Weihnachten

100 Tage bis Heiligabend – ein Blick ins Paradies der Süßigkeiten 

100 Tage bis Heiligabend – ein Blick ins Paradies der Süßigkeiten 

100 Tage bis Heiligabend – ein Blick ins Naschparadies

Kay Müller/shz.de
Bad Segeberg
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Schokolade, Chips, Fruchtgummi, Lakritz: „World of Sweets“ hat über 800 Marken auf Lager. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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„World of Sweets” im Kreis Segeberg ist Deutschlands größter Versandhändler für Süßwaren. Was das Unternehmen mit einer Apotheke zu tun hat, was Mitarbeiter dort dürfen und was der Naschi-König von SH am liebsten mag, verrät ein Blick hinter die Kulissen.

„Weihnachten ist da.“ Markus Heider sagt diesen Satz und man könnte denken, dass er ihn im übertragenen Sinne meint. Zwar zeigt er mit dem Finger auf den hinteren Teil seiner Lagerhalle, in der sich Spekulatius und Schoko-Weihnachtsmänner stapeln. Doch auf der anderen Seite wuseln auch einige seiner rund 100 Festangestellten um ihn herum, um die ersten Weihnachtsartikel zu verpacken. „So ab Ende August beginnt bei uns das Weihnachtsgeschäft“, sagt Heider, der Chef von „World of Sweets“ ist.

Dass sich in der von außen unscheinbaren Halle im Gewerbegebiet von Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) Deutschlands größter Versandhändler für Süßwaren befindet, wissen wohl nur wenige Schleswig-Holsteiner. Dabei sind die beiden Hallen, in denen Heider auf rund 5500 Quadratmetern Millionen von Artikel lagert, für manche Naschkatze wie ein Paradies. In bis zu zehn Meter Höhe stapeln sich Adventskalender neben Chips, Fruchtgummi und Müsliriegeln. „Wir haben fast alles im Programm, was es so gibt“, sagt Heider.

Alles fing in einer Apotheke an

Vor fast 20 Jahren hat er mit dem Online-Handel begonnen. In der Apotheke seines Schwiegervaters in Norderstedt entdeckt er damals verschiedene Lakritzsorten. „Ich wollte erst online Medikamente versenden, aber das wollte mein Schwiegervater nicht so gern. Dann habe ich es halt mit Lakritz probiert.“

Die erste Bestellung löst damals noch ein Fax aus. „Mein Schwiegervater konnte damals mit E-Mails nichts anfangen. Doch schnell wird der Handel professioneller. Weil Heiders Job im E-Conmerce einer Bertelsmann-Tochter wegrationalisiert wird, wagt er den Sprung in die Selbstständigkeit. „Ich wusste selbst nicht, ob das funktioniert“, sagt Heider heute. Doch es funktioniert. Seit der Gründung wächst „World of Sweets“, wie das Unternehmen mittlerweile heißt, immer weiter. Zu den 100 Mitarbeitern kommen in der Saison, die jetzt beginnt, noch einmal rund 50 Aushilfskräfte. „Und die sind gar nicht so leicht zu finden“, sagt Heider.

Chips-Adventskalender und gratis Chips

Dabei können die auch schon mal selbst zugreifen, wenn etwa ein Karton herunterfällt, erzählt Christian Karacz, der mit seinem Gabelstapler gerade Chips-Adventskalender in ein Hochregal hievt. Seit einem halben Jahr ist er bei „World of Sweets“. „Und seitdem habe ich bestimmt schon ein bis zwei Kilo zugenommen“, sagt der 40-Jährige.

Dabei werden selbst Artikel, bei denen der Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums droht, noch in so genannten Crash-Boxen zu reduzierten Preisen vermarktet. „Wir schmeißen nichts weg“, sagt Heider.

Vegane und zuckerfreie Artikelboxen

Trotz dieser Nachhaltigkeit: Natürlich werden hier Artikel aus Fabriken in ganz Europa nach Henstedt-Ulzburg gebracht und von dort wieder in die ganze Republik gekarrt. Und auch für Gesundheitsapostel ist „World of Sweets“ nichts, denn dort dominieren Fett und Zucker – auch wenn Markus Heider mittlerweile auch vegane und zuckerfreie Artikelboxen anbietet. „Der Vorteil ist, dass man bei uns alles bekommen kann: vom einzelnen Schokoriegel bis zur Großlieferung.“ Es gibt keinen Mindestbestellwert, aber der Kunde muss eben die Versandkosten zahlen. „Eine Durchschnittsbestellung liegt bei uns so um die 50 Euro“, sagt Heider. Der Kunde kann aber auch wie am Kiosk aus bestimmten Waren seine eigene kleine Naschi-Tüte zusammenstellen.

10.000 verschiedene Produkte im Angebot

Die Preise für die Waren entsprechen in etwa denen aus dem stationären Handel. Allerdings ist die Auswahl größer: Heider hat rund 800 Marken und 10.000 verschiedene Produkte im Angebot. „Und mittlerweile verweisen sogar große Firmen wie Haribo oder Hachez an uns, wenn die Kunden wissen wollen, wo sie ein bestimmtes Produkt bekommen können.“

Für Heider ist das eine Art Ritterschlag, denn als er Mitte der 2000er Jahr die Kooperation mit den großen Süßwarenherstellern gesucht habe, hätten die ihn noch belächelt. Jetzt klingeln Hersteller und Start Ups bei ihm an, stellen ihm ihre Produkte kostenlos für Neuheiten-Boxen zur Verfügung.

Heider könnte jetzt groß auftrumpfen, aber dem 53-Jährige liegt die Selbstdarstellung erkennbar nicht. Statt dessen versucht er weiter sein Geschäft zu stärken, denkt nach mehreren Umzügen schon wieder über den Bau einer neuen Halle nach.

Der Umsatz von „World of Sweets“ wächst

Denn die Nachfrage steigt. Auch nach Abflauen der Corona-Pandemie, in der die meisten Online-Händler große Zuwachsraten verzeichnet haben, steigert „World of Sweets“ jetzt weiter den Umsatz. In den ersten sechs Monaten des Jahres stiegen die Einnahmen auf 16,1 Millionen Euro – zwölf Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum als es noch 14,3 Millionen waren. „Die Kunden sind offenbar auf den Geschmack gekommen und bei uns geblieben“, sagt Heider.

Und auch für den Winter sieht es gut aus: „Saisonartikel und Weihnachtsprodukte werden schon jetzt stark nachgefragt. Bei den Geschäftskunden gibt es schon jetzt mehr Vorbestellungen als zu diesem Zeitpunkt im Vorjahr“, so Heider weiter. Allein 2021 habe er rund 600.000 Bestellungen ausgeliefert und scheut keinesfalls den Wettbewerb mit großen Playern wie Amazon.

Naschis aus allen Nationen

Mittlerweile vertreibt Heider auch Tee und Softdrinks. Das Kerngeschäft sind aber die Leckereien: Seine Internetplattform bietet verschiedene Suchmöglichkeiten. Der Kunde kann von heimischen Sofa aus nach Farben, Nationalitäten oder Geschmacksrichtungen auswählen. Dazu gibt es Themenboxen, die Namen wie „Ostalgie“, „Movie“ oder „Retro“ tragen – und die in Henstedt-Ulzburg selbst zusammengestellt werden. Einen Tag nachdem der Kunde bestellt hat, schicken Markus Heiders Mitarbeiter die Kartons mit den Leckereien auf die Reise – vorwiegend auf den deutschen Markt.

In den nächsten Wochen werden das wieder mehr werden, denn in der Weihnachtszeit macht Heider den größten Umsatz. Die Mitarbeiter rauschen dann im Schichtdienst durch die Gänge, scannen die Ware, packen für mehrere Pakete Artikel in Einkaufswagen. „Wir haben ein chaotisches Lager“, sagt Heider und grinst. Denn es habe sich bewährt, nicht alle Artikel einer Marke nebeneinander zu lagern. „Da sehen die Mitarbeiter dann bei einer Schokoladenfirma nur noch lila“, so der Chef. Und dann könne es schnell zu Verwechselungen kommen.

Für Heider selbst ist der Gang durchs Lager Alltag, wenn auch ein leckerer. Seine mittlerweile fast erwachsenen Töchter hätten hier früher gern ausgeholfen – und ja – „auch mal zugegriffen“, sagt Heider. Und er selbst? „Klar nasche ich noch gern“, sagt der Self-Made-Man. „Am liebsten Marzipan“, ergänzt er und zieht eine Tüte mit Lebkuchen aus dem Regal. „Oder die hier, die sind auch echt lecker – auch schon jetzt im September.“

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