Knivsbergfest

Das Knivsbergfest: Vom patriotischen Volks- zum Familienfest

Das Knivsbergfest: Vom patriotischen Volks- zum Familienfest

Vom patriotischen Volks- zum Familienfest

Knivsberg /Knivsbjerg  
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Ehemals eine Sportveranstaltung, wandelte sich das Knivsbergfest in den 90er Jahren zu einem Familienfest. Das Bild aus dem Jahr 1998 zeigt Handballer in Aktion. Foto: Archiv

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Im Archiv der Deutschen Zentralbücherei schlummern kurze Filme über das Knivsbergfest. Zusammen mit Fotos aus vergangenen Tagen zeigen die Filme im Rückblick, wie stark sich der Charakter der Veranstaltung gewandelt hat. Ein kurzer Gang durch die Zeit.

Es war der 15. Juli 1894 als die Menschen zum ersten Fest auf dem Knivsberg strömten – damals, so zeigt ein Blick ins Archiv, auf einen weitgehend kahlen Knivsberg, mit 97 Metern die höchste Erhebung im Landesteil. Und dieser war Teil des Deutschen Kaiserreichs. Die Knivsberggesellschaft, ein Jahr zuvor gegründet, hatte das patriotische Volksfest aus der Taufe gehoben.

Einen weiteren Eckpunkt in der frühen Geschichte des Festes stellt das Jahr 1901 dar, als der Bismarckturm auf dem Berg eingeweiht wurde. Ein Denkmal für den Mann, dem die Eroberung der Herzogtümer Schleswig und Holstein zugeschrieben wurde, eine mehrere Meter hohe Büste des Reichskanzlers demonstrierte Macht und Anspruch des Kaiserreiches.

Doch die Macht des Kaiserreichs währte nicht lang. Nach dem für Deutschland verlorenen Ersten Weltkrieg wurde Nordschleswig nach der Volksabstimmung 1920 dänisch. Noch ein Jahr zuvor sollen 10.000 Menschen zum Fest gekommen sein, die sich der deutschen Volksgruppe zugehörig fühlten. Die nationalen Gegensätze verstärkten sich nach der Grenzziehung, die nationalistischen Töne wurden trotz anfänglichen Widerstands der Knivsberggesellschaft lauter und lauter. Was folgte oder bereits Realität war, ist bekannt: Nationalsozialismus, deutscher Überfall auf Dänemark, der Zweite Weltkrieg.

Neustart nach 1945

Zwei Jahre nach dessen Ende, 1947, gab es für das Knivsbergfest einen Neustart – mit dem Willen der Verantwortlichen, diesem einen neuen Geist einzuhauchen, nämlich den der Verständigung. Dänemark erlaubte ein Sportfest. Doch bevor die Spiele beginnen konnten, mussten einige der Trümmer des gesprengten Bismarckturmes von den Spielfeldern geräumt werden.

Trümmer gab es auch 1949 noch genug. Ein kurzer Film in Schwarz-Weiß, in der Deutschen Zentralbücherei archiviert, berichtet vom Knivsbergtreffen am 26. Juni 1949. Die Kamera schwenkt auf die Reste des Bismarckturms, Büsche erobern die Steinwüste, hohes Gras umgibt die Trümmer. Jungen mit kurzen Haaren und Mädchen mit Zöpfen bauen Zelte auf, es wird Faustball gespielt, in Wettläufen messen sich Jungen und Mädchen, und beim Weitsprung zieht ein Herr im Trenchcoat mit einer Zigarette zwischen den Fingern den Sand gerade.

Ein Film aus dem Jahr 1961 zeigt, nun in Farbe und mit Musikuntermalung, ein Festgelände ohne Trümmer, die jungen Leute wirken lockerer, wie 1949 tragen Jungen Kurzhaarschnitt und Mädchen führen Gruppengymnastik vor.

Nicht immer spielte das Wetter mit. Wie es nun am Sonnabend, 11. September, wird, das ist einige Tage vorher ungewiss, doch verbessern sich die Chancen auf ein eingermaßen trockenes Fest. Foto: Archiv

Vom Sport- zum Familienfest

Das sieht 1993 ganz anders aus. Das Treiben ist nicht nur auf den Sportfeldern bunter geworden, ein Clown und ein Kasperletheater unterhalten Kinder, die sich auch in der Hüpfburg verausgaben. Das Fest verändert sich. Es wandelt sich vom Sport- zum Volksfest, was es am Ende des 19. Jahrhunderts auch schon einmal war – allerdings ohne Hüpfburg.

Anfang der 90er Jahre zeigten sich aber auch Ermüdungserscheinungen. 1994 macht der damalige Vorsitzende des Deutschen Jugendverbandes für Nordschleswig (DJN), Hans-Werner Nissen, im „Nordschleswiger" darauf aufmerksam, dass die angebotenen Veranstaltungen teilweise nicht mehr den Zulauf wie früher hätten, sei es der größer gewordenen Konkurrenz wegen oder aufgrund gestiegener Ansprüche der Jugendlichen.

Erneuter Umbau 2015

Den Umbau vom Sport- zum Volksfest intensivierte der DJN noch einmal 2015, der seitdem nicht mehr als alleiniger Veranstalter auftritt. Vielmehr rief der Verband vor zwei Jahren alle Vereine der Minderheit dazu auf, sich an der Gestaltung des Knivsbergfestes zu beteiligen, sich einzubringen, es vielfältiger zu machen. Die Neuorganisation des Festes kam an. 2016 zog es etwa 2.000 Menschen auf den Berg.

Hingegen strömten 2020 keine Menschen zum Knivsbergfest – weil es keines gab. Die Corona-Pandemie hielt Dänemark im Griff – wie auch 2021, allerdings lockert er sich, der Griff.

Eine längere Fassung des Textes findet sich in der WIR-Beilage des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Ausgabe Nummer 10, 2017. Hier gibt es das pdf zur vollständigen Ausgabe.

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