Geflüchtete

Erste ukrainische Lehrerinnen haben die Arbeit aufgenommen

Erste ukrainische Lehrerinnen haben die Arbeit aufgenommen

Erste ukrainische Lehrerinnen haben die Arbeit aufgenommen

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Die aus der Ukraine geflüchtete Lehrerin Tatjana Yahodka sitzt in einem Klassenzimmer auf einem Tisch. Foto: Markus Scholz/dpa

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Knapp 1000 aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche sind inzwischen an Hamburgs Schulen angekommen. Die Behörde rechnet mit noch deutlich mehr, braucht deshalb Lehrkräfte. Die erste ukrainische Lehrerin ist Tatjana Yahodka. Sie war aus Lwiw geflohen.

Schulleiter Sven Kertelhein ist schon etwas stolz. Nicht, dass er es darauf angelegt oder überhaupt gewusst hätte. Doch dass er an seinem Louise Weiss Gymnasium im Hamburger Stadtteil Hamm bereits Ende März stadtweit die erste aus der Ukraine geflohene Lehrerin fest angestellt hat, freut ihn schon - zumal Schulsenator Ties Rabe (SPD) die Rechercheergebnisse seiner Behörde nach der ersten ukrainischen Lehrkraft am Montag gleich dazu nutzt, die «Neue» - Tatjana Yahodka - persönlich an ihrem Arbeitsplatz zu begrüßen - und mit ihr gleich die zweite ukrainische Lehrerin Lesia Storchak, die am Montag an der Schule ihren ersten Arbeitstag hat.

Yahodka habe sich selbst bei der Schule gemeldet, Storchak sei nach einem Aufruf in den sozialen Medien an das Louise Weiss Gymnasium gekommen, sagt Kertelhein. Beide können Deutsch und Englisch und sollen zudem den neuen Ukrainisch-Unterricht bestreiten. Yahodka stammt aus Lwiw, jener Stadt nahe der polnischen Grenze, bei der bei einem russischen Angriff auf einen Truppenübungsplatz Dutzende Menschen ums Leben gekommen und russische Raketen am Flughafen eingeschlagen sind.

Sie sei vor gut drei Wochen mit ihren beiden Kindern geflüchtet, die nun ebenfalls das Louise Weiss Gymnasium besuchen, sagt sie. «Ich bin sehr dankbar, dass ich hier arbeiten und meine Kinder hier lernen können», sagt sie. Ihre Kollegin Storchak stammt aus Kiew. Ihr Mann sei noch in der ukrainischen Hauptstadt, sie sei mit ihrer Tochter im Kita-Alter geflohen. «Ich bin sehr froh, dass ich hier die Arbeitsstelle bekommen habe.» Ausdrücklich dankt sie dem Engagement der Hamburgerinnen und Hamburger bei der Betreuung der Flüchtlinge. «Das ist sehr wichtig für uns.»

Am Gymnasium gibt es inzwischen 20 vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtete Schüler. Hinzu kommen jene ukrainischen Kinder und Jugendliche, die schon länger in Hamburg sind. Hamburgweit sind inzwischen knapp 1000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine an den Schulen angekommen. Weitere 458 Kinder und Jugendliche seien bereits angemeldet und würden in den nächsten Tagen auf die Schulen verteilt, sagt Schulsenator Rabe.

Seit dem völkerrechtswidrigen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine sind nach Angaben der Schulbehörde mit Stand 24. März 2971 schulpflichtige ukrainische Kinder im Alter von 6 bis 17 Jahren registriert worden. Die Zahl dürfte jedoch noch deutlich steigen. Die Behörde geht davon aus, dass ein Viertel der registrierten Kriegsflüchtlinge schulpflichtige Kinder und Jugendliche sind. Das wären derzeit mindestens 4000.

Nach Angaben der Schulbehörde lernen ältere Kinder und Jugendliche an den Schulen zunächst in Willkommensklassen, erhalten dort vor allem Deutschunterricht, ehe sie spätestens nach einem Jahr in eine Regelklasse wechseln. Für sie seien bereits 68 Klassen eingerichtet worden, weitere 42 Klassen gingen in den nächsten Tagen an den Start. Jüngere Schülerinnen und Schüler werden der Behörde zufolge direkt in die Vorschule oder die Klassenstufen 1 und 2 eingeschult.

«Dafür brauchen wir Lehrkräfte», sagt Rabe. Konkret seien dies für jede zusätzliche Schulklasse an weiterführenden Schulen rund 1,3 und an Grundschulen 1,04 zusätzliche Lehrkräfte. Er verweist auf die Schulleitungen, die bereits private Kontakte nutzten oder einfach die Eltern der ukrainischen Kinder ansprächen, ob sie nicht unterrichten könnten. «Ich bin darüber sehr, sehr froh.» Denn man dürfe nicht vergessen, dass die Kinder «vor vielleicht sechs Wochen noch morgens ihr Marmeladenbrötchen gegessen haben und mit dem Fahrrad zur Schule gefahren sind und nicht ahnen konnten, welches Unglück dann über sie hereinbricht».

Da sei es auch eine Frage des Respekts, dass schon in den Willkommensklassen zusätzlich vier bis fünf Wochenstunden Ukrainisch-Unterricht angeboten werde. Der Großteil des Unterrichts werde jedoch auf Deutsch gehalten, auch weil nicht klar sei, wann und ob die Kriegsflüchtlinge wieder in die Ukraine zurückkehren könnten. «Der Unterricht ist auf das Ankommen, die Integration im Hamburger Schulsystem ausgerichtet», betont Rabe. Das ukrainische Angebot eines Fernunterrichts nutze Hamburg dagegen nicht.

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