Kommentar

„,Hafenversenkung’ im Stadtrat: Was war denn das?“

„Hafenversenkung“ im Stadtrat: Was war denn das?

„Hafenversenkung“ im Stadtrat: Was war denn das?

Tondern/Tønder
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Eineinhalb Jahre wird an den Plänen gearbeitet, auf der Tonderner Schiffbrücke ein kleines, unterirdisches Hafenmuseum zu bauen. Diese Pläne wurden überraschend bei der jüngsten Stadtratssitzung durchkreuzt. Die politischen Vorgänge hält „Nordschleswiger“-Journalistin Brigitta Lassen nicht für rühmenswert.

Wer bei der jüngsten Stadtratssitzung in Tondern dabei war, glaubte, dass der Punkt 10 den Abgeordneten nur zum Abnicken vorgelegt wurde. Denn bislang hatten sich alle Parteien für dieses Projekt ausgesprochen.

Doch es kam ganz anders für die meisten, aber nicht für die Eingeweihten, dass 15 Mitglieder der Tønder Listen, der Borgerlisten und der Sozialdemokratie nicht die 4,1 Millionen Kronen als Restfinanzierung des unterirdischen Hafenmuseums bewilligen wollten. Damit kann das Aus für das Museum gefallen sein, für das schon 9 Millionen Kronen im kommunalen Haushalt für dieses Jahr standen.

Wenn dieses Geld jetzt für andere Sachen „verpulvert“ wird, sieht es schlecht aus für das Hafenmuseum.

Und mit den fehlenden 4,1 Millionen Kronen lassen sich auch keine großen Sprünge machen.

Die gegnerische Seite begründete ihre Haltung mit schon saftigen Kommentaren, während sich die befürwortende Gruppe über den Sinneswandel der politischen Widersacherinnen und Widersacher wunderte. Sie wurde quasi von einem Blitzschlag aus heiterem Himmel getroffen.

„Ich möchte nicht entscheiden, ob die gewählte Museumslösung, wo die Gäste durch einen Tunnel zu Teilen des einstigen Tonderner Hafens schreiten, die richtige Wahl war. Wird das Museum ein düsteres Loch werden? (Zitat Anita Uggerholt Eriksen von der Tønder Listen. Sie hatte bislang die Museumslösung befürwortet). Oder gar ein nächtliches Pissoir? (Zitat Thomas Ørting Jørgensen von der Borgerlisten).

Bürgermeister Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei) nannte das Abstimmungsverhalten peinlich, da der Kommune im Rahmen der Tonderner-Marsch-Initiative dreistellige Millionen-Zuschüsse zur Verschönerung und Klimasicherung in Tondern und Hoyer (Højer) zur Verfügung gestellt worden waren.

4,1 Millionen Kronen sind „Peanuts“ im Haushalt der Kommune, der im kommenden Jahr erstmals die 3-Milliarden-Kronen-Grenze übertrifft. Tondern war zudem im Gegensatz zu anderen Kommunen nicht gezwungen, große Kürzungen im Haushalt vorzunehmen.

Wie kam diese Entscheidung dann zustande? Im Voraus im stillen Kämmerlein, ohne den anderen etwas zu verraten? Gelinde gesagt: Es war peinlich und entsprach so gar nicht der guten Zusammenarbeit, die einige Wochen zuvor bei den Haushaltsgesprächen an den Tag gelegt wurde.

Popp Petersen schien aus allen Wolken zu fallen, was er auch tags darauf bestätigte, während Anita Uggerholt Eriksen, die als Fraktionssprecherin immerhin acht Mandate hinter sich hat, gegenüber „JydskeVestkysten“ erklärte, dass dieses Vorgehen kein Überraschungsangriff gewesen sei. Uggerholt Eriksen sitzt wie Popp Petersen als Vorsitzender im Ad-hoc-Ausschuss für die Neugestaltung der Tonderner Innenstadt.

Gleiches tut der Sozialdemokrat Harald Christensen. Er reagierte ähnlich düpiert auf das Abstimmungsverhalten seiner Fraktion. Er sei im Vorfeld zwar vom Meinungswechsel seiner Kollegen informiert worden. Gewusst habe er aber nicht, dass sich seine Parteigenossin Barbara Krarup Hansen der Stimme enthalten würde. Hätte die 2. Vizebürgermeisterin mit Ja gestimmt, wäre ein 16:15-Ergebnis entstanden. Die 4,1 Millionen Kronen wären aus der Kasse gezogen worden.

Dass fast die gleiche Summe (4,2 Millionen Kronen) für eine zwischenzeitliche Behelfsquerung gespart wird, die während der Renovierung der beiden alten Wiedau-Brücken auf dem Weg nach Aventoft nun doch nicht kommen wird, ist im Vergleich zumindest fair. Der Umweg über Ruttebüll (Rudbøl) oder Seth (Sæd) ist zu verkraften.

Peinlich ist, dass das Museum vorher von allen angepriesen wurde. Sogar vor Königin Margrethe, als sie im August 2022 die Stadt besuchte. Wenn man die Kommentare auf Facebook liest, bedauerte nicht ganz Tondern das vorläufige Aus des Hafenmuseums.

Vorläufig, weil es noch eine Hintertür gibt, falls Schenkungen von zweiter Hand oder private Spenden zusammenkommen, sodass die 4,1 Millionen Kronen sogar überschritten werden. Dann könnte das zuletzt zurechtgestutzte Museumsbudget vielleicht wieder ein wenig aufgestockt werden. Das wäre das Traumszenario.

In diesem Fall würde das Museum nicht das Loch oder das nächtliche Pissoir werden, wie von einigen befürchtet. Und klaustrophobische Zustände würde wohl auch niemand bekommen.

 

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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