Traditionsveranstaltung

Vera Warncke - ein Urgestein des Klostermarkts plaudert aus dem Nähkästchen

Vera Warncke - ein Urgestein des Klostermarkts plaudert aus dem Nähkästchen

Urgestein des Klostermarkts plaudert aus dem Nähkästchen

Lügumkloster/Løgumkloster
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Vera Warncke steckt auch anno 2023 voll in den Vorbereitungen für den Klostermarkt. Foto: Monika Thomsen

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Seit sechs Jahrzehnten spielt sie bei der Ausrichtung des Marktes eine entscheidende Rolle. Die Marktsekretärin gibt Einblick in ihre Erlebnisse im Wandel der Zeit. Dabei klammert sie kuriose Episoden nicht aus.

Eng mit der Geschichte des Klostermarktes verwurzelt ist Vera Warncke aus Lügumkloster. Die Vorsitzenden kamen und gingen, Vera aber blieb.

Als Mädchen für alles laufen bei der langjährigen Marktsekretärin noch viele Fäden zusammen.

„Nee, für mich fühlt es sich gewiss nicht an, als ob es 60 Jahre her ist. Es ist aber halt so. Am 1. Juli 1963 fing ich als großes Schulmädchen mit 15 Jahren meine Lehre im Bürgermeisterbüro der Kommune Lügumkloster an“, erzählt die 75-jährige Vera Warncke.

Das Bürgermeisterbüro war in einem Gebäudeteil des Altenheimes angesiedelt.

Eine junge Geldeintreiberin

Von Robert Nørby, der Büroassistent war, sei ihr mitgeteilt worden, dass sie beim Klostermarkt das Geld von den Gauklern und Krämern für die Marktstände einkassieren sollte.

Somit habe sie sich am Dienstagvormittag gemeinsam mit Nørby und Axel Hinrichsen, Leiter des Altenheims, auf den Weg gemacht. Für die Verteilung der Marktstände sei der Polizist Jørgensen verantwortlich gewesen.

Klostermarkt-Stimmung aus längst verflossenen Zeiten Foto: Lokalhistorisk Arkiv Løgumkloster

Ein riesengroßes Erlebnis für die kleine Vera

Bereits als Kind sei ihr erlaubt worden, von Tohede aus nach Lügumkloster zum Markt zu radeln. „Damals fing der Markt am Sonntagnachmittag um 16 Uhr an“, so Vera, die ihren Rückblick schriftlich fixiert hat.

Sechs Jahrzehnte später beginnt der Trubel nach einem Frühstart am Donnerstagabend offiziell am Freitag und endet Sonntagabend.

„Als Kind war ein riesengroßes Erlebnis, die Luftschaukel, das Schaukelkarussell und die Autoscooter zu probieren. Zudem war es spannend, die Steilwandfahrer mit Franz Krüger zu sehen und nicht zuletzt Cirkus Olympia, wenn Alfred Rasmussen auf dem Podium die Artisten präsentierte. Ich verbrachte viel Zeit damit, mir die Artisten anzuschauen“, so Vera Warncke.

Feuerwerk aus der Ferne

Bei klarem Wetter und mit einer guten Portion Glück sei es am späten Dienstagabend möglich gewesen, das Feuerwerk von ihrem Zuhause aus zu sehen.

Es vor Ort erleben zu dürfen, sei wegen des späten Zeitpunktes um 22 Uhr ganz ausgeschlossen gewesen.

Dichtes Gedränge in den Straßen Foto: Tonhalle

Ehrenamtlicher Einsatz

Der Klostermarkt, der bis in die Zeit der Mönche zurückreicht, war viele Jahre eine kommunale Angelegenheit.

Im Kielwasser der 2007 eingeführten Kommunalreform ist der Verein „Kloster Mærken“  seit 2010 für die Ausrichtung zuständig. Seither engagiert sich Vera ehrenamtlich im Vorstand. Vorher nahm sie die Aufgabe als kommunale Angestellte wahr.

Ein dichtes Gedränge

In den 1970er-Jahren zum Beispiel seien alle Straßen voll mit Krämern gewesen. Auch die Wahrsagerin Corintha und das Jesuszelt mussten Platz finden.

„Man kam kaum durch die Volksmenge durch. Wenn wir sonntagabends auf die Schlosswiese zum Feuerwerk sollten, hatte ich das Gefühl, dass so viele Leute in der Stadt waren, dass die Luft aus einem herausgedrückt wurde, bevor wir zur Schlosswiese gelangten“, so Vera Warncke.

Solange das Feuerwerk in der Ortsmitte stattgefunden habe, standen die Leute dicht wie Sardinen in der Büchse um den Marktplatz herum, um es zu bestaunen. „Damals dachte man nicht an die Brandgefahr und nahm es in Kauf, dass man Glut auf die Kleidung bekam“, erinnert sich Vera.

Vor 23 Jahren gingen die Menschen sonnabends auf der Schlosswiese dicht an dicht (Archivfoto). Foto: Elise Rahbek

Montagabend im Hotel Stadt Hamburg

„Der Montagabend war für uns Bewohner der Klosterstadt ein besonderes Ereignis. Im Hotel Stadt Hamburg gab es einen großen Ball, wo nahezu ausschließlich wir Einheimischen feierten.“

Das sei in der Zeit gewesen, als der Dienstag noch Markttag war. Die Handwerker und Arbeitsleute machten es zur Tradition, ab Dienstagvormittag zum Markt zu gehen.

„Da keiner von ihnen am Abend vorher nüchtern gewesen war, konnten sie ja genauso gut weitermachen, wo sie aufgehört hatten. Ich habe zumindest meinen Mann Kalle, der als Zimmerer arbeitete, nicht vor spät in der Nacht oder besser gesagt am frühen Mittwochmorgen wiedergesehen. Da ging es wohl ziemlich lustig zu“, erinnert sich die siebenfache Mutter.

Eine temperamentvolle Zusammenarbeit

„1986 bekamen wir mit Niels Tästensen einen neuen Vorsitzenden, der bis 2007 im Amt war. Wir hatten richtig viele gute Jahre, in denen Hans Peter Hansen (HP), der alte Gerichtsvollzieher der Kommune Lügumkloster, den ganzen Ablauf des Marktes lenkte. HP hörte 1994 auf, und ich übernahm“, erinnert sich Vera.

„Nun mussten Niels und ich das Ganze zum Laufen bekommen. Das ging auch richtig fein. Manchmal wurden wir zwar sauer aufeinander und wurden laut, kurz danach waren wir aber wieder Freunde. Wir waren fast im Guten wie im Schlechten wie ein altes Ehepaar. Wenn der Markt vorbei war, wurden wir wieder geschieden und blickten mit Erwartung auf das nächste Jahr“, so Vera.

Eine Tradition, die es in sich hatte

Etwas vom Besten beim Klostermarkt der Vergangenheit sei der „Forpram“ gewesen. Mittwochabend hielt der Marktausschuss sein jährliches Treffen im Centralhotel mit den Zeltleuten, der Polizei, der Bereitschaft, der Feuerwehr und den kommunalen Straßenleuten.

Das Menü bestand immer aus Kliesche (Bakskuld), gepökelter Rinderbrust mit gestovtem Spitzkohl sowie abschließend einem Pharisäer mit Kaffee, Zucker, Rum und Schlagsahne.

„Das war die Grundlage für einen tollen Abend mit Gesang und Musik mit der Center Royal Band“, so Vera zu den feuchtfröhlichen Abenden.

Vor zehn Jahren berichtet Vera Warncke bei dem lustigen Stelldichein im Festzelt von ihren Erlebnissen (Archivfoto), Foto: Elise Rahbek

Im Kindersitz nach Hause

„Manchmal ging es schon ziemlich wild vor sich. Einmal hat Dres Roost mich auf dem Fahrrad nach Hause gefahren. Ich musste mich in einen Kindersitz reinklemmen. Dass es überhaupt machbar war“, denkt sie mit einem Lachen zurück.

„Einmal hatte ich von der Polizei einen kleinen Zettel erhalten, auf dem stand, dass ich ohne Fahrradleuchte die Kreuzung mit der Ampel passieren durfte. Das waren noch Zeiten. Wie es uns am Tag danach ging, das war eine ganz andere Sache.“

Als die Landstreicher noch anrückten

Auch Episoden vom Gauklergottesdienst sind ihr lebhaft in Erinnerung. „Es war voll von Menschen vor dem Altar. Und es kam schon vor, dass beim fahrenden Volk die Flaschen den Kirchboden entlang rollten. Bei diesen Gottesdiensten wurden auch Taufen und Hochzeiten gefeiert“, so Vera.

Eine Reihe von Jahren hindurch kehrten die Ritter der Landstraße etwa zehn Tage vor dem Klostermarkt in Lügumkloster ein. „Sie ließen sich in kleinen Zelten nieder, wo es Platz gab. In der Nähe der Kirche lagen sie in ihren Schlafsäcken, und viele hatten ihre Hunde mit.“

Zurück zur Gegenwart. „Zurzeit befasse ich mich rund um die Uhr mit dem Klostermarkt. Das ist in den letzten drei Wochen vorher immer so“, so Vera Warncke, die acht Enkelkinder und fünf Urenkelkinder hat.

Und wenn der Trubel am Donnerstagabend losgeht, steckt die 75-jährige Vera wieder mittendrin.

Veras Eckdaten der Marktgeschichte

• Januar 1973: Laut Stadtratsbeschluss wird ein Marktausschuss gegründet
• Erster Vorsitzender ist Ludolf Edvardsen
• Die Vergabe der Plätze an die verschiedenen Fahrgeschäfte regelt der Straßenvorsitzende Nis Thomsen
• Der Marktausschuss beschließt, dass es von Sonnabend bis Dienstag vier Markttage geben soll
• Da dem Markt 200 bis 300 Pferde zugeführt werden, wird der große Pferdemarkt vom Marktplatz auf die Schlosswiese verlegt
• Das Feuerwerk findet weiterhin im Ortskern statt
• 1974 entscheidet der Ausschuss, auch im Frühjahr, am vierten Sonnabend im April, einen großen Pferdemarkt abzuhalten
• Erst 1984 gesellen sich Krämer zum Frühjahrsmarkt dazu
• 1977 zieht das Feuerwerk auf die Schlosswiese um
• 1977 der Klostermarkt wird auf drei Tage – Sonnabend bis Montag – abgekürzt
• Seit 1989 findet Kloster Mærken offiziell am Freitag, Sonnabend und Sonntag statt
• 2010 wird die Konstellation mit dem kommunalen Marktausschuss eingemottet und der Verein „Kloster Mærken“ gegründet.

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