Jes-Schmidt-Preis 2020

„Es ist gelungen, Tradition und Schützensport zu vereinen“

„Es ist gelungen, Tradition und Schützensport zu vereinen“

„Es ist gelungen, Tradition und Schützensport zu vereinen“

Tondern/Tønder
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Jung und Alt sind heute im Schützenkorps Tondern von 1693 vertreten, das die Errichtung neuer Schießsporttechnik vorbereitet. Foto: Schützenkorps Tondern

Der Ältermann des Tonderner Schützenkorps von 1693, Peter Knudsen, freut sich über den Jes-Schmidt-Preis als Anerkennung für die gelungene Modernisierung eines der landesweit ältesten Vereine: „Tradition ist gut, aber sie darf den Verein nicht bestimmen.“

In diesem Jahr sind der Ältermann des Tonderner Schützenskorps von 1693, Peter Knudsen, und das Team der Jugendabteilung eines der landesweit ältesten Vereine mit dem Jes-Schmidt-Preis ausgezeichnet worden. Wie berichtet, hat Siegfried Matlok als Vorsitzender der nach dem früheren Chefredakteur des „Nordschleswigers“ benannten Jes-Schmidt-Stiftung die Auszeichnung für ehrenamtlichen Einsatz im Kreis der deutschen Nordschleswiger aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen nur in einem kleinen Rahmen im Haus der Medien in Apenrade überreichen können.

Die Preisübergabe während der Festveranstaltung zum Deutschen Tag fiel wie so viele weitere Termine aus. Bei einem Besuch im Schützenhaus des Traditionsvereins am Ribe Landevej in Tondern, wo die Anti-Corona-Maßnahmen in diesem Jahr auch viele Aktivitäten ausgebremst haben, berichtet Peter Knudsen über die Pläne des Schützenkorps, die Jugendarbeit durch einen Anbau für einen Luftgewehr-Schießstand zu stärken. „Dann können die Kinder und Jugendlichen ganzjährig ihrem Sport nachgehen“, so Knudsen, der seit 2016 als Ältermann an der Spitze des Schützenkorps steht, das erst nach der Jahrtausendwende eine Modernisierung durchlebt hat. „Das war ein langer Weg“, so der Vereinsvorsitzende, und er berichtet über die Zeit, als es parallel in Tondern einen 1976 gegründeten Damen-Schützenbund gab, mit dem sich die Herren des Vereins von 1693 aber lange Zeit nur einmal im Jahr zu einem gemeinsamen Schießabend „herabließen“. „1982 ist der Verein der Jungschützen gegründet worden“, so Peter Knudsen, der diesem gleich beigetreten war – und im selben Jahr der erste Jungschützenkönig wurde. „Von Anfang an waren dort auch Mädchen dabei“, berichtet er.

 

Peter Knudsen ist sehr an der langen Geschichte des Schützenkorps interessiert. So werden als Schatz auch die Vereinsfahne aus dem 19. Jahrhundert und der Ältermannstab von 1779 gehütet. Foto: Schützenkorps Tondern

„Es ist gelungen, Tradition und Schützensport zu vereinen, unter einen Hut zu kriegen“, fasst er die Entwicklung zusammen. Seit 2007 ist der Verein für den Nachwuchs und die Frauen offen. Und der Ältermann weist auch darauf hin, dass der traditionell mit dem auch lange nach 1920 mehrheitlich deutschen Bevölkerungsteil in der Wiedaustadt verbundene Verein heute für alle Einwohner offen ist.

Königliches Erinnerungsstück

„Tradition ist gut, aber sie darf den Verein nicht bestimmen“, betont Peter Knudsen, der im Schützenhaus gerne Erinnerungsstücke wie den Ältermannnstab präsentiert, den König Christian VII. 1779 gestiftet hat. Das wertvolle Stück ist mit dem königlichen Wappen verziert. Peter Knudsen, der mit seiner Partnerin Brigitta Lassen in Mögeltondern wohnt, Sohn Andreas durchläuft eine Ausbildung in Fredericia, unterstreicht, dass nur neue Formen des Vereinslebens die Zukunft des Schützenkorps sichern können: „Wir geben kleineren Vereinen, Firmenteams oder auch Gruppen aus der Nachbarschaft Gelegenheit, bei uns Schießevents zu veranstalten. So kommen mitunter neue Mitglieder in den Verein.“

Jugendarbeit im Team

Voriges Jahr gab es erstmals einen Tondern-Biathlon. Zusammen mit dem Kegelklub „Leg an“ wurde ein Wettbewerb mit Schießen und Kegeln organisiert.  Ein besonderes Anliegen ist ihm die Jugendarbeit. „Die Konkurrenz durch andere Freizeit- und Sportangebote ist sehr groß“, weiß er zu berichten. Deshalb sei er froh, dass er die wöchentlichen Jungschützenabende zusammen mit Freddy Hansen und weiteren Ehrenamtlichen im Team durchführen kann. „Für die heutigen Jungschützen ist das Sportliche das Wichtigste. Wir plagen die Jugendlichen nicht mit den Vereinstraditionen“, berichtet er. „Kinder und Jugendliche lernen, sich beim Zielen zu konzentrieren, was vielen guttut“, so Peter Knudsen, der sich darüber freut, dass Kinder sowohl aus der deutschen Ludwig-Andresen-Schule als auch aus dänischen Schulen in Tondern Interesse am Schießsport finden.

Moderne Technik

Moderner Schießsport sei teilweise mit E-Sportwettbewerben zu vergleichen. Lasertechnik und Computer werden in der neuen Luftgewehranlage Einzug halten. Im Mittelpunkt stehe der Spaß an und die Freude bei der Ausübung einer geselligen Sportart. Dass es gelingt, aus dem eigenen Nachwuchs Mitglieder für die Erwachsenensparte zu werben, zeige die diesjährige Schützenkönigin Emma Schmidt, die mit 18 Jahren als die jüngste Majestät in die lange Geschichte des Schützenkorps eingegangen ist.

Kooperation mit dem Jugendverband

Bei der Jugendarbeit wird das Schützenkorps vom Deutschen Jugendverband für Nordschleswig unterstützt. Große Hoffnungen setze man auf den neuen Schießstand. Wichtig ist im Schützenkorps auch, dass den jungen Mitgliedern Respekt beim Umgang mit Waffen vermittelt werde. Die Sicherheitsauflagen in diesem Bereich sind immer strenger geworden. Peter Knudsen berichtet, dass auch beim Kleinkaliberschießen Umweltschutz auf der Tagesordnung stehe. „Früher wurden die Patronen noch eigenhändig mit Schießpulver gefüllt“, so Peter Knudsen, der durch Vater und Großvater Verbindung zum Schützenkorps gefunden hat.

„Ich wäre beinahe auch bei den Ringreitern gelandet, denn der Vater meiner Mutter war passionierter Ringreiter. Aber seitdem ich miterlebte, wie der Opa abgeworfen wurde, halte ich mich nicht mehr in der Nähe von eines Gauls auf“, verrät er schmunzelnd. „Ich war als Kind als Kronknabe für das Schützenkorps im Einsatz“, berichtet er. „Wir trugen Silberbestecke, die Prämien beim Königsschießen waren, aufgehängt in einem Kranz. Wir gingen vor dem einstigen Schützenkorpsorchester, hinter dem die Schützen marschierten, mit im Umzug durch die Stadt“, so Peter Knudsen, der gerne aus der Geschichte des Schützenkorps berichtet, dessen Gründung in die letzten Jahrzehnte der Zugehörigkeit des Amtes und der Stadt Tondern zum Herzogtum Schleswig-Gottorf während der Regierungszeit Herzog Christian Albrechts fiel, als der dänische König Christian V. der ebenfalls Herzog von Schleswig war, versuchte, die Gottorfer zu vetreiben, die sich mit dem schwedischen Erbfeind verbündet hatten.

Landesgeschichte im Verein

Stolz präsentiert der Ältermann historische Stücke aus der Geschichte des Schützenkorps, das vermutlich aus einem noch älteren Zusammenschluss, dem Tondernschen Fastnachtgelage, hervorgegangen ist. Auch als soziale Einrichtung wirkte das Schützenkorps, so wurden im Ersten Weltkrieg 3.200 Pakete an Mitglieder und Angehörige verschickt, die 1914 bis 1918 Kriegsdienst leisten mussten. Lange Zeit war das Schützenfest in Tondern ein Volksfest mit Karussells und Kinderunterhaltung vom Fischstechen bis zum Dosenwerfen. Nachdem Tondern 1920 dänisch geworden war, traten die Mitglieder des Schützenkorps selbstverständlich auch vor dem neuen königlichen Staatsoberhaupt an. Vor den Königen Christian X. und Frederik IX. ebenso wie vor Königin Margrethe.

Als Kind war Peter Knudsen für das Schützenkorps mit dem Kronenkranz im Einsatz, in dem die Siegprämien aufgehängt zu bewundern waren. Die Blasinstrumente erinnern an das einstige Schützenorchester, das die Umzüge durch die Stadt begleitete. Foto: Volker Heesch

 

Etwas ist noch aus der gemeinsamen Zeit im Kreis Tondern vor der neuen Grenzziehung geblieben. Zusammen mit den Schützenvereinen in Wyk auf Föhr und Niebüll bilden das Tonderner Schützenkorps und die Schützenvereine in Hoyer (Højer) und Tingleff (Tinglev) weiter den Kreisschützenverband Tondern, in dem grenzüberschreitende Veranstaltungen stattfinden. Mitglieder in Tondern waren und sind auch alle SP-Stadtratsmitglieder, bei den SP-Vertreterinnen auf jeden Fall deren Kinder. In dem nach einem Schwelbrand 2016 glücklicherweise renovierten Schützenhaus, das Eigentum des Vereins Deutsches Haus ist, treffen sich verschiedene Vereine der deutschen Minderheit. „Besonders gefreut hat uns, dass im Frühjahr im Rahmen der Corona-Abwehrmaßnahmen eine Kindergartengruppe das Schützenhaus nutzen konnte“, so Peter Knudsen, der sich im Namen des gesamten Vereins über die Auszeichnung durch die Jes-Schmidt-Stiftung freut. 

 

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