Gerichtsurteil aus Leipzig

A 20 in Niedersachsen gestoppt – was das für Schleswig-Holstein heißt

A 20 in Niedersachsen gestoppt – was das für Schleswig-Holstein heißt

A 20 in Niedersachsen gestoppt – was das für SH heißt

Henning Baethge/shz.de
Kiel
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Protest gegen die Küstenautobahn: A-20-Gegner demonstrieren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Foto: Sebastian Willnow/shz.de

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Das Bundesverwaltungsgericht kippt die Baugenehmigung für das Autobahnstück Westerstede-Jaderberg. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister ist enttäuscht, aber sieht keine Folgen für sein Land. Womöglich irrt er.

Die umstrittene Küstenautobahn A20 kann in Niedersachsen vorerst nicht gebaut werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erklärte am Donnerstag die Baugenehmigung für ein erstes Teilstück zwischen Westerstede und Jaderberg für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“. Damit erzielte der Umweltverband BUND einen Teilerfolg vor Gericht. Er hatte gegen den Autobahnbau geklagt. Eine weitere Klage eines Landwirts wurde abgewiesen.

Fehler bei der Stickstoffberechnung

Der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts bemängelte konkret die Stickstoffberechnung für das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet Garnholt. Hier sei den Planern ein Fehler unterlaufen: Ein Schwellenwert könnte womöglich überschritten werden. „Die Stickstoffberechnung, die den Planungen zugrunde lag, war von Anfang an sehr auf Kante genäht“, sagte die Vorsitzende Richterin. „Eine Beeinträchtigung des FFH-Gebiets kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.“

A20 führt bisher von Vorpommern bis Bad Segeberg

Der bereits existierende Teil der Küstenautobahn führt vom vorpommerschen Gramzow bis kurz vor Bad Segeberg. Er soll quer durch Schleswig-Holstein bis nach Westerstede in Niedersachsen verlängert werden. Dabei ist auch ein neuer Tunnel unter Elbe bei Glückstadt geplant. Mit rund 120 Kilometern auf niedersächsischer Seite zählt die A20 zu den wichtigsten Infrastrukturprojekten des Bundeslands. Weitere 80 Kilometer kommen in Schleswig-Holstein hinzu.

Zeitlicher Rückschlag für die Autobahn

Der dortige Kieler Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen zeigte sich eher enttäuscht vom Urteil aus Leipzig. „Das wirft uns zeitlich eindeutig zurück“, sagte der parteilose Madsen gegenüber shz.de. Zwar sieht er keine direkten Auswirkungen auf die Planung oder den Weiterbau der A 20 in Schleswig-Holstein. Doch werde die A20 ihre „volle verkehrliche Wirkung erst dann entfalten, wenn sie durchgängig bis Niedersachsen befahrbar sein wird“, sagte er.

Kieler Minister Madsen setzt auf die Deges

Allerdings gewann Madsen dem Urteil auch etwa Positives ab: Die Richter hätten den Bedarf für den Bau der Autobahn ausdrücklich anerkannt. Er sagte außerdem, er sei „zuversichtlich“, dass die in Schleswig-Holstein mit dem A-20-Bau beauftragte Projektgesellschaft Deges „in den nächsten fünf Jahren für mehrere Autobahnabschnitte im Land Baugenehmigungen vorlegen wird, die vor Gericht Bestand haben werden“.

Weiterlesen: Warum die A20 in diesem Jahrzehnt nicht fertig wird

Die Deges selbst wollte sich nicht zum Leipziger Richterspruch und möglichen Konsequenzen hierzulande äußern. „Ob das Urteil Auswirkungen auf die schleswig-holsteinischen Abschnitte der A 20 hat und falls ja, welcher Art diese dann sind, kann erst nach Kenntnis der genauen Urteilsbegründung seriös beurteilt werden“, sagte Deges Sprecher Ulf Evert.

Grüne Jugend will A20 noch politisch verhindern

Die Grüne Jugend in Schleswig-Holstein, die den Weiterbau der A20 ablehnt, nannte das Urteil einen „Teilerfolg“. Allerdings verwies Sprecherin Smilla Mester auch darauf, dass das Gericht den im Bundesverkehrswegeplan festgestellten Bedarf für die Autobahn akzeptiert habe. „Das heißt für uns: Gerade nach diesem Urteil ist klar, dass die A20 eine politische Frage ist und deswegen auch politisch verhindert werden muss“, sagte Mester.

Für neue A-20-Abschnitte gilt das Klimaschutzgesetz

Das Bundesverwaltungsgericht betonte, dass es ausgiebig geprüft habe, ob das inzwischen geltende Klimaschutzgesetz berücksichtigt werden musste. Jedoch sei der Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2018 – damals sei das Gesetz noch nicht in Kraft gewesen. Bei den noch laufenden Planungen für andere Teilstücke sehe das anders aus: „Für weitere Abschnitte der A20 wird das Klimaschutzgesetz gelten“, sagte die Vorsitzende Richterin. Das gilt dann auch für mindestens drei Bauabschnitte in Schleswig-Holstein – mit welchen Folgen, ist offen.

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