BDN-Delegiertenversammlung

Ob rot oder blau: Minderheit hat mit beiden Seiten „guten Dialog“

Ob rot oder blau: Minderheit hat mit beiden Seiten „guten Dialog“

Minderheit hat mit beiden Seiten „guten Dialog"

swa/gn
Tingleff/Tinglev
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Reger Meinungsaustausch unter den Delegierten des BDN in Tingleff. Foto: Gwyn Nissen

Der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Hinrich Jürgensen, sprach sowohl die überstandene EU-Wahl als auch die bevorstehenden Folketingswahlen an. Auch Marion Petersen, Jan Diedrichsen und Carsten Leth Schmidt legten ihre Berichte ab.

Die deutsche Minderheit in Nordschleswig ist nicht davon abhängig, wer ab nächsten Mittwoch in Dänemark regiert. Das sagte der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Hinrich Jürgensen, am Dienstagabend in der Deutschen Nachschule Tingleff auf der Delegiertenversammlung des BDN.

Das Treffen der Minderheitenvertreter fand quasi zwischen den Wahlen statt: der EU-Wahl am vergangenen Sonntag und der bevorstehenden Folketingswahl am Mittwoch, 5. Juni.

„Über 66 Prozent der Stimmberechtigten sind zur Wahl gegangen. Das ist neuer Rekord und zeigt das Interesse an Europa. Das Ergebnis ist klar pro Europa“, freute sich Jürgensen.

Für die kommende EU habe er auch einige Wünsche.

„Von Dänemark wünsche ich die Aufgabe der Vorbehalte, insbesondere auf den Gebieten Justiz und der Verteidigung. Was die Grenzkontrolle und den Wildschweinzaun angeht, wird sich auch nach der Folketingswahl leider kaum etwas ändern. Denn diese Beschlüsse sind mit breiter Mehrheit getroffen worden“, so Jürgensen.

Minderheitenpolitik

Von Deutschland wünsche er sich, dass der Nachbar „noch mehr Verantwortung für die Entwicklung der EU übernimmt“.

„Ich wünsche mir aber vor allem ein Europa das für Frieden, Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und vor allem Minderheitenrechte steht. Denn eine gute Minderheitenpolitik ist Friedenspolitik“, meint der BDN-Hauptvorsitzende.

Blau oder rot

Kommenden Mittwoch entscheide sich, wer die nächsten vier Jahre in Dänemark regiert.

„Glücklicherweise spielt es aus unserer Sicht keine Rolle, wer in den nächsten Jahren die dänische Regierung stellen wird – ob rechts oder links – blau oder rot. Das liegt daran, dass wir mit allen im Folketing vertretenen Parteien einen guten Dialog pflegen. Daran wird sich auch nach der Wahl nichts ändern“, sagt Jürgensen.

Im Vorfeld der Wahlen haben sich Vertreter der deutschen Minderheit mit den beiden Staatsministeranwärtern der großen Parteien getroffen: Regierungschef Lars Løkke Rasmussen (Venstre) und seine Herausforderin Mette Frederiksen (Sozialdemkokraten).

„Wir haben dabei vor allem eine Garantie dafür bekommen, dass sich an der Finanzierung unserer Schulen nichts ändern wird. Diese werden weiterhin als die öffentlichen Schulen der Minderheit anerkannt – und wie kommunale Schulen bezuschusst“, freut sich Hinrich Jürgensen. Die Garantie sei wichtig, da eine kommende rote Regierung den Staatszuschuss für Frei- und Privatschulen kürzen werde.

Unterstützung 

„Des Weiteren haben wir mit dem Staatsminister über zwei Projekte gesprochen, die leider nicht mehr vom dänischen Staat unterstützt werden. Das sind zum einen „Grenzgenial“ bei dem es um die Produktion von aktuellem Unterrichtsmaterial für den Deutschunterricht in den dänischen Schulen geht und zum anderen die Unterstützung für den Sozialdienst. Lars Løkke hat versprochen, sich beides anzusehen. Wir hoffen, er schafft das vor der Wahl“, sagte der BDN-Vorsitzende.

Hinrich Jürgensen forderte alle auf, zur Wahl zu gehen und ihr demokratisches Recht zu nutzen. „Wählt gerne einen Politiker aus Nordschleswig und gerne eine Partei die sich für die deutsche Minderheit einsetzt. Geht wählen. Denn wer nicht wählt, wählt auch – und zwar eine Partei, mit der man nicht sympathisiert.“

 

Gespräche vor der Delegiertenversammlung des BDN in Tingleff. Foto: Gwyn Nissen

Wir-Gefühl durch die Kulturarbeit

In ihrem Bericht über die Kulturarbeit der deutschen Minderheit in Nordschleswig sagte die BDN-Kulturvorsitzende Marion Petersen, Sonderburg, dass das Fundament der Kulturarbeit immer dicker und damit stabiler wird.

„Mit dem Kindergartentag auf dem Knivsberg, der vergangenes und auch dieses Jahr mit großem Erfolg stattgefunden hat, haben wir es geschafft, über 300 Kinder im Alter von 4-5 Jahren aller deutschen Kindergärten auf dem Knivsberg für einen Tag mit Kunst, Musik, Bewegung zu sammeln,“ berichtete Petersen. „Das Wir-Gefühl unter Erwachsenen und Kindern konnte gestärkt werden.“

Sie erwähnte außerdem Schultheater, Theater im Kindergarten, Schulkonzerte, Folk-Baltica-Konzerte und den Kindergartenchortag als Kooperationsprojekte über die Grenze hinweg. „Und wir waren oft Brückenbauer, weil unsere Kinder beide Sprachen sprechen“, sagte Marion Petersen.

Wichtige Jugendarbeit

Der Kulturausschuss des BDN arbeitet außerdem daran, auch die Jugend mit Veranstaltungen zu bedenken. „Wer auf der Sankelmarktagung war, hat von den Herausforderungen gehört, die Jugendliche in diesem Alter haben, und dass dort ganz gezielt nach Projekten gesucht werden muss, die für und mit den jungen Menschen stattfinden müssen“, erklärte die Kulturvorsitzende. „Da die Jugendlichen im Plenum an mich und somit zur Kulturzusammenarbeit keine Fragen hatten, gehe ich davon aus, dass wir im Kulturbereich eine gute Zusammenarbeit haben – und doch einiges richtig machen.“

Jan Diedrichsen bei seinem letzten Bericht als Sekretariatsleiter in Kopenhagen. Nach 13 Jahren endet seine Zeit im Sekretariat der deutschen Minderheit zum Jahresende. Foto: Gwyn Nissen

Letzte Delegiertenversammlung für Jan Diedrichsen


Vor 13 Jahren nahm er zum ersten Mal als Leiter des deutschen Sekretariats in Kopenhagen an der BDN-Delegiertenversammlung teil, am Dienstagabend war es das letzte Mal in dieser Funktion für Jan Diedrichsen. Zum Jahresende scheidet Jan Diedrichsen aus dem Amt aus.

Ja, man müsse mit allen Parteien auf Christiansborg reden können, gab Diedrichsen dem BDN-Vorsitzenden recht. Und Diedrichsen stellte fest: „Die parteipolitischen Unterschiede sind groß in der Minderheit, und dafür muss es Raum geben, das muss man auch abdecken”, so Diedrichsen.

Für die Minderheit gebe es in den kommenden Jahren spannende Fragen zu klären. “Die Minderheit wird es immer geben – aber sicher in 20 Jahren anders.”

Was die kommende Folketingswahl (5. Juni) angeht, sagte Diedrichsen mit Blick auf die finanzielle Förderung der deutschen Schulen: „Wir sind parteipolitisch neutral mit den Sozialdemokraten, sollten sie die Regierung stellen. Doch wir müssen darauf achten, dass wir nicht unter die Räder geraten, es gibt noch keine schriftliche Zusage. Wir hatten damals Auseinandersetzungen mit den Sozialdemokraten, da gilt es, die Pflöcke schnell einzuschlagen”, so Diedrichsen, der sich bei seinen Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit über die Jahre bedankte.

 

Carsten Leth Schmidt legte auf der Delegiertenversammlung den Bericht der Schleswigschen Partei vor. Foto: Gwyn Nissen

Stolzer SP-Vorsitzender

Direkt von der Haderslebener Stadtratssitzung kam der Vorsitzende der Schleswigschen Partei, Carsten Leth Schmidt, in die Aula der Tingleffer Nachschule. In seinem Jahresbericht stellte er unter anderem die Zusammenarbeit mit dem neuen Marketingbüro vor, die in mehreren ganzseitigen Anzeigekampagnen resultiert.

Mit gewissem Stolz präsentierte der SP-Vorsitzende einen Radio-Clip zur Aktion der „jungen SPitzen", der Jugendorganisation der SP, die „Grænszaun Games” mitorganisiert zu haben. Einer von „richtig, richtig vielen Berichten über die Aktion”, so Leth Schmidt. Und sogar das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ werde in Kürze über die Aktion berichten.

Eine gemeinsame Tourismuszusammenarbeit für ganz Nordschleswig – inklusive Tondern – sprach der SP-Vorsitzende ebenso an wie Pläne für ein deutsch-dänisches Multikulturhaus in Hadersleben.

Der Blick nach vorne: Im Laufe des kommenden Jahres soll das Grundsatzprogramm der Schleswigschen Partei überarbeitet werden. „Lasst uns die Zukunft konstruktiv angreifen, wir sollen versuchen, nach vorne zu denken, was unsere Kommunikations- und Medienarbeit angeht. Lasst uns versuchen, dass das „Nordschleswiger"-Projekt glückt und wir über die Generationen zusammenarbeiten können.“

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