Kultur

Spitzen-Expertin: „Zum Klöppeln fehlt mir die Geduld“

Spitzen-Expertin: „Zum Klöppeln fehlt mir die Geduld“

Spitzen-Expertin: „Zum Klöppeln fehlt mir die Geduld“

Tondern/Tønder
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Am 28. Februar hat Elsemarie Dam-Jensen ihren letzten Arbeitstag im Museum. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

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Nach 26 Jahren scheidet Elsemarie Dam-Jensen auf eigenen Wunsch als Mitarbeiterin des nordschleswigschen Museumswesens aus. Im Museum wird die 69-Jährige dennoch einige Zeit trotz Ruhestandes verbringen.

Nicht jeden Morgen zu einer bestimmten Uhrzeit aufstehen, nicht mehr auch abends viel unterwegs sein, nicht in ganz Dänemark Vorträge halten und vieles mehr. Dies gilt bald für Museumsinspektorin Elsemarie Dam-Jensen aus Lügumkloster (Løgumkloster). Nach 26 Jahren – darunter auch viele Jahre Chefin des Tonderner kulturhistorischen Museums – beginnt für sie auf eigenen Wunsch der Ruhestand am 1. März.

Stelle wird vorerst nicht neu besetzt

Sie geht, obwohl es ihr schwerfällt. Im Sommer 2022 teilte sie ihren Vorgesetzten mit, dass sie Ende Februar 2023 ausscheiden würde. Sie wollte fair sein, damit ausreichend Zeit blieb, die Nachfolge zu regeln. Aus den aktuellen Spargründen des Museumsverbands Museum Sønderjylland wird ihre Stelle in Tondern vorerst aber nicht neu besetzt.

Viele Menschen hätten sie gefragt, ob sie sich nicht auf den Ruhestand freue. „Doch, natürlich, aber es fühlt sich ziemlich merkwürdig an. Meine Gefühle sagen Ja und Nein. Mir ist freundlicherweise erlaubt worden, sogenannte unbezahlte Stunden im eigenen Interesse im Museum zu verbringen“, erzählt die 69-Jährige.

Nach 26 Jahren ist bald Schluss. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

„Ich werde mehr Zeit für meine beiden Enkel haben, die in der Nähe vom Ringkøbing Fjord leben. Und dann mein Garten. Nicht mit Blumen und Büschen, sondern eher Gemüseanbau, mehr Hochbeete anlegen und interessante Obstbäume pflanzen. Ich werde mir vermutlich einen Apfelbaum von der Sorte Ananas Renette kaufen. Ein solcher Baum steht bei der Heimvolkshochschule. Die Äpfel sind erst im Winter reif. Ich möchte weitestgehend selbstversorgend werden“, erzählt die dreifache Mutter, die auch viel Marmelade aus selbst gepflückten Beeren kocht.

Und einen Blauglockenbaum, der eigentlich aus China kommt, möchte sie pflanzen. In seinen Samenkapseln wurde früher Porzellan für den Export eingepackt. Auf diese Weise gelangte der Baum aus der Gattung der Paulownia nach Europa. Der kulturhistorische Hintergrund ist für die künftige Rentnerin genauso wichtig wie die Frucht.

Ich werde kein Problem haben, mein künftiges Leben zu gestalten.

Elsemarie Dam-Jensen

 

Sie wolle auch wieder mehr stricken, aber nicht das Klöppeln erlernen, obwohl sie durch die Jahre zur Spitzen- und Silberspezialistin des Museums wurde. „Für das Klöppeln habe ich keine Geduld. Die zählt nicht unbedingt zu meinen Kompetenzen“, lacht sie. Und lesen möchte sie mehr, unter anderem Bücher von Søren Kierkegaard. „Ich hatte zum Lesen nicht viel Zeit gehabt. Ich werde kein Problem haben, mein künftiges Leben zu gestalten.“

Elsemarie Dam-Jensen mit der Strickausstellung (Archivfoto) Foto: Elise Rahbek Ohlsen

Elsemarie Dam-Jensen machte ihr Abitur in ihrer Heimatstadt Vejle, wusste aber nicht, wie ihre Zukunft aussehen sollte. „Ich entschied mich für einen Besuch an der Heimvolkshochschule in Lügumkloster. Ich jobbte später, unter anderem in einem Buchladen in Vejle, wo meine Eltern Kunden waren. Als ich dann in Aarhus studierte, bekam ich 30 Prozent Rabatt beim Kauf meiner Lehrbücher. Ich studierte Geschichte und Musikwissenschaften. Das Thema meiner Magisterarbeit waren nordschleswigsche Lieder. Mir dienten dazu 400 Tonbänder mit Liedern von Karl Clausen aus Apenrade“, erzählt Elsemarie Dam-Jensen, womit wieder ein Bezug zu Nordschleswig herstellte wurde.

Von Nordschleswigs Geschichte ergriffen

Sie wurde von der Geschichte des Landesteils ergriffen. Nicht der politische Teil, sondern eher die kulturhistorische Seite, erzählt sie. Ein wenig „vorbelastet“ war sie in Bezug auf Nordschleswig. Ihre Familie mütterlicherseits kommt aus dem Landesteil. Dass sie 1983 mit ihrem Mann Hans Christian Hein, der damals noch das Musikkonservatorium in Aarhus besuchte, in Lügumkloster landete, war ein Zufall.

Nach Studienabschluss war sie sich ganz sicher in Bezug auf ihre berufliche Zukunft. An einem Gymnasium wollte sie nicht unterrichten. „Ich wollte Lehrerin an einer Heimvolkshochschule werden und bekam dann tatsächlich eine Arbeit in Lügumkloster.“

Zeit für etwas Neues

1997 folgte der Wechsel nach Tondern als stellvertretende Leiterin des kulturhistorischen Museums. Es war Zeit, etwas Neues zu probieren.

Mit ihrer Chefin Inger Lauridsen bildete sie ein gutes und energisches Team, bis sie 2017 entschieden, Job und Lohn zu tauschen. Auch diesen Rollentausch bekamen die zwei Frauen problemlos hin.

Am Freitag wird ein Empfang für Elsemarie Dam-Jenen im Museum gegeben. Hinter ihr der Fischschrank gebaut und geschnitzt von Hans J. Wegner Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Kein Zweifel lässt sie daran, dass sie und ihr Mann, der noch einige Jahre als Organist und Lehrer an der Kirchenmusikschule weiterarbeiten wird, in Lügumkloster bleiben. „Ein Umzug kommt gar nicht infrage. Das würde uns gar nicht einfallen. Ich liebe diese Gegend und ihre Natur. Deswegen haben wir auch ein Sommerhaus auf Röm und nicht wie meine Eltern am Vejle Fjord. Ich habe auch noch mein Amt als Kirchengemeinderatsvorsitzende in Lügumkloster zu bestreiten. Da steht besonders das bevorstehende 850-jährige Bestehen der Stadt in diesem Jahr im Mittelpunkt. Diese Arbeit nimmt sehr viel Zeit in Anspruch“, erläutert Elsemarie Dam-Jensen. Zudem ist ihr Mann Rektor der Kirchenmusikschule in der Klosterstadt und will noch einige Jahre weiterarbeiten.

Schwer, Nein zu sagen

Sie würde auch gerne in einem Leseclub mitmachen, wo auch diskutiert und philosophiert wird. Es müsse in der schnelllebigen Zeit Raum für gedankliche Reflexionen geben. Vieles drohe, oberflächlich und damit auch töricht zu werden. „Ich habe arbeitsbedingt auch sehr viel zu tun gehabt und die Zeit raste mir davon. Das war mein eigener Fehler, denn ich tue mich schwer daran, Nein zu sagen“.

An ihrem Job hat sie besonders das Weitervermitteln ihres Wissens gemocht. „Wenn eine 7. Klasse mit mehr oder weniger gar keiner Lust ins Museum kam, galt es darum, mein Wissen so erzählen, dass ich die Jugendlichen zumindest ein wenig begeistern konnte. Ich habe sehr gern mit Kindern gearbeitet.“

Eine ihrer ersten Aufgaben: Im Museumskeller waren Kinder zu Weihnachten in einen altmodischen Kaufmannsladen eingeladen (Archivfoto). Foto: Elise Rahbek Ohlsen

So zum Beispiel, als das Museum im Keller von Dröhses Haus, das dem Museumsverband angeschlossen ist, Kinder über Weihnachten und Traditionen einlud.

Zuckerwürfel in Apfelsine

„Der Keller war vollkommen dunkel, nur der Schein einer einzelnen Kerze brachte etwas Licht. Die Kinder saßen auf Strohballen. Sie fürchteten sich ein wenig. Ich erzählte vom Elternhaus meines Vaters, der mit neun Geschwistern auf einer winzigen Häuslerstelle aufwuchs. Damals gab es kein Geld für Weihnachtsgeschenke. Auf dem Herd standen aber für alle von der Mutter gefertigte Hausschuhe und eine Apfelsine. Die bekamen sie sonst nie. Mit einem Zuckerwürfel hielten sie beim Lutschen besonders lange. Die Kinder machten große Augen“, beschreibt sie die Reaktion ihrer jungen Zuhörerinnen und Zuhörer.

Auch die von ihr eingeführten Strickcafés zählten zu ihren geliebten Aufgaben, denn auch die Wissensvermittlung an Erwachsene habe ihr große Freude bereitet.

Neue Museumsstruktur

Aufgrund der 2017 beschlossenen Strukturänderungen innerhalb des Museumsverbands habe sie in den vergangenen Jahren nicht viel Zeit für neue Ausstellungen im Stadtmuseum gehabt, obwohl sie mit der Organisation auch nicht mehr für Personalfragen und ähnliches zuständig war. Ihr Chef sei heute Carsten Porskrog Rasmussen, Museumschef vom Sonderburger Schloss. Er ist zuständig für die kulturhistorischen Museen in Nordschleswig.

Die menschliche Vielfalt der Kommune

Gerne denke sie an mehrere Sonderausstellungen zurück. Etwa die über die kulturelle Vielfalt der Kommune Tondern, in der Menschen aus 50 verschiedenen Nationen leben, die sie auch persönlich traf. Oder die Musikausstellung vom Mittelalter bis zum Tønder Festival. „Der damalige Festivalchef Carsten Panduro meinte, die Ausstellung müsste ein fester Bestandteil des Museums werden“, freut sich langjährige Museumsmitarbeiterin über die Anerkennung.

Elsemarie Dam-Jensen Foto: Jane Rahbek Ohlsen

 

In ihrem Büro hängt unter anderem ein von ihrem Vater gemaltes Gemälde seines Elternhofes und ein in Metall geschlagenes Zitat des Dichters Frank Jæger „Glem ikke at forny jeres undren“. Auch das gehörte ihrem Vater. Der Spruch trifft auch auf die Tochter zu.

 

Arbeit im Fassadenausschuss

Von ihrem Vater habe sie vermutlich das kulturhistorische Interesse für Häuser und für das gute Handwerk geerbt, ist sie sich sicher. Mit Argusaugen habe sie als Mitglied des kommunalen Fassadenausschusses unkorrekt vorgenommene, baulichen Änderungen betrachtet. (Der Ausschuss steht den Politikerinnen und Politikern in beratender Funktion zur Seite, Anm. d. Redaktion).

Diesen Sitz müsse sie nach ihrem Ausscheiden aufgeben, während sie ihre anderen zusätzlichen Aufgaben weiter bestreiten wolle. Etwa die kulturhistorischen Wanderungen auf Feldwegen oder das Schreiben von historischen Artikeln für „Sønderjysk Månedsskrift“.

 

Hier gibt es noch einiges zu tun. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Nein zu einer weiteren bevorstehenden Aufgabe kann sie auch nicht sagen. Am 28. Februar ist ihr letzter Arbeitstag. „Bis zu diesem Tag schaffe ich es nicht“, lacht sie und schämt sich schon fast für die Unordnung inmitten ihrer Papiere, Dokumente, Aktenordner in ihrem klitzekleinen, Büro. Da gibt es also noch etwas für sie zu tun.

 

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