Hamburg

Polizei wegen pro-palästinensischer Proteste alarmiert

Polizei wegen pro-palästinensischer Proteste alarmiert

Polizei wegen pro-palästinensischer Proteste alarmiert

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Ein Einsatzwagen der Polizei fährt durch eine Stadt. Foto: Robert Michael/dpa/Symbolbild

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Die Hamburger Polizei nimmt einen Aufruf in sozialen Netzwerken zu antiisraelischen Protesten am Freitag sehr ernst. Innensenator Grote kündigt konsequentes Vorgehen an - während das wegen seiner Nähe zum iranischen Regime von der Schließung...

Nach dem beispiellosen Angriff der islamistischen Hamas auf Israel und der darauf folgenden Militäroperation des Landes im Gazastreifen rechnet die Polizei am Freitag in Hamburg mit pro-palästinensischen Protesten. Die Kundgebung unter dem Motto «Solidarität mit Rojava und Palästina» am Hamburger Hauptbahnhof werde zwar untersagt, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Doch angesichts eines Aufrufs in sozialen Netzwerken sei jederzeit mit spontanen Versammlungen zu rechnen.

«Die Versammlungsbehörde wird die für morgen am Hauptbahnhof angemeldete Versammlung verbieten», erklärte ein Polizeisprecher. Gleiches gelte für eine weitere Versammlung, die am Samstag unter dem Tenor «Stoppt den Krieg, Ende der Besatzung Palästinas» auf dem Rathausmarkt stattfinden sollte.

Die spontanen Versammlungen könnten von einer sehr hohen Emotionalität geprägt sein und es könne auch zu strafbaren Handlungen wie Billigung von Straftaten oder Volksverhetzung kommen. Die Polizei betonte, sie werde konsequent einschreiten. «Wir halten dafür eine hohe Zahl an Einsatzkräften vor.» Es seien zudem Dolmetscher im Einsatz, um auch in nicht deutscher Sprache geäußerte strafrechtlich relevante Äußerungen identifizieren zu können. Die Schutzmaßnahmen, gerade für jüdische Einrichtungen, befänden sich bereits auf einem sehr hohen Niveau.

«Wer die menschenverachtende und alle Grenzen überschreitende Barbarei der Hamas befürwortet oder sich darüber freut, für den kann es in unserer Gesellschaft keine Toleranz geben», sagte Innensenator Andy Grote (SPD). «Das Bejubeln und Feiern der Massaker an Jüdinnen und Juden durch die Hamas ist unerträglich und hat auf unseren Straßen keinen Platz.» Die Polizei werde bei entsprechenden Aktionen niedrigschwellig und konsequent vorgehen.

Das wegen seiner Nähe zum iranischen Regime von der Schließung bedrohte Islamische Zentrum Hamburg (IZH) rief unterdessen zu Frieden im Nahen Osten auf. «Obwohl wir als Gotteshaus politische Neutralität wahren, sprechen wir uns entschieden gegen Menschenrechtsverletzungen aus und appellieren an alle Parteien, den Weg des Friedens zu suchen und die Menschenrechte zu achten», teilte das Zentrum der Deutschen Presse-Agentur mit. Die konkrete Frage, wie es den Überfall der islamistischen Hamas auf Israel mit mehr als 1000 toten Zivilisten bewerte, beantwortete das IZH jedoch nicht.

Es erwähnte weder Israel noch die Hamas oder Gaza, erklärte nur: «Wir sind zutiefst betroffen von der humanitären Krise und den Berichten über Kriegsverbrechen.» Kriegsverbrechen, von welcher Seite auch immer, seien inakzeptabel und aufs Schärfste zu kritisieren. «Wir fördern eine Gesellschaft, die von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägt ist, und treten Diskriminierung und Vorurteilen entschieden entgegen.»

Das seit Jahrzehnten vom Verfassungsschutz beobachtete IZH gilt als verlängerter Arm des iranischen Regimes, das der Hamas zu ihrem Angriff auf Israel am Samstag gratuliert und diesen als «Wendepunkt in der Fortsetzung des bewaffneten Widerstands» bezeichnet hatte. Die Forderung zahlreicher Politiker und Parteien nach einer Schließung des Zentrums, das die Blaue Moschee an der Alster betreibt, wies das IZH zurück. «Die ständige Hetze und Vorverurteilung gegenüber dem IZH und seinen Mitgliedern ist nicht akzeptabel.»

Das Bundesinnenministerium in Berlin prüft bereits seit Monaten ein Verbot des IZH. Am Donnerstag forderte Unions-Fraktionschef Friedrich Merz Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Bundestag auf, das Zentrum endlich zu schließen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte: «Wir werden dafür sorgen, dass Organisationen und Vereine, die die Hamas und ihre terroristischen Aktivitäten direkt oder indirekt unterstützen, in unserem Land verboten werden.» Dazu gehöre auch das Islamische Zentrum Hamburg.

Unterdessen mahnten die Schura Hamburg und Schleswig-Holstein, also die Räte der Islamischen Gemeinden in beiden Ländern, in einem Schreiben an ihre Mitgliedsgemeinden zur Besonnenheit. «Wir wissen, dass das palästinensische Volk seit vielen Jahren vor Ort unter der Ungerechtigkeit, die durch die israelische Besatzung in Palästina hervorgerufen wird, leidet und wir leiden mit ihnen», heißt es darin. «Dennoch kann und darf sie nicht als Grund dafür herhalten, unschuldige Zivilisten zu ermorden.»

Die Tötung von Zivilisten bei den Angriffen aus dem Gazastreifen habe eine Form von Brutalität erreicht, die jedes Maß übersteige. «Gleichzeitig gilt unser Mitgefühl allen Palästinensern, die nun unter den Vergeltungsschlägen der israelischen Armee leiden und ebenfalls Tote und Verletzte zu beklagen haben.»

Im Hinblick auf die erwarteten Kundgebungen heißt es: «Es ist davon auszugehen, dass extremistische Gruppierungen das Leid der Opfer und unser Mitgefühl ausnutzen wollen, um möglichst viele Menschen auf ihre Kundgebungen zu locken». Dort gehe es oft nicht um legitime Ansprüche, sondern um Provokation und radikale Verschärfungen des Konflikts mit noch mehr Leid und Unruhe auch innerhalb der hiesigen Gesellschaft. «Die Hamas hat die grausamen Massaker an Zivilisten in Israel verübt und die Spirale der Gewalt ein schreckliches Stück weitergedreht.» Dieser Konflikt könne nur enden, wenn alle daran arbeiten, diese Spirale zu durchbrechen.

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