Deutsche Minderheit

„Es muss noch viel getan werden, um präsenter zu sein!“

„Es muss noch viel getan werden, um präsenter zu sein!“

„Es muss noch viel getan werden, um präsenter zu sein!“

Rahel Stäcker
Rahel Stäcker
Nordschleswig
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An der digitalen Zusammenkunft nahmen sowohl Mitglieder der Minderheit selbst als auch Interessierte teil. Foto: Unsplash/Chris Montgomery

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Beim Online-Seminar des Minderheiten-Kompetenz-Netzwerkes Schleswig-Holstein/Süddänemark wurden Fragen, die die deutsche Minderheit betreffen, intensiv diskutiert.

„100 Jahre deutsche Minderheit“ – so lautete das Motto des Online-Seminars am Abend des 2. November, zu dem das Minderheiten-Kompetenz-Netzwerk Schleswig-Holstein/Süddänemark eingeladen hatte. Zu Gast waren Johannes Callsen, Minderheitenbeauftragter des Ministerpräsidenten, Thore Naujeck, Koordinator des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), und Katharina Kley, Vorsitzende der Jungen Spitzen. Sänger, Songwriter und Gitarrist Jesper Westergaard sorgte für die musikalische Untermalung am Anfang und am Ende des Seminars.

Es wurde sich angeregt unterhalten und trotz gelegentlicher Technik-Aussetzer ausgiebig diskutiert. Auch die Zuhörer und Zuhörerinnen wurden durch kleine Abstimmungen ins Geschehen eingebunden. So fragte Moderatorin Helen Christiansen, Koordinatorin des Minderheiten-Kompetenz-Netzwerkes, zu Beginn etwa, von welchem Ort aus teilgenommen wurde. Die meisten kamen aus Flensburg.

Auch wollte die Moderatorin in einer Abstimmung wissen, wie die Gäste denn mit der deutschen Minderheit in Berührung gekommen sind oder kommen. Beispielsweise über die Politik, die Kirche, Kunst, Kultur, den „Nordschleswiger“ als Online-Medium für die Minderheit, oder aber, weil sie selbst Teil der Minderheit sind.

Thore Naujeck: „Es muss noch viel getan werden, um als Minderheit präsenter zu sein in Dänemark“

In Nordschleswig ist die deutsche Minderheit aktiv und präsent, doch das sieht in entfernteren Gebieten ganz anders aus. Außerhalb Nordschleswigs gäbe es wenige, die wissen, dass es überhaupt eine deutsche Minderheit gibt, so Thore Naujeck. Und: „Es gibt noch viel, das getan werden muss, um als Minderheit präsenter zu sein in Dänemark.“

Der Austausch über die Grenze hinweg ist wichtig

Johannes Callsen, der zuständig ist für die Minderheiten im Grenzland und Schleswig-Holstein, betont die Wichtigkeit von Austausch und Kommunikation: „Es ist wichtig, dass wir als Schleswig-Holsteiner auch die deutsche Minderheit in Nordschleswig fördern und unterstützen. Wir stehen glücklicherweise in engem Kontakt mit den staatlichen Behörden in Kopenhagen und auch in Südjütland.“ Er sei außerdem dafür, dass europaweit Minderheitenbeauftragte etabliert werden – das Interesse dafür sei da, habe er festgestellt, nachdem er sich mit Politikern und Politikerinnen aus anderen Ländern ausgetauscht habe.

Die deutsche Minderheit und die allgemeine Bevölkerung muss zusammenstehen

Katharina Kley betont, dass die Jungen Spitzen nicht nur Politik für die Minderheit machen würden, auch wenn dort natürlich der Fokus läge. „Wir sind für ganz Nordschleswig da“, sagt sie. Sie scheue sich auch nicht, sich für problematische Themen einzusetzen, wie eine offene Grenze. Dies unterstreicht Thore Naujeck. Auf die Frage danach, wie die deutsche Minderheit bei der allgemeinen Bevölkerung ankommt, antwortet er: „Das sehen wir nach der Wahl. Wir möchten auch andere Zielgruppen ansprechen, nicht nur die Minderheit, und wir beschäftigen uns mit allen wichtigen Themen, nicht nur Minderheiten-Themen. Wir wollen kein Silodenken.“

Katharina Kley: „Wir als deutsche Minderheit sind ein Vorbild!“

Die Zusammenarbeit mit anderen Minderheiten in Europa funktioniere super, so Katharina Kley. Die Völkerverständigung über die Grenzen hinweg sei sehr wichtig. Und: „Wir als deutsche Minderheit sind ein Vorbild in Europa!“ Es sei nicht selbstverständlich, dass sich eine Minderheit so gut mit der Bevölkerung versteht, wie dies in Nordschleswig der Fall ist. Schnelle Rechte, eigene Bildungseinrichtungen und eigene Parteien – das haben längst nicht alle Minderheiten in anderen Ländern.

Es gibt auch negative Knackpunkte

Johannes Callsen bestätigt aber, dass nicht alles rosig sei. Die Sprachförderung etwa sei ein ständiges Thema, dabei seien Sprachkompetenzen immens wichtig. In Apenrade sähe noch alles gut aus, doch je mehr man sich der Nordsee nähert, desto schwieriger würde es werden. Deutlich wird das zum Beispiel an den Schülerzahlen der deutschen Schulen oder dem Vereinsleben.

Starke Auswirkungen durch die Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass besonders die Vereine stark an Mitgliedern einbüßen mussten. „25 Prozent haben wir verloren“, so Thore Naujeck. „Damit werden wir die nächsten Jahre zu kämpfen haben, doch es hat uns auch gezeigt, wie wir uns in Krisensituationen verhalten müssen.“ Die Pandemie habe außerdem verdeutlicht, wie arbeitskraftabhängig die Grenzregionen vom Ausland seien. „Wenn die Grenze eine Barriere ist, leiden wir darunter.“

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