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60 Minuten für den Weg in die Freiheit

60 Minuten für den Weg in die Freiheit

60 Minuten für den Weg in die Freiheit

Marc Nasner/shz.de
Husum
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In Escape Rooms müssen Spieler unterschiedliche Aufgaben lösen. Foto: Marcus Dewanger/SHZ

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In Deutschland gibt es immer mehr sogenannter Escape Rooms. Dort tauchen die Spieler in Abenteuer- oder Horrorszenarien ein, aus denen sie sich innerhalb von 60 Minuten durch verschiedene Rätsel und Aufgaben freispielen müssen.

Fledermäuse kreisen um die Köpfe der Gestrandeten. An ihren Beinen krabbeln Spinnen hoch. Während Wasserdampf aus heißen Quellen steigt, brüllen Affen auf den Bäumen. Den Männern und Frauen bleibt nur noch wenig Zeit, um sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien.

Klingt nach Hollywood-Blockbuster? Ist es gewissermaßen auch! In Husum bauen Andre Cardell und Patrick Sportelli mit sogenannten Escape-Rooms Abenteuerräume wie den „Jungle“, aus denen sich Spieler innerhalb einer Stunde befreien müssen.

Zahlreiche Escape Rooms in Norddeutschland

Doch wie funktionieren die Escape Rooms, von denen in den vergangenen fünf Jahren immer mehr in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern eröffnet haben? „Die Spieler müssen gemeinsam viele verschiedene kleine Aufgaben und Rätsel lösen, um sich Schritt für Schritt in die Freiheit zu spielen“, berichtet Andre Cardell. Die gestellten Aufgaben sind ganz unterschiedlicher Natur. Neben Zahlenkombination und Geschicklichkeitsübungen mit Bällen und Seilen sind auch kombinatorische Rätsel in den Escape-Räumen zu finden.

Dabei gilt die goldene Regel: Es wird keine Kraft oder gar Gewalt benötigt. „Es ist in erster Linie wichtig, dass die Spieler als Team agieren und sich abstimmen“, betont Cardell. Einige Aufgaben seien schließlich nur gemeinschaftlich zu lösen.

Husumer Escape Room hat „Jumanji“-Film als Grundlage

Im Husumer „Jungle“ sind die Spieler über ein magisches Brettspiel im Dschungel gelandet. Der Escape Room basiert auf dem Film „Jumanji“ aus dem Jahr 1995 mit Robin Williams und Kirsten Dunst in den Hauptrollen. Williams wird von einem magischen Brettspiel verschlungen und muss sich mithilfe von Kirsten Dunst und Bradley Pierce wieder befreien.

Wer durch die Tür den Dschungel betritt, staunt nicht schlecht: Pflanzen hängen von den Decken, die Wände sind mit Moos behangen, dazu das Geschrei von Tieren und das Flattern der Fledermäuse. Kaum fällt die Tür hinter den Spielern ins Schloss, müssen sie 65 Felder überbrücken, um wieder in Freiheit zu gelangen. Wie im Film kommt auch im Husumer Escape Room ein Brettspiel zum Einsatz. Hierfür müssen die Spieler Zahlencodes im Raum finden, um würfeln zu können.

Die Aufgaben im Escape Room sind kniffelig

Doch schon der Start gestaltet sich schwierig. Ein Schlüssel ist mit einem Seil in eine merkwürdige Konstruktion gebunden und muss befreit werden. Aber wie? Geduld ist gefragt.

Zu viel Zeit dürfen sich die Spieler allerdings nicht lassen. Auf einem Monitor tickt ein Countdown. Schaffen sie es nicht, alle Rätsel innerhalb einer Stunde zu lösen, werden sie dem „Jungle“ nicht entfliehen können – und das Spiel ist verloren. Doch schließlich gelingt es. Der Schlüssel ist frei und die Schatztruhe kann mit ihm geöffnet werde. Die nächste Aufgabe wartet.

Holzstücke sollen so verschoben werden, dass dadurch ein Mechanismus ausgelöst wird. Unruhe macht sich breit. Wie sollen die Spieler weiter vorgehen? Analytisch? Oder lieber doch „einfach mal ausprobieren“? Aber die Uhr tickt – läuft den Spielern die Zeit davon?

Tickende Uhr sorgt für Hektik im Escape Room

Spielleiter Andre Cardell verfolgt das Geschehen im „Jungle“ via Kamera. Er beschwichtigt den aufkeimenden Streit: „Es ist gut, wenn Spieler mit ganz unterschiedlicher Veranlagung ein Team bilden.“ Dadurch würden sie mehr Lösungswege finden. Und tatsächlich findet sich auch in dieser Situation der richtige.

Für jedes Rätsel im Dschungel brauchen die Spieler andere Fähigkeiten. Sie müssen sich immer wieder neu in die Aufgaben hineindenken und Zusammenhänge erkennen. Manches ist kompliziert, erfordert logisches Denken. Anderes wiederum ist eigentlich einfach. Doch die im „Jungle“ Gefangenen sehen den Dschungel vor lauter Bäumen nicht. Inzwischen ist die Hälfte der Zeit abgelaufen. Die Suche wird hektischer.

Die Spieler im Escape Room werden zunehmend hektischer

Dadurch aber fällt die folgende Aufgabe noch schwerer: In einer Glaskiste müssen zwei Metallkugeln zeitgleich in ein rotierendes Gestell rollen. Mit der tickenden Uhr im Hinterkopf schaffen es die Spieler jedoch nicht, die Kugeln synchron fallen zu lassen. Inzwischen machen nicht mehr nur die komplizierten Aufgaben Probleme, sondern auch die vor Aufregung schwitzigen Finger. Bis, endlich, einer die erlösende Idee hat.

„Die Leute haben hier Spaß, da man immer wieder kleine Erfolgserlebnisse hat“, sagt Andre Cardell. „Besonders groß ist die Freude, wenn man als Team ans Ziel kommt.“ Neben den Dschungeltieren, die die Spieler durch viele Aufgaben begleiten, spielen auch die Elemente Feuer und Wasser eine wichtige Rolle im „Jungle“.

Schließlich müssen dann noch Bälle durch Wasserzylinder bewegt werden. Mit Hilfe verschiedender Hebel. Doch die Uhr! Es bleiben nur noch wenige Minuten – wie soll das gehen? Immer wieder wandern die Blicke nervös zum Countdown.

Spieler vergessen im Escape Room die Realität

„Eigentlich ist den Teilnehmern klar, dass es sich nur um ein Spiel handelt. Da man aber immer aktiv ist, wirkt das Szenario real“, erklärt Cardell. Von Immersivitität sprechen Fachleute, wenn es um Escape Rooms geht. Die Spielsituationen ziehen die Teilnehmer in ihren Bann, die reale Welt wird nahezu komplett ausgeblendet. Verstärkt wird dies neben dem Zeitdruck durch Geräusche, visuelle Effekte und zum Teil sogar Gerüche. „Am Ende ist man so sehr im Spiel drin, dass man ohne zu zögern Sachen macht, die man sich eigentlich nicht traut“, berichtet Cardell.

Die Spieler im Husumer Escape Room schaffen auch das letzte Rätsel. Wenige Sekunden, bevor der Countdown abläuft. Augenblicklich ist die Anspannung verflogen. Freude über das gemeinsame Spielen macht sich breit. Kaum zu glauben, dass sie in den letzten 60 Minuten nicht in einem echten Dschungel gefangen waren.

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