Ausgrabung
Das Dorfleben unserer Vorväter
Das Dorfleben unserer Vorväter
Das Dorfleben unserer Vorväter
Östlich von Tondern legten Archäologen die Überreste einer großen Siedlung aus dem Mittelalter frei. Schmuckstücke der Vergangenheit tauchten auf.
Auf einem abgeernteten Maisfeld östlich von Tondern treffen die Gegenwart und Vergangenheit aufeinander. Dort sind die Archäologen des nordschleswigschen Museumsverbandes bei ihrer Ausgrabung auf Spuren aus der Wikingerzeit und dem Mittelalter gestoßen.
Obgleich keine bahnbrechenden Funde gemacht wurden, hat das Team doch neue Erkenntnisse vom Leben der Vorzeit gewonnen.
Anstoß für die Ausgrabung gibt die neue Gasleitung, die aus Tondern zum angestrebten Biogaswerk in Sollwig (Solvig) führen soll. Direkt neben der sieben Meter breiten Ausgrabungs-Trasse liegt im Erdboden eine Gasleitung aus dem Jahr 1981.
Nicht die erste Spurensuche
Schon vor 39 Jahren waren die Archäologen dort auf Spurensuche gegangen.
„Wir wussten von der damaligen Ausgrabung, dass wir wieder fündig werden würden. Damals gab es Funde aus der Wikingerzeit und dem älteren Mittelalter“, berichtet Archäologe Anders Hartvig.
Er zeigt vom flachen Acker auf das leicht steigende Terrain, wo sich das Dorfleben abgespielt hat.
Unweit davon gibt es ein kleines Feuchtgebiet. Das Grabungsteam um Hartvig ist froh, dass es am Rande dieses Feuchtgebiets auf Überreste von Holzbrunnen gestoßen ist.
Wir haben noch keine Datierung. Das Holz stammt wahrscheinlich aus der Wikingerzeit. Das ist vielleicht der Taufschein für das hiesige Leben gewesen, während der Totenschein im Mittelalter ausgestellt worden scheint.
Anders Hartvig, Archäologe
„Wir haben noch keine Datierung. Das Holz stammt wahrscheinlich aus der Wikingerzeit. Das ist vielleicht der Taufschein für das hiesige Leben gewesen, während der Totenschein im Mittelalter ausgestellt worden scheint“, so Hartvig.
„Vom 4. bis ins 15. Jahrhundert hat sich hier ein blühendes Leben entfaltet. Im 14. Jahrhundert kam die Pest. Es folgte die Krise in der Landwirtschaft, und die Dörfer sind allmählich ausgestorben. Es gab hier ein sehr, sehr großes Dorf, das noch bis ins 14. und 15. Jahrhundert existiert hat“, sagt der Archäologe.
Ein großes Dorf
„Ich denke, hier haben im Mittelalter einige Hundert Menschen gelebt", so Hartvig. Er schätzt, dass es 600 Meter von der Wiedau entfernt etwa zehn Höfe gegeben hat, auf denen jeweils 12 bis 14 Menschen gelebt haben.
„Diese Kulturschicht ist eine Müllschicht. In früheren Jahren hat man Torf gegraben und dann die Häuser darauf gebaut. Das kam schon mal vor, wenn man in einem Gebiet kein Holz mehr hatte“, erläutert Hartvig, während Grabungsassistent Leif Christensen, der sich selber als Schaufel-Knecht bezeichnet, vorsichtig mit der Kelle schabt.
Das Grabungsteam hat vor allem Keramikscherben gefunden.
„Im ländlichen Bereich sind sie typisch etwas langweiliger, was das Erscheinungsbild angeht, als in den Städten, wo mehr Glitzer angesagt war“, erläutert der Archäologe. Gussabfall von Bronze sei ein Indiz dafür, dass vor Ort auch geschmiedet worden ist.
In den vergangenen Monaten sind auf dem Feld auch ehrenamtliche „Spürhunde“ mit Detektoren fündig geworden.
Silbermünze made in Schottland
Neben Schmuckstücken wurde eine Silbermünze aufgespürt, die 1270 in Schottland „geschlagen“ wurde.
„Damals war es um die dänischen Finanzen ganz schlecht bestellt. Besser sah es in Frankreich, Deutschland und England aus. Die dänischen Münzen waren im Mittelalter aus Kupfer, da der König das Silber schon eingezogen hatte. Es zeigt, dass es damals auch Valuta in den Dörfern gab. Die Bewohner hat es sicher nach Tondern gezogen, um Textilien zu erwerben“, so Hartvig.
Er kommt zu der Schlussfolgerung, dass die damaligen Dorfbewohner bereit für die Umstellung gewesen sind.
Auf Holz folgte Torf
Durch dunkle Umrisse sind die einstigen Löcher für Holzpfähle im Sand sichtbar. Die Pfähle seien nach 20 bis 30 Jahren verrottet. Anstelle von Holz sei gestapelter Torf als Fundament genutzt worden.
„Das hat sicher etwas mit der Holzknappheit zu tun, wie es auch aus Thy her bekannt ist, wo es keine Wälder mehr gab“, sagt der Archäologe, während Grabungsassistent Kenny Stub eine große Portion Sand durch das große Sieb rieseln lässt.
Ein Relikt der Feuerstelle
In der Nähe liegen einige Steine. „Die müssen hierhin transportiert worden sein, da es keine natürlichen Vorkommen gibt. Es könnte darauf hindeuten, dass sie für eine Feuerstelle oder als Boden in einem Ofen genutzt worden sind", erläutert Anders Hartvig.
Der Archäologe und seine Assistenten haben inzwischen das Feld den neuzeitigen Maschinen überlassen, die für die Gasleitung um einiges tiefer in den Untergrund dringen und die Vergangenheit hinter sich lassen werden.