Die beiden Frauen haben dasselbe Hobby: Stricken. Doch bald werden sie eine zweite Sache gemeinsam haben, als Geschäftsfrau. Die 64-jährige Kirsten Andersen gibt ihr Wollgeschäft „Hobby og Strik“ in der Tonderner Fußgängerzone an die elf Jahre jüngere Helle Bonde-Petersen ab.

Noch führt Kirsten Andersen ihre Nachfolgerin im Laden ein, hinter dessen Tresen und umgeben von Tausenden von Garnknäulen sie 18 Jahre lang gestanden hat. Sie übernahm 2004 das Geschäft an der Westerstraße 45. Sechs Jahre später zog sie mit dem Laden ins Nachbarhaus Nummer 43 um, der jetzigen Adresse.  

Erst Lehrerin, dann Geschäftsfrau

Am 23. April ist dort Wachwechsel, aber ganz wird Kirsten Andersen nicht von der Bildfläche verschwinden. Sie hat zugesagt, einzuspringen und auch Urlaubsvertretung zu übernehmen. „Herrlich“, lacht Helle Bonde-Petersen, die nach 26 Jahren als Lehrerin den Beruf wechselt. Ihr sei schon klar, dass sie künftig auch sonnabends, manchmal auch sonntags und an Werktagen von morgens bis zum frühen Abend zumindest im Geschäft stehen muss.

Darüber hinaus wird sie einen Webshop einrichten, muss Buchhaltung machen, sich über die neuesten Handarbeitstrends informieren und mehr. „Daher ist es umso schöner, dass Kirsten helfen will“, lacht Helle Bonde-Petersen, die mit ihrem Mann auf dem Hof Store Tønde zwischen Jeising (Jejsing) und Stemmilt (Stemmild) lebt. Die zwei erwachsenen Söhne haben das Nest verlassen.

Während für die 53-Jährige die Wahl zur Geschäftsfrau ganz bewusst war, schlitterte Kirsten Andersen eher zufällig dort hinein.

Eigentlich wollte sie ihrer Vorgängerin nur als Aushilfskraft zur Hand gehen. Doch die Geschäftsfrau hatte anderes vor und wollte die Nachfolge in ihrem Laden sichern. Und so kam es.

„Ich konnte stricken und bin mit Stricknadeln in der Hand auf die Welt gekommen. Ich lernte die Handarbeit von meiner Mutter und strickte schon als junges Mädchen meine eigenen Modelle, wusste aber nichts über Geschäftsführung“, lacht Kirsten Andersen. „Ich hatte überhaupt keine Vorkenntnisse“, erzählt sie, die künftig nur noch für sich selbst und für die Familie stricken will. Ihren letzten Arbeitstag hat sie am 23. April.

Sie war vor ihrem Sprung in die Selbstständigkeit Qualitätstechnikerin bei Burmeister & Wain in Tondern, arbeitete in der TÜV-Halle am Nørremarksvej und war zuletzt im Büro des Schmiedebetriebs Rainer Larsen in Tondern beschäftigt.

Ihre Nachfolgerin hat das Sticken und Stricken von ihrer Oma gelernt. Sie sei hellauf begeistert vom Stricken. Man müsse es mögen, wenn man einen Wollladen übernimmt. „Ich bin froh, dass mein Mann meine Pläne unterstützt hat.“ Helle Bonde-Petersen möchte das Geschäft umbenennen. Künftig trägt es den Namen Yarn Every Wear.

Ihren Strickbeutel haben die beiden Frauen immer dabei, auch bei Veranstaltungen, bei denen man sich erlauben kann, die Handarbeit herauszunehmen.

Stricken auf dem Sofa und im Auto

„Wenn ich auf dem Sofa sitze, stricke ich immer. Dann ist es legal, dort zu sitzen. Auch wenn ich Beifahrerin in einem Auto bin, stricke ich. Alles andere wäre Zeitverschwendung“, lacht die künftige Frührentnerin Kirsten Andersen. Helle Bonde-Petersen, die gerade bei der Inventur ist, nickt eifrig. „Stricken ist ein Lebensstil“, und erneut sind sich die beiden Frauen einig.

Und bei der Premiere des ersten Strickfestivals in der Kommune Tondern vom 28. bis 30. Oktober wird das Paar vermutlich dabei sein. Entweder als Helferin oder Teilnehmerin oder beides.