Schleswigsche Gespräche

Vortragsreihe startet ins Jubiläumsjahr

Vortragsreihe startet ins Jubiläumsjahr

Vortragsreihe startet ins Jubiläumsjahr

Frank Lubowitz/ Archiv- und Forschungsstellenleiter BDN
Apenrade/Aabenraa
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Archiv- und Forschungsstellenleiter Frank Lubowitz Foto: Archiv

Mit fast 30 Besuchern sind die „Schleswigschen Gespräche – deutsch-dänische Begegnungen“ am Montagabend erfolgreich eröffnet worden.

Die Vortragsreihe „Schleswigsche Gespräche“ läuft wieder. Archiv- und Forschungsstellenleiter Frank Lubowitz konnte am Montagabend Prof. Dr. Hans Schultz Hansen, Forschungsleiter beim Reichsarchiv mit Sitz in Apenrade, begrüßen. Für die deutsche Minderheit ist Schultz Hansen kein Unbekannter, da er das zweibändige Werk Hjemmetyskheden in Nordslesvig 1840-1864 verfasst hat und zu den Herausgebern von Sønderjyllands Historie und dem Lexikon Sonderjyllands A – Å gehört. 

Ausgangspunkt seines Vortrags über die preußische Herrschaft und die dänische Bewegung zwischen 1867 und 1914 war der Paragraf 5 des Prager Friedens von 1866, in dem der dänischgesinnten Bevölkerung der nördlichen Distrikte Schleswigs eine Abstimmung zugestanden worden war. Ein Zugeständnis, das auf den Einfluss des französischen Kaisers Napoleon III. zurückzuführen war, da auf der Londoner Konferenz zwei Jahre zuvor zwar eine Teilung Schleswigs diskutiert, aber nicht umgesetzt worden war. 

Die Anfänge der preußischen Herrschaft

Das erste Jahrzehnt der preußischen Herrschaft umriss Schultz Hansen als eine Periode relativ liberaler Herrschaftsausübung. Diese endete, nachdem der Paragraf 5 1878 aufgehoben worden war. Was folgte, war eine Zeit des von oben verordneten Nationalismus und der Ausgrenzung sogenannter „Reichsfeinde“, wozu neben Sozialdemokraten und Katholiken auch die Minderheiten gehörten: so etwa Polen im Osten Preußens und Dänen in Nordschleswig. 

Unter vier Aspekten beleuchtete der Referent die preußische Minderheitenpolitik im Norden. Zunächst war es die Unterdrückung jeder dänischen Äußerung, die als „dänische Agitation“ bezeichnet werden konnte. Neben der Einschränkung der Versammlungs- und der Pressefreiheit, teilweise mithilfe von weit auslegbaren Gesetzesformulierungen, konnten schon rot-weiße Hausanstriche die Polizei auf den Plan rufen. 

Ein amtliches Beweisstück aus Scherrebek, 1901: Zu einer Geldstrafe verurteilt für dänische Agitation durch markant rot-weiße Farbgebung – besonders das weiße Scheunentor mit rot gestrichenen Eisenbeschlägen und die rot-weißen Kränze um die Stallfenster. Foto: Museum Sønderjylland – ISL

Die Frage der Behandlung dänischer Staatsbürger, Optanten, die nach 1867 anstatt nunmehr preußische Untertanen zu sein, die dänische Staatsbürgerschaft angenommen hatten, aber weiterhin in Schleswig lebten, stellte einen weiteren Schwerpunkt preußischer Politik dar. Sie fand ihren Höhepunkt in der sogenannten Köllerpolitik – benannt nach dem Oberpräsidenten Ernst Matthias von Köller – zwischen 1898 und 1901, in der massenhaft Optanten, aber auch aus Dänemark stammende Wanderarbeiter ausgewiesen wurden. Dieses Vorgehen stieß aber auch auf deutscher Seite auf Kritik; und führte unter anderem zur Gründung des Vereins für deutsche Friedensarbeit in der Nordmark. 

Germanisierung

Auf einem dritten Feld, bei der sogenannten Germanisierung, spielte die Zurückdrängung des Dänischen in Schule und Kirche in Nordschleswig ab 1878, verschärft ab 1888, eine besondere Rolle. Aber auch die Gründung eines Ansiedlungsvereins für das westliche Schleswig (1891) und die Schaffung von insgesamt 36 Domänenhöfen spielten auf diesem Gebiet eine besondere Rolle, wie Schultz Hansen herausstellte. 

Schließlich war die Deutschtumsförderung, etwa durch die Gründung des Deutschen Vereins für die Nordmark (1890) sowie durch die massive Förderung des deutschen Presse- aber auch des Vereinswesens die vierte Säule preußischer Minderheitenpolitik. 

Dem stellte Schultz Hansen die dänische Reaktion auf diese Repressionen entgegen. Nachdem man durch Eidesverweigerung zunächst in einer Protesthaltung stand, wandelte sich die Politik der dänischgesinnten Nordschleswiger zu einer aktiven Politik, die einerseits die dänischen Nordschleswiger in einem vielfältigen Vereinssystem organisierte, andererseits parlamentarisch – gemeinsam mit den anderen Minderheiten des Reiches und mit Unterstützung der Sozialdemokratie – Einfluss nahm. 

Auf beiden Seiten, so schloss Schultz Hansen in einer Zusammenschau, fand ab den 1880er Jahren eine Mobilisierung durch die Gründung nationaler politischer Organisationen statt. Damit traten die rein national geprägten – deutschen oder dänischen – Gesichtspunkte in den Vordergrund; der alte Gegensatz aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen Schleswig-Holsteinern und dänischgesinnten Schleswigern trat somit zugunsten dieser Nationalisierung des Konflikts zurück. 

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Zusammenhalt: Es geht noch viel mehr in Nordschleswig“