Schleswig-Holstein & Hamburg

Buß: Führungsversagen der Polizei in Rockeraffäre

Buß: Führungsversagen der Polizei in Rockeraffäre

Buß: Führungsversagen der Polizei in Rockeraffäre

dpa
Kiel (dpa/lno) -
Zuletzt aktualisiert um:
Klaus Buß (SPD), ehemaliger Innenminister von Schleswig-Holstein. Foto: Malte Christians/dpa/Archivbild

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Als Sonderbeauftragter untersuchte Ex-Innenminister Buß die Rockeraffäre bei der Polizei - frei von Einflussnahme, wie er im Kieler Landtag sagt. Zu den Bewertungen von 2019 stehe er, an den Fakten habe sich nichts geändert. Eine spitze Bemerkung gibt es auch.

Ex-Innenminister Klaus Buß bleibt bei seinen Vorwürfen gegen ehemalige Polizeiführer im Zusammenhang mit der sogenannten Rockeraffäre in Schleswig-Holstein. «Ich halte alle Bewertungen aufrecht», sagte der Sonderbeauftragte der Landesregierung am Montag vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Kiel. «Ich sehe keinen Anlass davon abzuweichen, denn die Fakten haben sich nicht geändert.»

Im Auftrag des damaligen Innenministers Hans-Joachim Grote (CDU) hatte Buß (SPD) nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2017 die Vorgänge rund um Ermittlungen der Polizei gegen Rocker nach einem Messerangriff in einem Schnellrestaurant in Neumünster 2010 untersucht. Auslöser der sogenannten Rockeraffäre war der polizeiinterne Umgang mit dem entlastenden Hinweis eines V-Mann-Führers zu einem seinerzeit in Untersuchungshaft sitzenden Tatverdächtigen. «Hier hat die Führung versagt», sagte Buß im Ausschuss.

Der V-Mann-Führer hatte im Sommer 2010 der Staatsanwaltschaft und zwei Ermittlern der Soko «Rocker» von dem Hinweis eines Informanten berichtet. Der zuständige Oberstaatsanwalt entschied damals, diesen Hinweis nicht zur Akte zu nehmen, weil er für ihn nicht erheblich gewesen sei. Letztlich fertigte der Ermittler einen Vermerk, damit der Hinweis dennoch in die Akte gelangte und später auch der V-Mann-Führer. Dessen Bestreben war es, seine Quelle zu schützen.

«Man hätte eine Version finden müssen im Text, die beiden Seiten zufrieden gestellt hätte», sagte Buß. Dies hätte beispielsweise im Rahmen einer Mediation geschehen können. «Es musste verschriftlicht werden und es ist keine Lösung gewesen zu sagen: Du machst das einfach nicht.» Letztlich habe die Staatsanwaltschaft für einen Prozess beide Vermerke an das zuständige Landgericht gesandt. Bei der Begründung für die Entlassung des Tatverdächtigen aus der Untersuchungshaft hätten dies aber letztlich keine Rolle gespielt.

Buß hielt in seinem Abschlussbericht 2018 fest: «Führungspersonen im Innenministerium und in der Polizei haben mangelhaftes Führungsverhalten gezeigt und auf diese Weise zu der bis zu diesem Bericht ungeklärten Situation beigetragen.» Am Rande des Ausschusses sagte Buß, die damaligen Führungskräfte der Polizei hätten es nicht geschafft, «diesen verhältnismäßig - im Ursprung - kleinen Konflikt über die Behandlung einer Information zu lösen». Stattdessen hätten sie den aufflammenden Streit zwischen den Beamten laufen lassen.

Dass der damalige Innenminister Grote Ende 2017 einen Wechsel an der Polizeispitze erzwang, habe ihn und sein Team überrascht, sagte Buß. Grote verneinte einen Zusammenanhang mit der Affäre. «Unsere Untersuchung hat mit dem Akt nichts, aber auch gar nichts zu tun gehabt», sagte Buß. Diese sei damals noch gelaufen und es habe auch keine Zwischenberichte von ihm an das Ministerium gegeben.

Bei der Aufklärung der damaligen Vorgänge bei der Polizei habe er freie Hand gehabt, sagte Buß. «Es gab nicht die geringste Beeinflussung durch irgendjemand.» Sein Team habe absolut unabhängig vorgehen können. «Wir haben alles bekommen, was wir wollten.»

Untersuchungsgegenstand waren auch Mobbing-Vorwürfe. Buß betonte, sein Team habe die Fakten nach bestem Wissen und Gewissen bewertet. «Wir haben kein Mobbing-Handeln festgestellt.» Es hätten Mobbing-Verdachtsfälle vorgelegen. Er habe damals die Empfehlung gegeben, die Vorwürfe im Innenministerium weiter zu untersuchen. Auch Polizisten aus anderen Regionen des Landes seien bei den Ermittlungen befragt worden. Dabei seien das Landeskriminalamt und die Führungsebene in Kiel «durchaus als eine Art Elfenbeinturm» wahrgenommen worden.

Der Ausschuss geht Vorwürfen der Aktenmanipulation, der Unterdrückung von Beweismitteln, des Drucks «von oben» bei der Polizei und des Mobbings im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Rockerkriminalität in früheren Jahren nach. Seit Anfang 2019 befragen die Abgeordneten Zeugen. «Wenn ich den Zeitraum sehe, der hier gearbeitet worden ist im Untersuchungsausschuss und den Zeitraum, den wir gebraucht haben, um diesen Bericht fertigzustellen mit einer Vielzahl von Fakten, dann würde ich schon einmal eine Augenbraue hochziehen», sagte Buß.

Mehr lesen