Kappelner Werkstätten

18 Helfer auf dem Weg ins Hochwasser-Katastrophengebiet

18 Helfer auf dem Weg ins Hochwasser-Katastrophengebiet

18 Helfer auf dem Weg ins Hochwasser-Katastrophengebiet

SHZ
Kappeln
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Das tatkräftige Team der Kappelner Werkstätten: Sie haben sich am Freitag auf den Weg nach Bad Münstereifel gemacht. Foto: Doris Smit/shz.de

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Eigentlich wollte Najomi Eberhardt Flutopfer in ihrem Haus beherbergen, aber es entwickelte sich in kürzester Zeit eine Hilfsinitiative. Am Freitag startete ein Konvoi mit Material und Manpower nach Bad Münstereifel.

Punkt 16 Uhr. Die Motoren werden gestartet und pünktlich fahren zwei Crafter, drei Busse und ein SUV vom Gelände der Kappelner Werkstätten in Mehlbydiek. 18 Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen machen sich auf den Weg nach Bad Münstereifel. Sie wollen helfen und mit anpacken, genau da im Katastrophengebiet, wo gerade jede Hand gebraucht wird.

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Wie es dazu gekommen ist? „Es ging auf jeden Fall alles total schnell“, sagt Najomi Eberhardt, die den Stein ins Rollen brachte. Beim Anblick der schlimmen Bilder der Flutkatastrophe hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann beschlossen, eine Familie aus diesen Gebieten in ihrem Haus in Goldelund, Nordfriesland, aufzunehmen. Schnell schlossen sich andere Familien an, stellten Gartenlaube und Wohnwagen zur Verfügung.

Der Chef stellt die Busse zur Verfügung

Aber es fehlte an Fahrzeugen um die Flutopfer abzuholen. Eberhardt arbeitet als Assistenz der Geschäftsleitung beim Verein St. Nicolaiheim Sundsacker, zu dem die Kappelner Werktstätten gehören, und fragte beim Chef Stefan Lenz an. „Er hat uns ohne zu zögern die Busse zur Verfügung gestellt“, sagt sie. Aber warum sollten sie leer fahren, wenn vor Ort so viele Dinge gebraucht werden? Najomi Eberhardt postete ihr Vorhaben auf den Social-Media-Kanälen der Einrichtung.

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Was dann passierte, überwältigt die Initiatorin immer noch: „Mein Telefon klingelte minütlich, mein Emaileingang plingte eine muntere Maileingangs-Melodie“, sagt sie. Besonders beeindruckt sei sie von den Ideen und Rückmeldungen. „Es entwickelte sich mehr und mehr eine klare Struktur und die Fragezeichen-Nebel lichteten sich so zunehmend, dass ich fast etwas sprachlos bin“.


Innerhalb der vergangenen Woche wurden viele Spenden gesammelt – vereinsintern, aber auch andere Organisationen und einzelne Kappelner waren sofort großzügig dabei – und sofort in dringend benötigtes Material investiert. Viele Sachspenden kamen dazu. Über eine Organisation in der Eifel, die private Hilfsinitiativen koordiniert, hat Najomi Eberhardt erfahren, was am dringendsten gebraucht wird: Schaufeln und Schneeschütten, Besen und Plastikbehälter, Gummistiefel und Handschuhe, Aggregate, aber auch Feuerzeuge und Batterien. „Und Bier“, sagt sie. „Tatsächlich ist es auch das, was sich viele nach diesen Tagen und Wochen schwerster körperlicher Arbeit und psychischer Belastung wünschen: einen Hauch von Normalität und eben ein Feierabendbier.“


Aber auch an Manpower fehlt es nicht. „Der Leiter des Historischen Sägewerks ist ebenso dabei, wie die Leitung der Personalabteilung, eine Psychologin und drei Beschäftigte“, beschreibt Eberhardt. Ein Anhänger ist voll mit Werkzeug und anderen Spenden, einer hat bis unters Dach Verpflegung geladen. Auch ein Wohnwagen fährt mit. Sie rechnen mit einer siebenstündigen Fahrt. „Wir werden gegen Mitternacht von einer Ansprechpartnerin in Empfang genommen und zu einem Parkplatz geleitet. Die Organisation hat den Überblick und ist gut organisiert“, sagt sie weiter.


Geschlafen wird in den Fahrzeugen, am nächsten Morgen werden alle je nach Bedarf eingeteilt. Einige werden als Fahrer samt der Busse als Shuttle für andere Helfer eingesetzt, damit der Verkehr besser geregelt und die umliegenden kleinen Dörfer erreicht werden können.

Erst- und Brandschutzhelfer sind dabei

Aber es sind auch ausgebildete Erst- und Brandschutzhelfer mit dabei, die mit Schutzausrüstung und Kettensägen Akuthilfe leisten können. Najomi Eberhardt weiß, dass einiges auf sie und ihre Mitstreiter zukommen wird. „Es wird ein Abenteuer, das zeitweise sicher auch zehrend und anstrengend werden kann und viel Flexibilität und Eigeninitiative erfordert, denn der Hilfebedarf und die Not dort unten sind groß.“


Nach dem Wochenende soll es für das spontane Team zurück in die Heimat gehen. Jetzt begleiten die 18 Helfer erstmal die besten Wünsche vieler Kollegen und ganz viele gedrückte Daumen. Najomi Eberhardt fasst die vergangene Woche zusammen: „So traurig der Anlass, so bewegend das, was unseren Verein so geschlossen zusammenstehen lässt und dieses unglaubliche Projekt realisierbar macht. Wow, einfach wow…“

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Zusammenhalt: Es geht noch viel mehr in Nordschleswig“