrau und Physiotherapeutin, sondern auch Politikerin. Ein Junge aus der 1. Klasse der Ludwig-Andresen-Schule fragte sie kürzlich: „Bist du das S-Mädchen". Auch Kinder, die sie beim Turnen trainiert, haben die „Blondine mit den blauen Augen" auf den Wahlplakaten wiedererkannt. Die 39-jährige Stadtratsabgeordnete hat sich zum dritten Mal für eine Kandidatur für die Schleswigsche Partei zur Verfügung gestellt.

Eine Liegestütze schafft die sportliche Louise Thomsen Terp mit Leichtigkeit. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

 

Louise Thomsen Terp ist vor acht Jahren ohne Überredungskünste anderer zur Politik gekommen, obwohl sie schon früh Bekanntschaft mit dem politischen Geschäft machte, wenn sie ihre Mutter zu Kommunalratssitzungen in Lügumkloster (Løgumkloster) begleitete.

 

Bei einer Elternversammlung wurde gesagt, dass der Schleswigschen Partei Kandidaten fehlten. „Da dachte ich mir: Das könnte ich mir vorstellen. Als ich dann direkt darauf angesprochen wurde, sagte ich gleich Ja." Auch in Bezug auf ihre Bereitschaft, in eine dritte Kandidatur einzuwilligen, gab es kein Zaudern.

In den Tondernhallen geht Louise Thomsen Terp ein und aus, wenn ihre Kinder zum Sport gehen oder wenn sie selbst Gymnastiktrainerin ist. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

„Ich hoffe, dass ich mein Mandat verteidigen kann. Und ich glaube fest daran, dass wir unser drittes Mandat zurückerobern, das wir vor vier Jahren verloren haben. Und ich hoffe, dass Jørgen Popp Petersen Bürgermeister wird, obwohl gerade die Zusammenarbeit mit ihm sehr viel Spaß macht. Das würde sich ja ändern, wenn er plötzlich nicht mehr bei den Stadtratssitzungen neben mir sitzt“, lacht die stets gut gelaunte Politikerin, die 2017 mit 203 persönlichen Stimmen das 14. der 31 Stadtratssitze eroberte. Ihr persönliches Ziel war damals, 100 Stimmen zu gewinnen. Bei ihrer ersten Kandidatur kam sie auf 77 persönliche Stimmen. Von einem der unteren Plätze auf der Kandidatenliste startete sie durch und landete sehr zu ihrer eigenen Überraschung im Stadtrat.

Was Louise Thomsen Terp tut, will sie gut machen. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

 

Strukturierter Alltag und Flexibilität

Die politische Arbeit würde zugegebenermaßen sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Mit vier Kindern, die viele Freizeitaktivitäten haben, und einem Job sei eine strukturierte Planung ein Muss. Und flexibel müsse man sein. Viel Unterstützung erfahre die Familie aber auch von ihrem großen Netzwerk.

Sie würde sich mehr Frauen als die derzeit sieben im Stadtrat wünschen. „Doch eine Frau soll nicht gewählt werden, nur weil sie eine Frau ist. Es kommt auf die Qualifikationen an. Ich halte nichts von der Frauenqoute um jeden Preis", unterstreicht die vierfache Mutter, die mit Jørgen Popp Petersen, Leif Hansen und Randi Damstedt das Spitzenteam der Schleswigschen Partei ausmacht.

Wir müssen lernen, ein Kind als Ganzes zu sehen.

Louise Thomsen Terp, Stadtratsmitglied der Schleswigschen Partei

Seit acht Jahren hat sie ihren Sitz im Schul- und Kinderbereich. Und für diesen Bereich brennt sie.

„Ich habe mir ein großes Wissen angeeignet. Ich kenne das Personal, die Kindergärten und die Schulen. Ich würde auch gern angeschobene Projekte begleiten. Mein Vorteil ist, dass ich mein ganzes Leben bis auf drei Studienjahre in der Kommune verbracht habe. Ich habe daher gute lokale Kenntnisse. Ich bin Mutter und habe Kinder sowohl im Kindergarten als auch in der Schule. Deswegen kenne ich den Alltag in den Institutionen und auch das Leben einer Familie. Das gibt eine gute Grundlage, Entscheidungen zu treffen, da ich den Finger am Puls habe."

Mit Schmetterlingen im Bauch ging Louise am Dienstag zu ihrer ersten Wahlveranstaltung als Podiumsteilnehmerin ins Gymnasium. Danach ging es zum Interview und zum Fototermin. Viel Luft in ihrem Terminkalender gibt es nicht. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

„Wir müssen lernen, ein Kind als Ganzes zu sehen. Mir liegt ein gutes Wohlbefinden mehr am Herzen als gute Zensuren. Zum Wohlbefinden gehören viele Bereiche. Beeinträchtigt kann es werden bei psychischen, sozialen und motorischen Defiziten. Entscheidend ist auch, wie es in den Elternhäusern aussieht. Daher ist es erfreulich, dass wir entschieden haben, den Bereich Sozialberatung und Physiotherapie für die Institutionen personell aufzustocken, sodass wir das Kind so früh wie möglich und gut begleiten können."

Von Corona-Zeit lernen

„Wir müssen der ganzen Familie helfen. Da sind Angebote wie die Familienwerkstatt der Heilsarmee und das Projekt Broen eine wichtige Hilfe für die Kommune. In den kommenden Jahren wird es wesentlich mehr Kinder mit sensomotorischen Herausforderungen geben. Corona hat uns gezeigt, wie einige Kinder beim Homescooling aufblühten, während es für andere negative Herausforderungen gab. Daher sollten wir von dieser Zeit lernen, dass sich viele Kinder in kleineren Lerngruppen und mit festen Kontaktpersonen wohlerfühlen“, erklärt die Physiotherapeutin.

Sie bedauert, dass beim aktuellen Wahlkampf kaum die Themen Kinder und Menschen mit Behinderten angesprochen wurden, dafür umso mehr das Klima und die Windkraft. 

Louise Thomsen Terp ist eine selbstbewusste junge Frau. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Zudem sei es für sie wichtig, dass alle am Kultur- und Freizeitangebot teilhaben können. Das könne man beispielsweise mit Preisnachlässen und oder einem Kulturpass ermöglichen, denn Eltern aus sozial schwachen Familien schicken ihre Kinder nicht zum Sport. Wir müssen nicht nur gute Einrichtungen haben, sondern auch ein reiches Freizeitleben. Generell sollte es gute Rahmenbedingungen für Familien geben. Man erinnere sich als Erwachsener gern an seine Kindheit, sodass man sich dann vielleicht dazu entscheidet, in die Kommune zurückzukehren, um seinen eigenen Kindern diese Werte und Erlebnisse mit auf den Weg zu geben.

 

Schulneubau: Viele Stolpersteine 

Sie wurde als Mitglied des Kinder- und Schulausschusses auch in den Bauausschuss für den Bau der neuen Schule in Scherrebek (Skærbæk) gewählt. „Wenn jemand heute fragt, ob die Schleswigsche Partei wie früher sich einer Entscheidung in Bezug auf dänische Schulen und Kindergärten enthalten sollte, sage ich Nein. Wir müssen uns in allen Fragen einbringen“, so Louise Thomsen Terp.

Dass die Kosten beim Schulbau derart aus dem Ruder liefen, hing mit mehreren Gründen zusammen. Schon bei der Ausschreibung sei der Kostenrahmen weit überschritten worden. Dann habe es viele Stolpersteine auf der Baustelle gegeben. Wechsel auf der Position der Schuldirektors erschwerten einen kontinuierlichen Ablauf zusätzlich.

Lieber renovieren

„Der Neubau hat in den vergangenen vier Jahren viel Zeit in Anspruch genommen. Die Schleswigsche Partei zog eine Renovierung des bestehenden Schulgebäudes einem Neubau vor. Eine demokratische Abstimmung tragen wir natürlich mit.“

Das große Bauvorhaben wurde im Stadtrat auch sehr kontrovers diskutiert. Die zu Ende gehende Legislaturperiode bezeichnet sie als anstrengend und unruhig. In ihren ersten vier Jahren in der Politik sei die Zusammenarbeit wesentlich besser gewesen. Ein Verhalten wie im Kindergarten sei an den Tag gelegt worden.  Entsprechend war die Auffassung der Bürger.

„Wir haben uns als SP nicht an den Anfeindungen beteiligt und den harten Ton gewählt. Doch alle werden wir über einen Kamm geschert. Wir sind alle Kindergarten", bedauert sie.

Louise Thomsen Terp sucht die Zusammenarbeit, hier mit ihrer Stadtratskollegin Mette B. Linnet von Venstre, als sie sich gemeinsam über den Rettungshelikopter beim Niebüller Krankenhaus informierten, der auch bei Notfällen nördlich der Grenze zum Einsatz kommt. Foto: privat

Ich mag den derzeitigen Ton nicht. Im Stadtratssaal feindet man sich an. Wenn man den Raum verlässt, albert man miteinander herum.

Louise Thomsen Terp, SP-Stadtratsmitglied

Ob sie ein Ende ihrer politischen Karriere wegen der schlechten Zusammenarbeit und Stimmung in Erwägung gezogen hat, beantwortet sie prompt.

„Mich bei Problemen aus dem Staub zu machen, ist nicht mein Ding. Hätte ich nicht wirklich gewollt, hätte ich mich nicht zum dritten Mal als Kandidatin nominieren lassen. Ich hoffe aber  auf einen Wechsel. Ich mag den derzeitigen Ton nicht. Im Stadtratssaal feindet man sich an. Wenn man den Raum verlässt, albert man miteinander herum. Aber das ist wohl das politische Spiel, aber ich mag es nicht. Wir kommen mit allen gut aus“, erklärt die 39-Jährige.

Ihr Vater und aktiver Wahlhelfer Georg hatte einen guten Einfall: Seinen SP-Ferguson mit Anhänger platzierte er mit Wahlplakaten und Fahrer Jørgen Popp Petersen gut sichtbar auf dem Feld seiner Tochter und ihrem Mann René. Foto: privat

Im Zuge ihres Wahlkampfes hat sich die Politikerin viel der sozialen Medien bedient und hat auch Einblick in ihr Privatleben gegeben. In den Beiträgen spielen auch ihre Kinder eine Rolle. „Ich wollte damit zeigen, dass ich ein ganz normaler Mensch bin und ein ganz normales Familienleben führe. Meine beiden Ältesten habe ich aber immer gefragt, ob sie an meinen digitalen Wahlspots teilnehmen wollen. Sie sind auch im Wahlkampf aktiv dabei gewesen, zum Beispiel beim Aufhängen von Wahlplakaten.

Dass ihre Mutter eine viel beschäftigte Frau ist, die sehr großen Wert auf ihre Rolle als Mutter legt, wissen ihre Kinder. Denn das Quartett und die Familie stehen bei der 39-Jährigen an erster Stelle.

 

Die vierfache Mutter Louise Thomsen Terp mit ihrem jüngsten Kind Iben Foto: Karin Riggelsen

Sie scheint aber auch eine Person zu sein, deren Tag mehr als die 24 Stunden hat. Dieses Engagement wurde am vergangenen Wochenende auch mit dem Nordschleswig-Preis der Jes-Schmidt-Stiftung gewürdigt.

 

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